Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
Mündern der Jesuiten entgegenzunehmen. Die Mantuanerin war zugegen bei dem kläglichen Schauspiel, sie genossen es gemeinsam als ihr Werk.
    Er hatte Maximilian von Bayern ganz vergessen. Er war der Kaiser, der es sich gestatten konnte, im Reich das Vogtamt des Papstes zu vollziehen. Er stand über Wallenstein, seinem Diener und Untertan.
    In diesen Wochen stieg das Geschrei vertriebener Familien zu Tausenden Malen aus südlichen und nördlichen Teilen des Reiches zum Himmel auf. In Ruhe dehnten sich die Heere des Wallenstein über die vielen Kreise; untätig lagerten sie, zehrten die Habe der Landbevölkerung, das Vermögen der Städter auf. »FEIGLINGE, LUMPE, stinkige Jesuitenteufel« waren die Schimpfworte, die in Güstrow und Wismar von der friedländischen Tafel an die Wiener Adresse gerichtet wurden. Der Herzog fluchte und haderte aber nach dem Edikt auffallend wenig mit seiner Umgebung, die er sonst bei Verstimmungen stark anfaßte. Der Vorfall arbeitete in der Tiefe in ihm. Er sah sich gereizt von einer Clique, gegen die er nichts vermochte. Sie konnten ihm nichts anhaben, er hielt den Kaiser in der Hand, aber sie waren da, sie wagten sich sogar jetzt herauf, sie errangen etwas wie Erfolge. Ein schlimmes Wesen, dieser Kaiser; schlapp bis zur Verächtlichkeit. Sie zogen und zerrten an ihm. Man mußte auf der Hut sein vor dem Volk; und er grimmte, daß er ihnen etwas abgeben sollte, was er nicht wollte.
    Friedländische Truppen hielten die Seekante besetzt, Kurbrandenburg war mit Einquartierung niedergezwungen, von der Wetterau her hielten die Regimenter Kurmainz in Schach, aus der Eifel wurde Trier eingeschüchtert, Köln war ganz ohne Schutz, Sachsen fühlte den friedländischen Stachel in der Lausitz. Seinen Freund, den Marschall Arnim, beruhigte der Herzog über den Wisch, das Edikt; man solle den Maulwürfen und Schnapphähnen am Hofe den billigen Triumph gönnen. »Der Kaiser ist schwach, er ist in der Hand der Memmen und Schelme, die sich gegen mich nicht herauswagen. Es wird ihnen nichts fruchten.« Und zu einer fast komödienhaft schwachen Aktion stattete er die gewünschte Aktion gegen Magdeburg aus, das er in Besitz nehmen sollte, er gedachte an dem Feuer nur sein eigenes Süppchen zu kochen. Er fragte noch einmal Arnim, ob er die protestantisch stolze Gemeinde für die Katholiken erobern wolle; und in der Tat stellte er dann Regimenter in das Expeditionskorps ein, die zum großen Teil lutheranische Offiziere führten. »Sie fuchteln«, höhnte der Herzog, »mit ihrem Edikt in der Luft herum, haben einen hölzernen Stiel und eine Klinge aus Pappe. Wir werden damit spaßhafte Kriege führen.« Er verlangte von der Stadt die Einlagerung einer Garnison; die Stadt lehnte es ab aus Furcht vor dem Edikt. Dann, nach Verübung vielerlei Unbills, Scharmützeln zwischen Kroaten, Fischern und Roßknechten, Aufbringung von zweitausend Schafen und allen Stadtschweinen, Drohung mit Blockade, verhängte er eine Kontribution von zweihunderttausend Talern, von denen ihm hundertfünfzigtausend sofort hinterlegt wurden; für den Rest bürgte die Hansa. Die überraschten Syndici wurden bei einer Unterredung versichert, das Edikt habe keinen Bestand, sie sollten sich nicht fürchten, Wallenstein auch in Zukunft nicht die Besetzung des Elbpasses verwehren; die Zeit der Religionskriege sei im Reiche endgültig vorbei.
    Dann zog er sich nach Mecklenburg zurück; das Geld war sein.
    Der Herzog lag lang mit seinen Armeen an der nördlichen Seekante; er mußte sich des Baltischen Meeres bemächtigen. Sein eigner Besitz, Mecklenburg, forderte es.
    Die ungeheuren Güter, die Tag um Tag der graue Wasserrücken trug. Von Livland Hanf bundweise, Flachs in Fässern, Getreide. Aus Riga Wachs in Schiffspfunden für den Klerus, Wachs von der Wolga, Düna, über Smolensk und Polozk. Aus den Steinbrüchen der finnländischen Küste Leichensteine. Aus Rußland Pelzwerk von Zobel Wolf Marder Vielfraß Wiesel Hermelin Iltis Biber. Garn aus Stettin, geknotetes Gut, hamburgische, brüggesche, wittstocksche, ratzeburgische Laken. Auf diesem meilenweiten, scheinbar leeren Wasser, das niemandes Land war, fuhren stündlich die kostbarsten Waren der Welt, der Reichtum der Menschen: das riesig bezahlte Salz nach Åbo Wiborg Narwa; Travesalz, Salz aus Lüneburg, Oldesloe, grobes, ungesottenes Bayernsalz, schottisches, französisches Salz; Fleisch Speck Malz Tabak Messer Kartenspiele Leder Leinen; die Kriegsware: Waffen Munition Pulver Blei, eiserne

Weitere Kostenlose Bücher