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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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große Pfütze war. Und nun wurden ein paar Scheiben eingeschlagen, Schwärmer in die Schlafkammer geworfen, und der Feldprediger aus dem Bett in den Hof oder mit andern Worten in die Pfütze gejagt.«
    Dies und Schlimmeres kam zur Kenntnis des Hofes, speziell der Königin, und als der Kronprinz erfuhr, »daß man davon wisse«, war er beflissen durch Versicherungen seiner Wohlanständigkeit den Effekt solcher Ausplaudereien abzuschwächen. Es lag ihm begreiflicherweise daran, den kaum besänftigten Vater nicht aufs neue gegen sich eingenommen zu sehen, und so schrieb er denn unterm 23. Oktober 1732 von Ruppin aus an General Grumbkow:
    »Ich lebe jetzt, weiß Gott so zurückgezogen, wie nur möglich; der Regimentsdienst, die Exercitien, die ökonomischen Kommissionen, mit welchen mich der König bedacht, beschäftigen mich vollauf; darauf folgt das Essen, die Parole, und wenn ich dann nicht über Land reite, so zerstreue ich mich durch Lektüre und Musik. Gegen 7 Uhr bin ich mit den Offizieren, den Capitainen oder mit Bodenberg (wahrscheinlich Buddenbrock) oder Anderen zusammen und spiele mit ihnen. Um 8 Uhr soupire ich, um 9 Uhr ziehe ich mich zurück, und lebe so einen Tag wie den anderen. Nur wenn die Post aus Hamburg kommt, lade ich mir etwa drei bis vier Personen zu Gast und speise mit denselben in meinen Zimmern, da ich die Ausgabe, zehn Personen solch theure Leckerbissen vorzusetzen, nicht machen kann. Meine einzige Zerstreuung besteht im Wasserfahren, oder daß ich einige Schwärmer in meinem vor der Stadt liegenden Garten steigen lasse. Das sind meine Vergnügungen, und ich wüßte kaum, was man anders in einem so untergeordneten Orte anfangen könnte. Natürlich wünsch ich von ganzem Herzen, daß dem König über das Alles die Augen geöffnet würden. Ich glaube kaum, daß es etwas Unschuldigeres giebt und daß man stiller leben kann. Man hat – unter uns gesagt – der Königin die Meinung beigebracht, ich sei über die Maßen ausschweifend, und sie scheint es zu glauben. Ich kann mir gar nicht erklären, wie man dazu kommt, denn wenn ich auch nicht leugnen will, daß auch mein Fleisch bisweilen schwach ist, so braucht man doch um einer kleinen Sünde willen nicht als der größte Wüstling verschrieen zu werden. Ich kenne Keinen, der es nicht eben so machte, Viele aber, die es schlimmer treiben, und doch spricht, ich weiß nicht wie es kommt, Niemand von ihnen. Ich gestehe, daß mir das sehr nahe geht, und wenn ich in der Lage wäre, würde ich den elenden Subjekten, welche solche Gerüchte unter der Hand verbreiten, meinen Zorn fühlen lassen. – Sie sehen, lieber Freund, daß ich sehr aufrichtig bin, und Ihnen ohne Hintergedanken alles sage; denn ich weiß, daß Sie für meine Schwächen einige Nachsicht haben und wissen, (oder doch wenigstens hoffen) daß die Zeit mich weise machen werde. Ich thue mein Möglichstes, um es zu werden; doch glaube ich kaum, daß Cato in seiner Jugend Cato war.«
    Wird den in diesem Briefe gemachten »Zugeständnissen« noch einiges zugelegt, so gewinnen wir mutmaßlich ein richtiges Bild von dem privaten und gesellschaftlichen Leben des Kronprinzen in Ruppin.
    Neben diesem privaten und gesellschaftlichen Leben aber (oder richtiger wohl ihm vorauf) existierte selbstverständlich noch ein anderes: das soldatische Leben, der »Dienst«.
    Der Dienst war das Corrigens der Debauchen.
    Der Kronprinz hatte sich vorgenommen, »daß sein Regiment kein Sallat-Regiment (wie der König bei schlechten Regimentern sich auszudrücken beliebte) werden sollte«, und machte sich daher, um ihn selber sprechen zu lassen, den Grundsatz zu eigen: »Ich exerziere, ich habe exerziert und ich werde exerzieren!«
    Aber das Exerzieren allein tat es nicht. Ebenso wichtig oder noch wichtiger war die Beschaffung von Rekruten, besonders von Riesenrekruten. Und auch nach dieser Seite hin wünschte sich der Sohn dem Vater angenehm zu machen. Von Ruppin aus (15. September 1732) war es denn auch, daß er folgenden berühmt gewordenen Brief nach Potsdam hin richtete:
    »Allergnädigster König und Vater! Ich habe die Gnade gehabt, jetzunt meines allergnädigsten Vaters Ordre mit dem neuen Werbe-Reglement in aller Unterthänigkeit zu erhalten, und werde auch beim Regiment in allen Stücken suchen zu conformiren. Bei die meisten Compagnien aber seind noch 8-zöllige Leute, incl. erstes Glied, und werden wir Mühe haben, solche dieses Jahr herauszukriegen. Auch habe aus dem Werbe-Reglement gesehen, daß wenn

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