Wanderungen durch die Mark Brandenburg
schlagen nun die freigewordenen Wasser über allem, was niedergefahren ist, zusammen und – ein See steht ruhig über Stadt und Wald.
Eine geognostische Autorität hat die hübsche Wendung gebraucht: »daß die Natur bei der Bildung von Erdfällen nur erst selten auf frischer Tat ertappt worden sei«, ein Umstand, zu dem wir uns, so lehrreich das Gegenteil auch sein würde, im ganzen genommen zu gratulieren haben. Wär' es anders, wären wir in der Lage, diese »Erdfälle«, wie Sternschnuppenfälle im August, regelmäßig beobachten zu können, so würde das mit Vulkanen übersäte Zentralamerika ein vergleichungsweise bequemer Aufenthalt sein. Denn was sind schließlich »Erdbeben« gegen solche »Erdfälle«, wo die Erde gleichsam sich selbst zu verschlingen beginnt. Sind übrigens die Annahmen über die Bildung mehrerer unserer größten und schönsten Seen nur halbwegs richtig, so haben die Vorbewohner der Mark von diesen »interessanten Naturerscheinungen« mehr denn zur Genüge gehabt. Der Grössinsee nicht weit von Saarmund, der Gohlitzsee im Amt Lehnin, der Gudelacksee bei Lindow und der große Paarsteiner See bei Kloster Chorin sollen durch solche Erdfälle entstanden sein, der zahlreichen, überall vorkommenden Teufelsseen ganz zu geschweigen. Wo zwischen zwei abschüssigen Hügelwänden sich plötzlich ein trichterförmiger See einklemmt, der weder Zu-noch Abfluß, wohl aber eine bedeutende Tiefe hat, da liegt immer Grund vor, einen früher oder später erfolgten »Erdfall« zu vermuten. Erzählt man aber gar die Sage von untergegangenen Dörfern und Städten, so ist es gut, dem Volksmunde zu glauben und die Zweifel zu Haus zu lassen. Ob die Glocken dann abends in der Tiefe klingen oder nicht – der ist nicht beneidenswert, der sie schlechterdings nicht zu hören vermag.
Der große und kleine Tornowsee
Im Mummelsee, im dunklen See,
Da blühn der Lilien viele.
Schnezler
Die »Märkische Schweiz« um Buckow herum ist zum großen Teil ein Besitztum der Grafen Flemming und Itzenplitz.
Der Itzenplitzsche Anteil an diesem Stück schöner Natur liegt im Norden und Nordosten des großen Schermützelsees und umfaßt das Areal der Güter Bollersdorf und Pritzhagen.
Von dem Bollersdorfer Plateau sprachen wir bereits im vorigen Kapitel; ebenso von dem schönen Blick, den der abschüssige Rand desselben auf den unten liegenden Schermützelsee gestattet.
Dorf Bollersdorf, dessen kleine gotische Kirche dem kahlen Plateau einen malerischen Reiz verleiht, ist ohne Bedeutung. Seine Besitzer wechselten oft. In der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts war es Eigentum des Generalleutnants von Görtzke, der, nach Ankauf des jetzt Marwitzschen Friedersdorf, auch noch Kienitz und Bollersdorf an sich brachte. Nach seinem Tode aber scheint es sofort in andere Hände übergegangen zu sein. Die schon genannte Kirche geht bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück. Bei einem vor Jahresfrist stattgefundenen Umbau wurden in der geöffneten Gruft Särge der alten, im Lande Beeskow-Storkow begüterten Familie Löschebrand gefunden.
1763 kam Bollersdorf durch Schenkung in Besitz des Generalmajors von Lestwitz und teilte seitdem, hinsichtlich seiner Besitzverhältnisse, das Schicksal des Lestwitz-Itzenplitzschen Güterkomplexes: Friedland, Cunersdorf, Bollersdorf, Pritzhagen, dem es von da ab zugehörte.
Pritzhagen liegt mehr östlich und das kupierte Terrain gestattet keinen Blick auf den Schermützelsee. Das Dorf selbst ist unbedeutend wie Bollersdorf. Viele Jahrhunderte lang besaßen es die »Rutze« oder die »von Reutze«, wie sie später genannt wurden. Schon 1375 finden sie sich, dem Landbuche nach, an dieser Stelle. Der letzte, wie es scheint, war »Junker Hans«, ein Weidmann von altem Schrot und Korn, der seine Passion mit dem Leben bezahlte. Sein Name lebt fort in der Junker Hansens »Kehle«, was in der Gebirgssprache der »Märkischen Schweiz« so viel wie Schlucht bedeutet. In Pritzhagen weiß und erzählt noch jedes Kind von dem »tollen Junker« der bei Verfolgung eines Hirsches in die »Kehle« fiel und den Hals brach. Eine Meile weiter aber weiß niemand mehr von ihm. Ein allerlokalster Ruhm.
*
Pritzhagen bedeutet wenig, seine Berge und Schluchten jedoch bedeuten viel, selbst seine »Kehlen«.
Als einer seiner reizendsten Punkte gilt der Dachsberg, kaum eine Viertelstunde vom Dorf entfernt und mit Recht ein Lieblingsplatz aller märkischen Touristen. Auch Berliner huldigen ihm. Und
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