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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Untergang der Welt, bei der Götterdämmerung, wird es nicht mehr gelingen; alsdann werden die beiden Wölfe Sonne und Mond verschlingen (s. unten).
Loki
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Nörwi

Hel
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Nacht (Nôtt)
    Jedoch nicht nur jene beiden Gestirne, auch Tag und Nacht wurden personifiziert; die Nacht, Tochter Nörwis, eines Riesen und Sohnes von Loki (s. unten), ist als Riesentochter und als Nichte der Göttin der Unterwelt, Hel, einer Tochter Lokis, schwarz wie Hel selbst; aber vermählt mit dem von den Göttern stammenden Dellingr ward sie die Mutter des Tages (Dag), der hell ist wie seine asischen Ahnen. Aus einer früheren Ehe mit Anar (= Odin?) hatte die Nacht eine Tochter Jörd, die Erde. Odin gab der Nacht und dem Tag je einen Wagen, je mit einem Rosse bespannt, Hrimfaxi (Reifmähnig) der Nacht, Skinfaxi (Glanzmähnig) dem Tag, auf welchen sie die Erde umfahren; morgens fällt aus dem Gebiss von Hrimfaxi Schaum; das ist der Reif; aus Skinfaxis Mähne aber strahlt Licht, Luft und Erde erleuchtend.
    Der Sommer (ein asisches oder licht-elbisches Wesen? Sein Vater, Svâsudr [lieblich], hat allem Lieblichen den Namen gegeben) hat zum Feind den Winterriesen, den Sohn des "Windbringers" oder "Windkalten". Der Wind, d. h. der schädliche Nordwind, der zerstörende Sturmwind, ist selbstverständlich ebenfalls ein Riese; Hräswelgr, "Leichenschlinger"; er sitzt am Nordende des Himmels in Adlergestalt; hebt er die Schwingen zum Flug, so entsteht der (Nord)-Wind; vielleicht ist er selbst als der Vater des Winters zu denken.
    Das lebhafte Naturgefühl des Waldvolks, welches ja bei den noch wenig behaglichen Wohnräumen, bei der noch sehr einfachen Kultur überhaupt unter dem im Norden so lange währenden und so strengen Winter viel stärker als wir heute Lebenden zu leiden hatte, sehnte mit einer Ungeduld die Wiederkehr des Sommers, d. h. des Frühlings, der warmen, milden Jahreszeit herbei, feierte mit so allgemeiner, tiefer, allerfüllender Freude den Sieg des Sommers über seinen dunkeln und kalten Feind, dass dieses Gefühl noch spät im Mittelalter den Grundton sehr vieler Volkslieder, Dichtungen, Spiele abgibt. In Ermangelung eines Kalenders bestimmte der Volksglaube gewisse Zeichen, die erste Schwalbe, den ersten Storch, das erste Veilchen, das Schmelzen des Baches als Frühlingsanfang, als Botschaft und Beweis, dass die lichten Götter, welche während der Herrschaft der Nacht auf Erden von dieser gewichen waren, dass zumal der Frühlings- oder Sonnengott wieder zurückgekehrt sei.
    Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen eilten dann in feierlichem Aufzug in das Freie, den rückkehrenden Sonnengott, der wohl auch mit dem Lichtgott Baldur (s. unten), oder mit der Frühlingsgöttin Ostara (s. unten) verwechselt wurde, einzuholen, zu empfangen, und heute noch wird in vielen Gauen Deutschlands in dramatischen Kämpfen zwischen dem lichten Sommer und dem Winter in Drachengestalt der Sieg des Gottes über den Riesen gefeiert (s. unten Freyr; Drachenstich zu Furth im bayerischen Walde).
    Die Schöpfung der Menschen wird, wie in den meisten Religionen, auf die Götter zurückgeführt. Die drei Söhne Börs (s. oben; oder nach andrer Fassung Odin, Hönir, Loki; die Götter von Luft, Meer, Feuer) fanden, an der Meeresküste hinschreitend, zwei Bäume [Fußnote: Freilich neuerdings bestritten.] , Askr und Embla, Esche und Ulme (oder Erle?), aus welchen sie Mann und Weib bildeten. Von diesen stammen die Menschen, welchen "Midgard" von den Göttern zur Wohnung gegeben ward. Dass die ersten Menschen auf oder aus Bäumen gewachsen, ist eine auch bei andern Völkern weitverbreitete Sage. Schon vorher hatten die Asen die Zwerge geschaffen oder ihnen doch, nachdem sie in Ymirs Fleisch wie Maden entstanden waren, menschenähnliches Aussehen und Denken gegeben.
    II. Die Welten und die Himmelshallen.
    Es ist ein vergebliches Bemühen, vereinbaren zu wollen die widerstreitenden Überlieferungen von dem Aufbau der verschiedenen Welten, von dem "Systeme" der wie Stockwerke eines Hauses erhöhten "Reiche"; diese Anschauungen bildeten eben ein "System" nicht; sie wechselten nach Zeiten und Stämmen und nach Darstellungen einzelner Sagenüberlieferer; nur das Wesentliche steht fest, und nur das Feststehende teilen wir hier mit.
    Eine Grundanschauung nicht nur der Nordgermanen, auch der späteren "deutschen" Stämme war es, sich das ganze Universum als einen grossen Baum, als eine ungeheure Esche, vorzustellen; "Yggdrasil" heisst sie nordisch; d. h. doch

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