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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sich vielmehr umgekehrt ein vieldeutigorakelhafter Ton durch das Ganze hindurch, eine Sprache, die überall der mannigfachsten Auslegungen fähig ist und in der zweiten Hälfte, in rätselvoll anklingenden Worten, ebenso das Richtige trifft wie in der ersten Hälfte. Es ist kein essentieller Unterschied zwischen Anfang und Ende: beide Teile treffen es, und beide Teile treffen es nicht; beide Teile ergehen sich in Irrtümern und Dunkelheiten, und beide Teile blenden durch Lichtblitze, die, hier wie dort, gelegentlich einen völlig visionären Charakter haben.
    Beschäftigen wir uns, unter Heranziehung einiger Beispiele, zuerst mit der ersten Hälfte. Wir bemerken hier eine Verquickung jener drei Hauptelemente, die nirgends in dieser sogenannten Weissagung fehlen: Falsches, Dunkles, Zutreffendes. Frappant zutreffend vom katholischen Standpunkt aus sind die acht Zeilen in der Mitte des Gedichts, die sich auf Joachim I. und II. beziehen. Sie lauten:
     
    Seine (Johann Ciceros) Söhne werden beglückt durch gleichmäßiges Los;
    Allein dann wird ein Weib dem Vaterlande trauriges Verderben bringen,
    Ein Weib, angesteckt vom Gift einer neuen Schlange,
    Dieses Gift wird auch währen bis in's elfte Glied,
     
    Und dann
    Und nun kommt der, welcher dich, Lehnin, nur allzu sehr haßt,
    Wie ein Messer dich zerteilt, ein Gottesleugner, ein Ehebrecher,
    Er macht wüste die Kirche, verschleudert die Kirchengüter.
    Geh, mein Volk: Du hast keinen Beschützer mehr,
    Bis die Stunde kommen wird, wo die Wiederherstellung (restitutio) kommt.
     
    Die Vorgänge in der Mark in dem zweiten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts, der Übertritt Elisabeths zur neuen Lehre und die Aufhebung der Klöster durch Joachim II., der die Axt an den Stamm legte, konnten, wir wiederholen es, vom katholischen Standpunkt aus, nicht zutreffender und in nicht besserem Prophetenton geschildert werden. Aber zugegeben, daß – wie die Angreifer erwidern – der Verfasser im Jahre 1690 gut prophezeien hatte in betreff von Vorgängen, die hundertfünfzig Jahre zurücklagen, warum, so fragen wir, prophezeite er teils falsch, teils dunkel in betreff so vieler anderer Vorgänge, die, wenn 1690 die Scheidelinie ziehen soll, ebenfalls der Vergangenheit angehörten. Nehmen wir ein Beispiel statt vieler – die Verse, die sich auf George Wilhelm, also auf die Epoche während des Dreißigjährigen Krieges beziehen. Es sind die folgenden:
     
    Nach dem Vater ist der Sohn Herr des Markgrafentums.
    Er läßt nicht viele leben nach ihrem Sinne, ohne sie zu strafen.
    Indem er zu stark vertrauet, frißt der Wolf das arme Vieh,
    Und es folgt in kurzem der Diener dem Herrn im Tode.
     
    Die vierte Zeile ist auf den Tod Adam Schwarzenbergs gedeutet worden, wogegen sich nichts sagen läßt. Der Inhalt dieser Zeile träfe also zu. Aber die zweite und dritte geben, wenn man das auch hier vorhandene Dunkel durchdringt, eine Charakteristik der Zeit sowohl wie des Mannes, wie sie nicht leicht falscher gedacht werden kann. Wenn es umgekehrt hieße: »Er ließ alle leben nach ihrem Sinne, ohne sie zu strafen«, und »er vertraute (da er bekanntlich immer schwankte) nicht stark genug« – so würden diese Sätze um vieles richtiger sein als die, die jetzt dastehen. Wo bleibt da das bequeme Prophezeien nach rückwärts? 9
    Vergleichen wir nun damit die Prophezeiungen der zweiten Hälfte, der Epoche nach 1690, wo also der Dichter, selbst wenn er um 1690 schrieb, jedenfalls gezwungen war, in die Zukunft zu blicken.
    Über Friedrich den Großen 10 heißt es, wie nicht geleugnet werden soll, mehr dunkel und anklingend, als scharf zutreffend:
     
    In kurzem toset ein Jüngling daher, während die große Gebärerin seufzt;
    Aber wer wird vermögen, den zerrütteten Staat wieder herzustellen?
    Er wird das Banner erfassen, allein grausame Geschicke zu beklagen haben,
    Er will beim Wehen der Südwinde sein Leben den Festungen vertraun.
     
    oder (nach anderer Übersetzung):
     
    Weht es von Süden herauf, will Leben er borgen den Klöstern.
     
    Dann (Friedrich Wilhelm II.):
     
    Welcher ihm folgt, ahmt nach die bösen Sitten der Väter,
    Hat nicht Kraft im Gemüt, noch eine Gottheit im Volke.
    Wessen Hilf' er begehrt, der wird entgegen ihm stehen,
    Und er im Wasser sterben, das Oberste kehrend zu unterst.
     
    Dann (Friedrich Wilhelm III.):
     
    Der Sohn wird blühen; was er nicht gehofft, wird er besitzen.
    Allein das Volk wird in diesen Zeiten traurig weinen;
    Denn es scheinen Geschicke zu

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