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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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bückte sich nach seiner Ecke der Tragbahre.
    »Richtig«, meinte Hunter und griff nach einer anderen.

11

    »Mir ist es ganz gleichgültig, wie nahe wir schon an dem Tor sind«, keuchte Doc angestrengt. »Ich muß mich ein bißchen ausruhen.« Er ließ sich im Sand auf die Knie fallen, nachdem die Männer die Tragbahre abgestellt hatten.
    »Ihr schlechter Lebenswandel rächt sich allmählich«, meinte Hunter spöttisch. Dann flüsterte er Margo zu: »Wir dürfen den alten Knaben nicht überanstrengen. Normalerweise geht er keinen Schritt zu Fuß, wenn es sich irgendwie vermeiden läßt.«
    »Ich kann ihn wieder ablösen«, sagte der junge Mann eifrig, der vorher an Docs Stelle getragen hatte. Er war gemeinsam mit Wojtowicz aus Oxnard zu dem Symposium gekommen und machte sich jetzt Gedanken darüber, ob er heute den Unterricht versäumen würde, denn er ging noch zur Schule.
    »Ich bin dafür, daß wir uns alle ein bißchen ausruhen, Harry«, sagte Wojtowicz und wandte sich dann an Hunter. »Professor, der Mond scheint wieder langsamer geworden zu sein. Jetzt ist er kaum noch schneller als früher.«
    Alle bis auf die Dicke hoben den Kopf, um die Veränderungen am Nachthimmel zu studieren. Selbst Doc richtete sich auf und sah nach oben. Der Abstand zwischen dem Mond und dem Wanderer hatte sich in den letzten Minuten nicht mehr vergrößert.
    »Ich glaube, daß der Mond kleiner wird«, meinte Ann.
    »Ich auch«, stimmte der kleine Mann zu. Er kauerte neben seinem Hund und kraulte ihn beruhigend zwischen den Ohren. »Und – ich weiß, daß das verrückt klingt – ich bilde mir auch ein, daß der Mond nicht mehr ganz rund, sondern mehr eiförmig ist. Eine Spitze des Eis zeigt auf den neuen Planeten.«
    »Ja, und ich sehe eine ganz dünne Linie, die von oben nach unten verläuft«, sagte Ann aufgeregt.
    »Eine Linie?« fragte der kleine Mann.
    »Wie ein Riß«, erklärte Ann ihm.
    »Tut mir leid, aber davon sehe ich nichts«, antwortete der kleine Mann.
    »Sie müssen ganz genau hinsehen«, sagte Ann.
    »Wahrscheinlich hat sie recht«, meinte Wojtowicz. »Kinder haben scharfe Augen.«
    Doc schüttelte langsam den Kopf. »Der Riß müßte einige Kilometer breit sein, damit wir ihn von hier unten aus sehen«, gab er zu bedenken.
    »Der Mond scheint in eine Kreisbahn um den neuen Planeten eingeschwenkt zu sein, die weit enger als Roches Limit ist«, stellte Hunter fest. Dann fügte er rasch hinzu: »Rudi, brechen massive Satelliten auseinander, wenn sie Roches Limit unterschreiten?«
    »Das weiß kein Mensch«, antwortete Doc.
    »Aber jetzt werden wir es bald erfahren«, meinte Hunter bedeutungsvoll.
    »Und dann wissen wir auch, wie es Ameisen zumute ist, wenn jemand ihren Haufen zertrampelt«, stellte Rama Joan fest.
    »Kann der Mond wirklich auseinanderbrechen?« erkundigte Wojtowicz sich verblüfft.
    Margo umklammerte Pauls Arm. »Don!« rief sie. »Mein Gott, Paul, ich habe gar nicht mehr an Don gedacht!«

    Als der Wanderer zum erstenmal auftauchte, war er nur vierzigtausend Kilometer vom Mond entfernt, was etwa einem Zehntel der normalen Distanz zwischen Mond und Erde entsprach. Seine deformierende Wirkung auf den Mond war deshalb tausendmal größer als die der Erde, denn dieser Effekt verändert sich umgekehrt kubisch zu der Entfernung zweier Himmelskörper zueinander.
    Als der Mond in viertausend Kilometer Entfernung eine Kreisbahn um den neuen Planeten einschlug, war er dem Wanderer hundertmal näher als der Erde. Folglich war er jetzt den Wirkungen einer Anziehungskraft ausgesetzt, die millionenmal größer war.

    Der Bug des winzigen Mondschiffes zeigte wieder einmal auf die Erde, als Don Merriam endlich aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte. Die sauerstoffreiche Atmosphäre hatte ihn erfrischt und wieder zu Kräften gebracht, so daß er jetzt ohne größere Anstrengungen aufstehen und zu seinem Sitz zurückkehren konnte. Er schnallte sich an und starrte dabei auf den vorderen Bildschirm.
    Ein Blick genügte, um festzustellen, daß er sich kaum fünfundzwanzig Kilometer über der Mondoberfläche befand – und daß seine Fallgeschwindigkeit etwa einskommafünf Sekundenkilometer betrug. Folglich hatte er nicht die geringste Aussicht, den ›Baba Yaga‹ rechtzeitig auf Gegenkurs zu bringen, denn diese Geschwindigkeit war nicht mehr zu bremsen. Während Don zu dieser bedauerlichen Feststellung kam, betätigten seine Finger bereits automatisch die Steuerdüsen, durch die der Fall stabilisiert wurde, bis er durch

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