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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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den Musterbeispielen für eine vollkommene Ehefrau. Zwar war Phaidra, selbst unter Aufbietung aller Phantasie, keineswegs vollkommen gewesen, aber ich hätte bereitwillig alle meine Festspielpreise, sogar den für die Demen, hergegeben, wenn ich sie dafür ein kleines bißchen besser gekannt hätte.
     
    Nun habe ich also alle guten oder interessanten Gestalten in diesem Buch überlebt, und Sie bleiben mit mir allein zurück. Falls Sie die unsterbliche Faszination, die ich auf mich selbst ausübe, nicht teilen sollten, schlage ich Ihnen vor, den nächsten Abschnitt zu überspringen und oben auf der letzten Rolle weiterzulesen.
    In Delphi oder bei einem der anderen großen Orakel bin ich nie gewesen, und darum habe ich auch nie andere Einblicke in meine Zukunft erhalten als diejenigen, die mir, wie ich Ihnen ausführlich erzählt habe, der Gott Dionysos gewährt hat. Doch als ich heute morgen auf den Marktplatz ging, um Fisch zu kaufen, versuchte man mir anderthalb Drachmen für eine halbe Mine Anschovis zu berechnen; und als ich mich über die Unverschämtheit des Preises beschwerte, erklärte der Fischhändler, Anschovis würden wegen des Krieges immer teurer, und er gehe mit aller Zuversicht davon aus, Ende nächsten Monats zwei Drachmen pro halber Mine verlangen zu können. Habe ich gar nicht erwähnt, daß wir uns erneut im Krieg befinden? Wir haben tatsächlich Krieg, und zwar wieder mit Sparta, aber er ist nicht mehr so wie der große Peloponnesische Krieg; vielmehr wie ein Kampf zwischen zwei uralten Männern, also eher komisch als gewalttätig.
    Zwei Drachmen für eine halbe Mine; welch ein Preis für Anschovis! Wenn ich mein Leben so im Rückblick betrachte, fühle ich mich fast so wie die drei Männer aus einer kleinen Stadt irgendwo an der Küste des Schwarzen Meers, die unentwegt von einem Besuch in Athen träumten. Von Beruf waren sie Steinmetze, und von jedem Haus, Standbild und Grabmal, das sie errichteten, legten sie ein paar Obolen für die Kosten der Reise in die Stadt der violetten Krone beiseite. Nachdem sie etwa zwanzig Jahre lang auf diese Weise gespart hatten, war genügend Geld zusammengekommen, so daß sie die Überfahrt auf einem Weizenschiff bezahlen konnten. Während der ganzen Fahrt, vorbei an Byzantion und an der Küste der Thrakischen Chersones entlang, unterhielten sie sich darüber, was sie alles besichtigen wollten: die Tempel, das Theater, die neun Brunnen, die großen Staatsgebäude, die Propyläen, das Erechtheion. Schließlich gingen sie im Hafen von Piräus von Bord und wanderten an den Langen Mauern entlang – das alles muß sich vor Kriegsende abgespielt haben, als die Langen Mauern von Lysander, dem spartanischen Heerführer, niedergerissen wurden – in die Stadt hinein. Allerdings hatten die drei keine Ahnung, wie die großen Monumente, zu deren Besichtigung sie so weit gereist waren, eigentlich aussahen. Jedesmal, wenn sie nun an einem Marmorbau vorbeikamen, wandte sich einer von ihnen den beiden anderen zu und sagte: »Das muß das Erechtheion sein.« Und die anderen beiden nickten aufgeregt, und dann standen die drei einen Augenblick lang da und nahmen die ganze Pracht in sich auf. Daraufhin gingen sie weiter und gelangten zu einem weiteren prächtigen Gebäude; und nun stellte ein anderer von ihnen fest: »Nein, das muß das Erechtheion sein.« Dann dachten sie noch einmal über alles nach, was sie von Athen gehört hatten, und kamen überein, daß das Bauwerk vor ihnen tatsächlich das Erechtheion war, und das, an dem sie vorhin vorbeigekommen waren, Solons Rathaus gewesen sein mußte. Als nächstes fanden sie sich vor einer noch eindrucksvolleren Baulichkeit wieder (gleich gehen mir die Bezeichnungen für den Begriff ›Gebäude‹ aus, und dann wird diese Erzählung zum Erliegen kommen) und sahen sich zum Eingeständnis gezwungen, daß dies das Erechtheion sein mußte. Nachdem sie die ganze Stadt durchstreift und alles gesehen hatten, was größer und beeindruckender als ein Wasserspeicher war, blickten sie sich eine Zeitlang schweigend an. Dann sagte der Älteste: »Das Erechtheion haben wir nun auf alle Fälle gesehen. Also laßt uns etwas essen gehen.«
    Sie haben mich bestimmt verstanden. Alles, was ich gesehen und getan habe, schien mir im gleichen Moment das Entscheidende in meinem Leben zu sein; und dann ist mir etwas anderes widerfahren, das mich veranlaßt hat, noch einmal darüber nachzudenken. Dieser Umstand hat mir die Abfassung einer logisch

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