Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
überlagert von beißendem Rauch.
    Er lag auf einer feuchten Steinfläche. Als Erstes vergewisserte er sich, dass der Behälter mit dem Zyradin noch immer auf seinem Rücken festgeschnallt war. Er betastete die komplizierten Rillen und Vertiefungen in der Steinfläche; erst dann nahm er den geschwungenen Rand der Vorläuferplattform mit den Augen wahr. Die Plattform stand in einer Grube mit abgestuften Wänden. Das trübe Licht kam von der einen Seite dieses düsteren, tempelähnlichen Gebäudes. Behutsam stieg er die schlüpfrigen Stufen zu einer Art Sitz empor.
    Wo sind wir?
    ** IM HERZEN SEGRANAS ** ES IST NEUNZIGTAU-SEND JAHRE HER, DASS ICH DIE GROSSE EINHEIT MIT EINEM WELTENGEIST ERFAHREN HABE **
    Jetzt müssen wir nur noch Catriona finden, dachte Greg. Und wie geht es dann weiter?
    ** DER HÜTER IST DAS TOR ZU EINEM GROSSEN SEINSGESPINST ** DER HÜTER KANALISIERT DEN ZYRADIN AUF SÄMTLICHE WURZELN, ZWEIGE UND GLIEDER **

    Als Greg aus der Grube herauskam, wurde der Rauchgeruch stärker und kratzte ihn im Hals, so dass er husten musste. Holzrauch. Irgendwo brannten Bäume.
    Du hast meine Frage nicht beantwortet. Was geschieht mit ihr? Auf einmal hob er zornig die Stimme. »Wird sie anschließend noch ein Mensch sein? Sag es mir - ich muss es wissen!«
    ** ICH SPÜRE, DASS SIE DIE IHR GESETZTEN GRENZEN BEREITS ÜBERSCHRITTEN HAT ** WAS DU ALS MENSCH BEZEICHNEST, VERMAG DEN INTIMEN KONTAKT MIT DEM FACETTENREICHEN WESEN SEGRANAS NICHT ZU ÜBERLEBEN **
    Greg schüttelte den Kopf, enthielt sich aber einer Bemerkung. Er taumelte einen niedrigen, düsteren Gang entlang und gelangte um eine Biegung herum zu einer breiten Tür, die in das rauchverschleierte grüne Zwielicht des Waldes hinausführte. In der Ferne knallten Schüsse. Der Tempel lag auf einer buschbestandenen Anhöhe, von der aus man auf die wulstigen, verknoteten Wurzeln der vom Waldboden aufragenden großen Bäume sah. Als er aus dem Eingang trat, kam ein brolturanischer Soldat aus dem Laubwerk hervor, und Greg klopfte das Herz auf einmal bis zum Hals. Der Soldat hatte ihn ebenfalls bemerkt. Er schwenkte sein schweres Gewehr herum und zielte, während er sich gleichzeitig halb abwandte, um sich nach hinten zu werfen …
    Von oben kam ein dunkler Schatten herabgeflogen und landete auf den Schultern des Brolturaners, gefolgt von einem weiteren halben Dutzend kleinen Uvovo, die mit unglaublicher Schnelligkeit Knüppel schwangen. In Sekundenschnelle war der Eindringling überwältigt, und ein hellbraun gekleideter Uvovo kam um den Tempel herum und eilte Greg entgegen.

    »Ich bin der Gelehrte Rinavi und bitte um Verzeihung, Besucher«, sagte er. »Sind Sie der Gütige Gelehrte Gregory, Anführer der Freiheitssucher von Umara?«
    »Der bin ich.«
    »Ich soll Sie unverzüglich zur Hüterin bringen. Bitte folgen Sie mir - wir müssen uns beeilen, denn dieses Gebiet wurde vor etwa einer Stunde überrannt, und wir mussten schwer kämpfen, um die Brolturaner und die Spiralisten zurückzuschlagen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Greg und folgte dem Gelehrten. Plötzlich bekam er weiche Knie, und ihm wurde schwindlig.
    »Soll ich Sie stützen?«, fragte Rinavi.
    ** ICH KANN DIR WIEDER ETWAS ENERGIE GEBEN **
    Wärme flutete in seine Brust, seine Arme und Beine. Auf einmal fühlte er sich wieder klarer im Kopf, auch sein Sehvermögen hatte sich verbessert.
    »Es geht schon, danke, Rinavi. Bitte gehen Sie voran.«
    Nach zwanzigminütigem Fußmarsch über morastigen Boden und durch stellenweise dichtes Unterholz hatten sie die Kuppe eines runden, unbewaldeten Hügels erreicht. Dort stand ein kleiner, dreieckiger Tempel, dessen Bauweise an die Anlage an der Schulter des Riesen erinnerte. Weitere Uvovo waren hier versammelt und schauten schweigend zu, wie er sich dem unmittelbar vor ihm liegenden breiten, geschwungenen Eingang näherte. Greg schaute nach oben - Rauchschwaden trieben vorbei, mosaikartig beleuchtet von den gelegentlich einfallenden Sonnenstrahlen. Es nieselte, dunstige Vorhänge kleiner, funkelnder Tröpfchen. Er spürte sie im Haar, im Gesicht, auf den Lippen und hatte auf einmal knirschenden Ruß im Mund. Er betrat den Tempel.

    Das Bauwerk hatte keine weiteren Eingänge, in der Mitte des Dachs befand sich eine dreieckige Öffnung. Der unebene Boden war teilweise mit Gras bestanden, teilweise mit schiefen, bemoosten Fliesen ausgelegt, und auf einer langen Steinbank saß eine vertraute Gestalt. Ohne zu zögern schlossen sie sich in die Arme und

Weitere Kostenlose Bücher