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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Beklommenheit abzuschütteln. Aber sein Zorn wich nicht. Er würde ihn nicht verlassen. Um Viertel nach vier ging er zum Reisebüro und holte die Flugscheine ab. Auf dem Rückweg kaufte er im Systembolaget eine kleine Flasche Whisky. Als er wieder nach Hause kam, rief er Linda an. Er versprach, ihr aus Rom eine Karte zu schicken. Sie hatte es eilig, doch er wollte nicht fragen, warum.
    Er versuchte, sie so lange wie möglich im Gespräch festzuhalten. Erzählte ihr von Pedro Santana und seiner langen Reise. Aber sie schien nicht zu verstehen oder hatte keine Zeit zuzuhören. Das Gespräch war schneller beendet, als ihm lieb war. Um sechs Uhr rief er in Löderup an und fragte Gertrud, ob alles in Ordnung sei. Sie erzählte ihm, sein Vater habe so großes Reisefieber, daß er kaum stillsitzen könne. Ein wenig von der Freude, die Wallander vorher empfunden hatte, kehrte zurück. Er ging ins Zentrum und |504| aß in einer Pizzeria zu Abend. Als er wieder zu Hause war, rief er Ann-Britt Höglund an.
    »Er ist ein sehr lieber Mann«, sagte sie. »Meine Kinder und er verstehen sich prächtig. Sie brauchen keine Sprache, um miteinander auszukommen. Er hat ihnen Lieder vorgesungen. Und getanzt. Er findet wohl, daß er in ein sehr komisches Land gekommen ist.«
    »Hat er etwas von seiner Tochter erzählt?«
    »Sie war sein einziges Kind. Ihre Mutter starb kurz nach der Geburt.«
    »Erzähle ihm nicht alles«, sagte Wallander. »Erspare ihm das Schlimmste.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte sie. »Ich erzähle so wenig wie möglich.«
    »Das ist gut.«
    »Schöne Reise.«
    »Danke. Mein Vater freut sich wie ein Kind.«
    »Das tust du doch sicher auch.«
    Wallander antwortete nicht. Aber hinterher, als ihr Gespräch beendet war, dachte er, daß sie recht hatte. Pedro Santanas Besuch hatte schlafende Schatten zum Leben erweckt. Jetzt mußten sie wieder zur Ruhe kommen. Er hatte Erholung verdient. Dann goß er sich ein Glas Whisky ein und breitete eine Karte von Rom vor sich aus. Er war noch nie in Rom gewesen. Er konnte kein Wort Italienisch. Aber wir sind zu zweit, dachte er. Mein Vater war auch noch nie da, außer in seinen Träumen. Er kann auch kein Italienisch. Wir steigen gemeinsam in diesen Traum ein und müssen uns gegenseitig als Reiseleiter dienen.
    Einem plötzlichen Impuls nachgebend, rief er im Tower in Sturup an und fragte einen Fluglotsen, den er von früher her kannte, ob er wüßte, wie in Rom das Wetter war.
    »In Rom ist es warm«, sagte der Fluglotse. »Im Augenblick, das heißt um zehn nach acht, sind einundzwanzig Grad. Südwestlicher Wind, ein Meter pro Sekunde, also praktisch Windstille. Außerdem leichter Dunst. Die Prognose für die nächsten vierundzwanzig Stunden ist gut, keine Wetteränderung.«
    Wallander dankte für die Auskunft.
    |505| »Willst du verreisen?« fragte der Fluglotse.
    »Ich mache mit meinem alten Vater zusammen Urlaub«, antwortete Wallander.
    »Das hört sich gut an«, sagte der Fluglotse. »Ich werde die Kollegen in Kopenhagen bitten, euch sicher auf eure Flugroute zu lotsen. Fliegst du mit Alitalia?«
    »Ja. Um 10.45.«
    »Ich werde an dich denken. Gute Reise.«
    Wallander ging noch einmal sein Gepäck durch, kontrollierte das Geld und die Reiseunterlagen. Um elf rief er Baiba an. Dann fiel ihm ein, daß sie sich schon am Abend vorher verabschiedet hatten. Heute war sie bei Verwandten zu Besuch, die kein Telefon hatten.
    Er setzte sich mit einem Glas Whisky aufs Sofa und hörte
La Traviata
. Zimmerlautstärke. Er dachte an seine Reise mit Baiba nach Skagen. Müde und abgespannt hatte er sie in Kopenhagen erwartet. Wie ein unrasiertes und verlebtes Gespenst hatte er auf dem Flughafen Kastrup gestanden. Er wußte, daß sie enttäuscht war, obwohl sie nichts sagte. Erst als sie in Skagen waren und er ein paar Nächte geschlafen hatte, erzählte er ihr, was geschehen war. Danach hatte ihr gemeinsamer Urlaub erst richtig angefangen.
    An einem der letzten Tage hatte er sie gefragt, ob sie ihn heiraten wolle.
    Sie hatte nein gesagt. Auf jeden Fall noch nicht. Nicht im Augenblick. Die Vergangenheit war noch immer zu nah. Ihr Mann, der Polizeihauptmann Karlis, den Wallander auch getroffen hatte, lebte noch in ihrem Bewußtsein. Sein gewaltsamer Tod verfolgte sie noch immer wie ein Schatten. Vor allem zweifelte sie, ob sie sich überhaupt vorstellen konnte, noch einmal mit einem Polizisten verheiratet zu sein. Er verstand sie. Aber es hatte den Anschein, als käme er nicht

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