Wait for You: Roman (Wait for You-Serie) (German Edition)
keine Ahnung, woher sie die Kontaktdaten hat.«
»Ich glaube nicht, dass sie sie hat.« Ich ließ mich auf die Couch sinken. Allerdings löschte ich auch so gut wie jede Mail, die ich nicht sofort identifizieren konnte. »Das Mädchen? Geht es ihr… gut? Ich meine, wirkte sie, als wäre sie halbwegs okay?«
David räusperte sich. »Ehrlich? Nein.«
Ich rieb mir die Stirn und stieß den Atem aus. »Natürlich nicht. Das war eine dämliche Frage.«
»Vielleicht willst du, ähm, deine E -Mails checken oder irgendwas. Es wirkte wirklich, als müsste sie dringend mit dir sprechen. Und das war schon letzten August.«
»Ich kann ihr nichts sagen. Wenn ich es tue und das rauskommt, wird seine Familie mich und meine Familie auf Millionen verklagen.« Mir stieg Galle in die Kehle. »Das war Teil der Geheimhaltungsvereinbarung.«
»Ich weiß«, erklärte David. »Aber wie ich schon sagte, ich dachte, du willst vielleicht wissen, was los ist.«
Mein Kopf war so voll mit Fragen, dass ich mich kaum entscheiden konnte, welche ich zuerst stellen sollte. »Und die Anklagepunkte? Glaubst du, er wird verurteilt? Wandert er wirklich ins Gefängnis?«
»Nach dem, was mein Vater gesehen hat, wird er verurteilt. Er wandert in den Knast, Avery, auf jeden Fall für einige Jahre.«
Ich öffnete die Augen. Erleichterung breitete sich in mir aus, so überwältigend, so mächtig, dass es war, als habe jemand eine tonnenschwere Last von meiner Brust genommen. Niemals in meinen wildesten Träumen hatte ich darauf gehofft. Blaine würde nicht für das ins Gefängnis wandern, was er mir angetan hatte, aber trotzdem würde der Gerechtigkeit Genüge getan. Endlich. Mich schmerzte nur der Gedanke, dass dasselbe einem anderen Mädchen passiert war – einem Mädchen, das konsequent blieb, obwohl es wahrscheinlich ständig dafür angegriffen wurde, dass es Blaine angezeigt hatte. Ein Teil meiner Erleichterung schlug in Schuldgefühle und Scham um. Was, wenn ich mich meinen Eltern widersetzt hätte? Was, wenn ich mich behauptet hätte? Dann wäre das Molly vielleicht nicht passiert. Und Gott allein wusste, wie vielen anderen Mädchen es vielleicht noch passiert war, von denen wir nie erfahren hatten. Bei diesem Gedanken stellte sich ein komisches Gefühl in meinem Magen ein.
»Auf jeden Fall«, sagte David gedehnt, »wollte ich es dich nur wissen lassen.«
»Danke«, sagte ich und meinte es ernst. »Es tut mir leid, dass ich nicht reagiert habe. Ich dachte… na ja, spielt eigentlich keine Rolle, was ich gedacht habe.«
»Ich weiß, was du gedacht hast. Ich hatte dir auch eigentlich keinen Grund gegeben, etwas anderes zu denken.« Er zögerte, und ich riss die Augen auf. »Hör mal, ich wollte mich auch entschuldigen.«
»Was?«
»All diese Jahre wusste ich eigentlich nicht, was wirklich passiert war, aber ich hätte trotzdem etwas unternehmen müssen«, sagte er. »Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass du durchmachen musstest, was du durchgemacht hast.«
Meine Kehle wurde trocken. Ein Wunder war geschehen. Nicht nur verschwand David mit einem Schlag von meiner Hassliste, sondern diese vier Worte, diese einfachen Worte, strahlten wie ein helles Licht in dunkler Nacht. Meine Finger um den Hörer zitterten. Ich kniff die Augen zu, aber trotzdem rann eine Träne über meine Wange.
»Danke«, flüsterte ich heiser. »Danke.«
Kapitel 23
Ich verbrachte den Samstag in einer Art Schockzustand, der so heftig war, dass ich mich nach einem Lerntreffen mit Jacob und Brit im Café nicht mal mehr daran erinnern konnte, was wir eigentlich getan hatten. Und nachdem ich zum Abendessen einen Cheeseburger von McDonalds gegessen hatte, fiel mir auf, dass ich meine Tasche im Auto vergessen hatte, zusammen mit meinem Handy.
Zu abgelenkt und zum Teil auch aus Faulheit zog ich mir nicht mal Schuhe an, als ich meine Tür aufriss und auf den Flur trat. Ich hielt an, als ich Ollie entdeckte, der mit einem Kasten Bier die Treppe heraufkam.
»Hey!« Er lächelte. »Was treibst du denn hier draußen… in Socken?«
»Ähm, ich wollte nur kurz zu meinem Auto und meine Tasche holen.« Ich trat von einem Fuß auf den anderen. »Durstig?«
Ollie lachte. »Ich bin zwar immer durstig, aber das hier ist nichts für mich. Heute Abend gibt es einen Kampf im Fernsehen, und wir haben ein paar Leute eingeladen.«
»Klingt lustig.«
»Ja…« Er sah kurz zu seiner Tür, dann packte er den Bierkasten mit nur einer Hand. »Warum kommst du nicht auch vorbei?«
Mein Herz
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