Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Sarge. Der Sage nach sollte dies der Sarg der Frau des Hans oder Michael Kohlhaas sein, die, so hieß es in der Dorfsage, »mit fast fürstlichem Gepränge, auf einem mit schwarzem Tuche ausgeschlagenen Wagen, von Kohlhasenbrück nach Stolpe geschafft und in der dortigen Kirche beigesetzt worden sei.« Dieser Spinnstubengeschichte gegenüber hat Rentier Heydert, ein Nachkomme der in der Kirche zu Stolpe ruhenden Familie Heydert, darauf hingewiesen, daß sein Urgroßvater, der königliche Hof-und Obergärtner Joachim Ludwig Heydert, wie das Epitaphium mit seinen Inschriften auch hervorhebt, dreimal verheiratet gewesen sei, von dessen drei Frauen eine jede das Recht der Beisetzung in der Kirche zu Stolpe gehabt habe. Da nun aber für die dritte Frau schließlich kein Platz mehr in der ursprünglichen Familiengruft vorhanden gewesen sei, so sei noch diese Nebengruft gebaut worden. Eine Vermutung, die ihm durch den merkwürdigen Kopfputz der in dieser Gruft beigesetzten Frauenleiche bestätigt werde. Denn zwei der Heydertschen Ehefrauen seien Holländerinnen gewesen, die stets einen eigentümlichen Kopfputz getragen hätten. Und damit sei denn ein für allemal widerlegt, daß dies Nebengewölbe – jetzt zugeschüttet, während man das andere belassen hat – die Gruft der Kohlhasin gewesen sein könne. 58
1858 war, nach einem von Stüler herrührenden Plane, mit dem Bau der neuen Kirche begonnen worden und am 25. November 1859 wurde sie eingeweiht. Ein Querschiff scheidet das Langhaus vom Chor. Über der Durschschneidung ist der Turm, der mit seinen an den vier Ecken angebrachten gotischen Pyramidentürmchen zu dem romanischen Basilikenstil des Ganzen nicht recht paßt, aber in der Landschaft eine gute Wirkung macht. Die schön ausgeführte Sandsteinkanzel mit den vier Statuetten der Evangelisten, nimmt, neben dem Grabdenkmal der Familie Heydert, das künstlerische Interesse am meisten in Anspruch.
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Früher umgab hier in Stolpe, wie überall, der Kirchhof die Kirche. Seit dem Umbau der letzteren aber ist der Kirchhof wegverlegt worden und hat sich, bei dem raschen Wachstum der Gemeinde, rasch mit Gräbern gefüllt. Auch die Nachbarschaft bestattet gelegentlich ihre Toten hier und der in der »Kolonie Wannsee« wohnhafte Zweig der Familie Begas hat ein offenes Erbbegräbnis auf dem Stolper Kirchhof. Ein von Strauchwerk und jungen Bäumen überwachsenes Eisengitter schließt einen geräumigen Platz mit zur Zeit zwei Grabhügeln ein. Der eine wird von einem Obelisken aus rötlichem Granit überragt und trägt die Inschrift:
Oscar Begas
geb. 21. Juli 1828
gest. 10. November 1883.
Unter dem zweiten Grabhügel ruht die zweiundzwanzigjährige Tochter; zu Häupten ein schwarzer Syenit mit folgender Inschrift:
Marie Veronika Eugenie Mathilde Begas
geb. 27. Mai 1862
gest. 8. Oktober 1884.
Der Tod der liebenswürdigen jungen Dame weckte damals eine besondere Teilnahme; sie starb an einem giftigen Insektenstich in die Lippe.
Ein anderer Fremder, der seine letzte Ruhestatt hier gefunden, ist der vieljährige Besitzer von Kohlhasenbrück, Heinrich Beyer, ein geborener Westfälinger. Ein Kreuz erhebt sich zu seinen Häupten und trägt folgende Inschrift:
Hier ruht in Gott
der Gutsbesitzer Heinrich Beyer
geb. 15. März 1826
gest. 13. Oktober 1887.
Er war ein jovialer Herr, der es sich, von dem Augenblick an, wo Kohlhasenbrück in seinen Besitz kam, zur Lebensaufgabe machte, die Silberbarren wieder heraus zu graben, die Kohlhaas, nach der Beraubung des kurfürstlichen Hüttenfaktors, in die hinter dem Beyerschen Grundstück hinfließende »Beke« versenkt haben sollte. Natürlich verlief auch diese Schatzgräberei erfolglos.
4. Die Peter-Paulskirche zu Nikolskoe
Nikolskoe war ursprünglich nichts als ein russisches Blockhaus, das Friedrich Wilhelm III. auf einer Havelhöhe gegenüber der Pfaueninsel errichten ließ. Kastellan von Nikolskoe war ein geborener Russe mit Namen Iwan, ein schöner alter Mann, mit langem weißem Bart und in bequemer russischer Nationaltracht. »Als bald danach«, so erzählt Eylert, »Kaiser Nikolaus samt Gemahlin (Prinzessin Charlotte von Preußen) Potsdam besuchte, führte Friedrich Wilhelm III. seine russischen Gäste vor dies Blockhaus und sagte: ›Sieh, Charlotte, es ist eine getreue Kopie des Blockhauses, in dem wir, als ich Euch in Petersburg besuchte, so froh waren. Du wünschtest dir damals ein solches Haus und meintest, man könne darin
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