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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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kleiner Gruppe mit dem Feuer um die Wette. Weit vor ihnen leckten die Flammen bereits gierig an dem trockenen Unterholz des Hügelrückens, über den die Straße in den Santa-Monica-Bergen verläuft.
     
    Barbara Katz beobachtete die niedrige Bugwelle vor dem linken Vorderrad der schweren Limousine. Die Wellenbewegung setzte sich in einem spitzen Winkel über die Straße fort und verlor sich dann in den niedrigen Büschen und dem hohen Gras am Straßenrand. Benjy fuhr absichtlich nicht schneller als fünfzig Stundenkilometer, nachdem er gemerkt hatte, daß der Wagen bei höheren Geschwindigkeiten sofort ins Schwimmen geriet. Als Kommandant des Fahrzeugs – jedenfalls hielt Barbara sich dafür – hätte sie eigentlich vorn neben dem Chauffeur sitzen müssen, aber Barbara hatte sich überlegt, daß es vermutlich wichtiger war die direkte Verbindung zu ihrem Millionär nicht abreißen zu lassen. Deshalb saß sie jetzt neben dem alten KKK hinter Benjy auf dem Rücksitz, auf dem auch Hester Platz gefunden hatte, so daß Helen vorn mit dem Chauffeur und einem Stapel Koffer sitzen mußte.
    Die Sonne strahlte hoch aus dem Himmel durch die Windschutzscheibe der Limousine, als sie in westlicher Richtung durch die Everglades von Florida fuhr. Die Fenster an Barbaras Seite waren fest geschlossen, so daß sie unter der Hitze litt. Sie wußte daß der Okeechobee-See irgendwo rechts und nördlich dieser Straße liegen mußte, aber von hier aus war nur eine weite Moorlandschaft zu sehen, in der gelegentlich einige düstere Zypressen aufragten, die Barbara an Friedhöfe erinnerten. Die Straße war auf weite Entfernungen hin überschwemmt, aber das Wasser stand nirgends höher als zwei oder drei Zentimeter – bis jetzt.
    »Die hohe Flut, die Sie vorausgesagt haben, ist wirklich gekommen, Miß Katz«, stellte Benjy grinsend fest. »Ich habe noch nie von einer gehört, die das Land bis hierher überschwemmt hätte.«
    »Leise, Benjy«, mahnte Hester. »Mister K. schläft noch.«
    Barbara wünschte sich, sie wäre so überzeugt von ihrer eigenen Weisheit, wie Benjy es zu sein schien. Sie warf einen Blick auf ihre alte Armbanduhr – sie zeigte vierzehn Uhr zehn – und einen zweiten auf die Rückseite des Kalenderblattes, auf dem zu lesen stand, daß die Flut um dreizehn Uhr fünfundvierzig ihren Höhepunkt erreicht haben sollte. Aber wurde dieser höchste Stand landeinwärts nicht erst später erreicht? So war es doch jedenfalls bei Flüssen, glaubte Barbara sich zu erinnern. Sie mußte zugeben, daß sie nicht genug über dieses Thema wußte.
    Ein offener Wagen raste mit erheblich höherer Geschwindigkeit an ihnen vorüber und überschüttete den Rolls-Royce mit einem Wasserschauer. Er entfernte sich rasch und zog eine lange Wasserfahne hinter sich her. Das Kabriolett war mit vier Männern besetzt gewesen.
    »Schon wieder einer dieser verrückten Fahrer«, murmelte Hester.
    »Wenn er so weiterfährt, landet er noch im Straßengraben«, stellte Benjy fest.
    Dieser Zwischenfall hatte den alten KKK aufgeweckt, der jetzt Barbara zum erstenmal an diesem Tag hellwach ansah. Er hatte die Vorbereitungen zur Abfahrt in einer Art Trancezustand über sich ergehen lassen, der Barbara, aber nicht Hester beunruhigt hatte. »Er hat nur nicht genügend Schlaf gehabt«, hatte Hester ihr erklärt. »Wenn er erst einmal ausgeschlafen hat, geht es ihm wieder besser.«
    Jetzt sagte er energisch: »Rufen Sie den Flugplatz an, Miß Katz. Lassen Sie zwei Plätze nach Denver in der nächsten Maschine buchen. Sagen Sie dem Mann am Schalter, daß ich ihm, dem Piloten und der Gesellschaft eine hohe Belohnung verspreche. Denver liegt fünfzehnhundert Meter hoch und ist für die Flut unerreichbar. Ich habe dort gute Freunde.«
    Barbara warf ihm einen ängstlichen Blick zu und wies dann schweigend aus dem Fenster.
    »Ja, jetzt erinnere ich mich wieder«, sagte KKK langsam. »Aber warum sind Sie nicht selbst auf die Idee mit dem Flugzeug gekommen, Miß Katz?« klagte er dann und sah auf ihre schwarze Tasche, die ein Reklamegeschenk einer Fluggesellschaft war.
    »Ich habe die Tasche von einer Freundin bekommen. Ich bin per Anhalter von New York nach Florida gefahren. Ich fliege nicht oft«, gab Barbara bedrückt zu. Sie hätte sich in diesem Augenblick am liebsten selbst geohrfeigt. Sie hatte ihren Millionär auf so brillante Weise retten wollen – und hatte sich von einem Rolls-Royce so blenden lassen, daß sie die einzig richtige Methode übersehen hatte.

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