Wallenstein (German Edition)
Titel abzugeben. Aber sie gewannen ihm Boden ab, indem sie sich mit den Generalen gleichstellten, die er auch beschenkt hatte. Die heilige Kirche verlangte ihren Sold. Wie ihn die Gesandten der Liga und des Papstes bedrängten, fiel es immer schwarz in ihn: »Man will mich schwächen, man will mich schwächen, ich seh’ es.«
Und einmal fand er sich vor dem Papier, das die Worte »albern« und »frech« enthielt, in einem zuckenden Schmerz; ein Flüstern in ihm: »Ich muß dir weh tun, verzeih es mir, es muß geschehen, denke nicht schlimm von mir. Unser Seelenheil verlangt es. Du weißt es nicht. Sei gut, sei gut.«
Dann legte er es vor Eleonore: »Sie sollen die Länder haben.«
Eleonore starrte ihn aus ihren inbrünstigen Augen an: »Wie ich dich beneide, Ferdinand, daß dir diese Wahl gegeben ist.« Er lachte sie finster an. »Ich danke dir herzlich.« Die Frau drängte sich unheimlich in seine Seele, in seine Entschlüsse.
Der Kaiser aber, welk und tief gereizt, wie er dieses knisternde, aus allen Balken brennende Leben neben sich fühlte, hatte das wilde Begehren, ihr etwas anzutun, sie auflodern zu sehen, leiden zu machen. Der Wunsch, Böses zu tun, war in ihm erwacht, der Zwang hatte in ihm das Gefühl der Rache hinterlassen. Tosend gab er nach. Zwischen den Zähnen knirschte er; während ihm der Schweiß auf die Stirn trat und die Augen in graue Höhlen zurückfielen und er ihre linke dünne Hand rieb: »Ich will dem Heiland zuliebe nichts versäumen; was ihm zu Ehren ist, wird mich leiten.« Sie krallte sich an ihm fest und stöhnte. »Ja«, seufzte er, hingeworfen mit ihr betete er, dann umschlangen sie sich.
In der Nacht ließ er einmal die Kaiserin rufen. Grimmig empfing er sie: »Bin ich wieder so weit, daß ich nicht weiß, wen ich rufen soll? Meine Narren, den blöden Grafen Paar? Blick mich nicht an.«
»Was ist?« weinte sie über seinem Bett.
»Daß du zu früh triumphierst. Es ist die Spekulation, daß ich es nicht wage, den Friedländer zu rufen. Und ich rufe ihn, ich rufe ihn doch.«
»So tu es doch.« Sie war hilflos.
»Er soll kommen, sag’ ich euch. Die Augen werden euch übergehen. Er soll euch in Eisen schlagen, weil ihr euch vergreift an mir.«
»Was hab’ ich dir getan?«
Widerwillig legte er sich zurück: »Nichts, nichts, beim Heiland, nichts. Ich bin verloren, verkauft. Weiter nichts.«
Das war wieder der Fremde. Sie stand auf. »Wohin willst du?« fragte er höhnend.
Sie kniete vor seinem Kruzifix.
Tage gingen hin; täglich marterte sich lange Stunden der Kaiser im Gebet neben der Mantuanerin. Lamormain, der große Beichtvater, trat an ihn heran. Ferdinand erhob sich mühsam, verstört aus den Andachten. Lamormain pries den Kaiser, daß er im Glanz des Siegerruhms den demütigen Glauben, den kindlichen Gehorsam bewahrt habe. Die schmächtige Kaiserin lief, nachdem sie rasch vor dem lächelnden hinkenden Jesuiten ein Knie gebogen hatte, aus der Kammer mit stürmischer Atmung. Mit lahmen Füßen schleppte sich Ferdinand an seinen Sessel, seine Hände zitterten. Dumpf, leise sagte er: »Ich danke.« Hing an den Lippen des Jesuiten, bückte sich in sich, fiel zusammen. Beichtete ihm.
Dem Beichtvater gab er am nächsten Tage den Entscheid über die Stifter: Er sei mit sich zu Rat gegangen, habe Maria und die Heiligen fleißig und innig angerufen. Durch die Gnade dieser Himmlischen sei ihm zuteil geworden, daß ein furchtbar schwerer Feldzug beendet, der einen glücklichen Ausgang bis zur Stunde genommen habe. Sein Thron sei gefestigt worden, der erst so unsicher war wie sonst etwas Irdisches. Nun habe man ihn angegangen um Wiederherstellung kirchlichen Eigentums, das im Laufe der Jahrzehnte verlorengegangen sei. Er hätte sich schon früher dem nicht verschlossen, daß den geistlichen Gewalten ein Recht auf diese Güter zustand. Aber trotzdem hätte er sich gesträubt, um nicht neue Unruhen im Reich entstehen zu lassen. Ihm sei gewiß, daß er nicht wohl daran tat, sich zu sträuben. Die Kirche müsse belohnt werden für die unsagbare Hilfe der Gebete. Die armen Seelen, die in jenen Stiftern den Ketzern anheimgefallen seien, wiederzugewinnen, müsse er sich bemühen als gottergebener Mensch, geschweige als Kaiser. Ihm, seinem Beichtvater, müsse er gestehen, wie er geschwankt habe, sündig und zage. Er wolle von der Sünde befreit werden. Der Pater lächelte: »Glücklich der Mensch, dem es verliehen wurde, seine Macht zugunsten der heiligen Kirche zu verwenden.«
Papst
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