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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wenige Spuren ehemaligen deutschen Lebens abgerechnet, ein völlig slawisches, d.h. wendisches Land vor.
    Das Land war wendisch geworden, ebenso die östlicheren Territorien zwischen Oder und Weichsel. Aber das westliche Wendenland war doch die Hauptsache. Hier, zwischen Oder und Elbe, standen die berühmtesten Tempel, hier wohnten die tapfersten und mächtigsten Stämme.
    Dieser Stämme, wenn wir von kleineren Gemeinschaften vorläufig absehen, waren drei: die Obotriten im heutigen Mecklenburg, die Liutizen in Mark und Vorpommern und die Sorben oder Serben im Meißnischen und der Lausitz.
    Unter diesen drei Hauptstämmen der Westwenden, ja vielleicht der Wenden überhaupt, waren wiederum die Liutizen, denen also die märkischen Wenden als wesentlicher Bruchteil zugehörten, die ausgedehntesten und mächtigsten. Mit ihnen stand und fiel die Vormauer des Slawentums, und der beste, zuverlässigste und wichtigste Teil der ganzen Wendengeschichte ist die Geschichte dieses Stammes, die Geschichte der Liutizen. Schafarik sagt von ihnen: »Unter den polabischen, d.h. den an der Elbe wohnenden Slawen waren die Liutizen oder Lutizer oder Weleten durch ihre Volksmenge und Streitbarkeit wie durch ihre Ausdauer bei alten Sitten und Gebräuchen, die berühmtesten. Ihr Name wird in den deutschen Annalen von Karl dem Großen bis zu ihrer völligen Unterwerfung (1157) öfter denn irgendein anderer Volksname genannt; er herrscht sogar in altdeutschen Sagen und Märchen. In russischen Volkssagen wird er noch heutigentags vom Volke mit Schrecken erwähnt.« So weit Schafarik. Ehe wir indessen zu einer kurzgefaßten Geschichte der Liutizen überhaupt übergehen, schicke ich den Versuch einer politischen Geographie des Liutizerlandes vorauf.
    Die Liutizen, wie schon angedeutet, hatten ihre Sitze nicht bloß in der Mark; einige ihrer hervorragendsten Stämme bewohnten Neu-Vorpommern, noch andere das heutige Mecklenburg-Strelitz. Sie lebten innerhalb dieser drei Landesteile: Mark, Strelitz, Vorpommern, in einer nicht genau zu bestimmenden Anzahl von Gauen, von denen folgende die wichtigsten waren oder doch die bekanntesten gewesen sind.
    In der Mark: die Brizaner in der Priegnitz; die Morizaner in der Gegend von Leitzkau, Grabow, Nedlitz; die Stodoraner und Heveller in Havelland und Zauche; die Spriavaner im Teltow und Nieder-Barnim, also zu beiden Seiten der Spree; die Riezaner in der Nähe von Wriezen, am Rande des Oderbruches hin; die Ukraner in der Nähe von Pasewalk.
    In Pommern und Mecklenburg-Strelitz: die Chizziner in der Nähe von Güstrow; die Circipaner um Wolgast herum; die Dolenzer um Demmin und Stolp; die Ratarer oder Redarier zwischen Oberhavel, Peene und Tollense; die Woliner auf Wollin und Usedom; die Rugianer oder Ranen auf Rügen. Kleinere eingestreute Gaue waren: Sitna oder Ziethen; der Murizzi-Gau am Müritzsee; der Dossauer Gau an der Dosse bei Wittstock.
    Unter allen diesen Völkerschaften, Stämmen und Stämmchen, man könnte sie Clans nennen, waren wohl die Ranen und die Redarier die wichtigsten, beide als Hüter der zwei heiligsten Tempelstätten Rethra 1 und Arkona. Die Ranen außerdem noch ausgezeichnet als Seefahrer und siegreich über die Dänen.
    Die märkischen Wenden konnten nach dieser Seite hin mit den Wenden in Pommern und Mecklenburg nicht wetteifern, aber andererseits fiel ihnen die Aufgabe zu, in den jahrhundertelangen Kämpfen mit dem andringenden Deutschtum beständig auf der Vorhut zu stehen, und in dem Mute, den die Spree- und Havelstämme in diesen Kämpfen entwickelt haben, wurzelt ihre Bedeutung. Wenn die Ranen, und namentlich auch die Redarier, wie ein Stamm Levi, kirchlich vorherrschten, so prävalierten die märkischen Wenden politisch. Brandenburg, das wir wohl nicht mit Unrecht als den wichtigsten Punkt dieses märkischen Wendenlandes ansehen, wurde neunmal erobert und wieder verloren, siebenmal durch Sturm, zweimal durch Verrat. Die Kämpfe drehten sich mehr oder weniger um seinen Besitz.
    Die ersten Berührungen mit der wendischen Welt, mit den Volksstämmen zwischen Elbe und Oder, fanden unter Karl dem Großen statt; sie führten zu nichts Erheblichem. Erst unter dem ersten Sachsenkaiser, Heinrich dem Finkler, wurde eine Unterwerfung der Wenden versucht und durchgeführt.
    Diese Kämpfe begannen im Jahre 924 durch einen Einfall Heinrichs in das Land der Stodoraner und durch Wegnahme Brennabors. Dieser Wegnahme folgten Aufstände der Redarier, Stodoraner und Ukraner, woran sich dann neue

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