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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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dieser Werke der Architektur ist inzwischen aber, und zwar als Brunnenhüterin, ein Werk der Skulptur getreten: eine Najade mit einem Ruderstück in der Rechten, die lässig hingestreckt über dem Heilquell ruht, während aus der Urne neben ihr ein Wasserstrahl niederfließt. So weit alles gut. Aber eine sonderbare Ökonomie hat darauf gedrungen, daß das Wasser nicht frei in ein Bassin oder eine Rinne strömt, sondern in ein untergestelltes Gefäß, das zwischen Blumenvase und Topf nur notdürftig die Mitte hält. Der Effekt ist überaus komisch, und man begreift den pausbackigen Amorin durchaus, der über die Brust der Najade hinweg, lächelnd in den Topf und auf das fließende Wasser blickt. Das Ganze vielleicht ein Unikum heiterer Naivität, und während es, in Form und Gegenstand, die Antike zu kopieren meint, erinnert es doch, dem Geiste nach, der es schuf, an den Humor des Mittelalters, am meisten vielleicht an die bekannte kleine Brunnenfigur in Brüssel.
    Der Reiz aller dieser Werke der Skulptur und Architektur ist nicht groß, und wenn es doch einen Zauber hat, in dieses Brunnental einzukehren, so muß es ein anderes sein, was uns an dieser Stelle erquickt und labt. Und ich glaube zu wissen, was es ist. Es ist das Gefühl eines vollen Geschützt- und Geborgenseins, die Stille dieses Tales, vor allem seine Herbstesstille.
    Gewiß, daß es hier auch schön ist, wenn die Saison auf ihrer Höhe steht, die Brunnenmusik ihre Märsche spielt, die Toiletten rauschen und die jungen Paare kichern, – aber die schönste Zeit bleibt doch immer die, wo der Herbst hier einzieht, wo die letzte Sommerrose hinüber ist und selbst die Malve hinblaßt, um der Aster das Feld zu räumen.
    Und ein solcher Herbstestag ist heute. Hoch in der Luft, über die Berge hin, zieht der Wind und mitunter ist es, als kläng' er bis ins Tal hernieder. Aber wir hören nur den Streit hoch oben, die Luft unten steht unbewegt. Die Vögel singen nicht mehr oder sind schon fort, nur noch das Sonnenlicht hüpft in den Zweigen. Die Tannenäpfel fallen nieder auf den Kiesweg des Parks, aber nicht losgelöst von der Schüttelhand des Windes, nur losgelöst von Alter und eigner Schwere. Die Quellen rauschen, die Sommerfäden ziehen, Bilder kommen und gehen. Dem Ohre klingt es wie leise Musik.
    Von wannen kommt sie? Ist es die Luft, die klingt, oder ist es das eigene Herz?
     
5. Der Rosengarten. Der Baasee
     
    Und wo der Rosengarten war,
    Da soll der Liliengarten werden.
    Uhland
     
    Das Brunnental ist still und windgeschützt, aber in seinem Rücken liegt eine stillere Stelle – der Friedhof. Es ist ein kleiner, von einer niedrigen Steinmauer eingefaßter, mitten im Wald gelegener Begräbnisort, so recht ein Platz, wo
     
    –jeder eitle Kummer,
    Dir wie ein Traum zerfließt,
    Und dich der letzte Schlummer
    Im Bienenton begrüßt, –
     
    ein Platz, der uns mit dem Gedanken des Scheidens versöhnt und uns im Tiefsten empfinden läßt:
     
    Die Ruh' ist wohl das beste
    Von all dem Glück der Welt.
     
    Die Tür, einladend, steht immer offen, die Waldblumen blühen draußen und drinnen, und die Buchen legen von außen her ihre grüne Hand auf die Gräber, als wollten sie den Schlummer derer, die drunten ruhn, noch ruhiger machen.
    Es ist dies die Begräbnisstätte nicht für Freienwalde selbst, sondern für die, die als Gäste kamen, um Genesung zu suchen und sie schließlich an dieser Stelle zu finden.
    Dieser Friedhof heißt der Rosengarten.
    Er heißt so, nicht aus Laune oder Einfall, vielmehr führte der ganze Fleck Landes diesen Namen, lange bevor der erste Gast in diesen Garten einzog. Es hat das folgenden Zusammenhang. Die weiten Waldreviere, die Freienwalde nach Westen hin umgeben und alle Talschluchten mit Laubholz füllen, waren in alten Zeiten schon mit weiß und rot und gelb blühenden Wildrosen dicht überwuchert, und wer um die Johanniszeit durch diese Schluchten hinschritt, dem war es, als flögen bunte Schmetterlinge vor ihm her. Die Stelle aber, wo die Rosensträucher am dichtesten standen und einen kleinen Wald im Walde bildeten, diese Stelle lag im Rücken des Brunnentals und hieß der »Rosengarten«. Die Sträucher verschwanden allmählich, das erste Grab erhob sich, andere folgten, die Steinmauer wurde gezogen, – aber der Name blieb, und von den Gestorbenen heißt es sinnig und ungezwungen: »Sie schlafen im Rosengarten.«
    Weiter in den Wald hinein, etwa eine halbe Meile im Rücken des Rosengartens, liegt der Baasee, der

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