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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gereist, hat die Waldstimmen belauscht, hat die Töne in Noten festgehalten und zuletzt eine Art Melodienbuch herausgegeben, aus dem wir nun genau erfahren können, wie die australischen Vögel singen.«
    »Ist es möglich!«
    »Es ist sogar gewiß. Ich habe das Buch. Und unter all diesen Stimmen ist eine, die es mir besonders angetan hat, das ist die Stimme des Leather-head. Leather-head heißt Lederkopf, ein Name, den dieser Vogel führt, weil er einen völlig kahlen Kopf hat. Ich will Ihnen die Melodie pfeifen; sie geht leise; Sie müssen scharf aufhorchen.«
    Unser Reisegefährte pfiff nun in langgezogenen Tönen die Klagemelodie des Leather-head. Selbst im Walde war es still geworden. Es war, als ob die Vögel drinnen mit zu Rate säßen.
    »Das ist schön«, sagte der Förster, »aber Ihr Engländer kann sich die Melodie erfunden haben.«
    »Ich gestehe«, fuhr unser Reisegefährte fort, »daß ich dann und wann denselben Verdacht hatte. Aber denken Sie, wo mir plötzlich die Gewißheit kam! Sie haben vom Aquarium gehört. Nun, in dem Aquarium befindet sich auch eine Vogelhecke, die mir das Liebste vom ganzen ist. Jeder hat so seinen Geschmack. Und wie ich nun den Gang entlang komme und das Gezwitscher der anderen Vögel einen Augenblick schweigt, was höre ich da plötzlich aus der Voliere heraus? Die leisen, langgezogenen Töne meines Leather-head, einmal, zweimal, dreimal. Mir war, als ob ich einen alten Bekannten wiedersähe. Da saß er und starrte mich lange an, wie wenn er gefühlt hätte:
der
hat dich verstanden.«
    Alles schwieg. Der Erzähler pfiff die Melodie noch einmal. Dann knipste der Förster mit den Fingern und sagte: »Nichts für ungut, aber ich bin doch für eine richtige Brieselang-Drossel; ihr Leather-head hat mich ganz melancholisch gemacht. Ich bin für das Fidele.«
    »Ich auch, ich auch«, riefen die anderen. Der Lederkopf war abvotiert.
    Inzwischen begann sich Gewölk am Himmel zu sammeln. Dann brach die Sonne wieder durch, aber die Schwüle wuchs. »Haben Sie viel Gewitter im Brieselang?« fragte ich.
    »Oft nicht, aber wenn sie kommen, kommen sie gut. Im vorigen Juli ging es hier eine Stunde toll her. Sehen Sie dort die Brandstelle (er zeigte nach rechts); da stand vor Jahresfrist noch das Remontedepot, einhundertundachtzig Pferde, alle schwarz.«
    »Und es schlug ein?«
    »Es schlug ein und es gab ein Wetter, wie ich es hier nicht wieder haben möchte, und doch war es zugleich eine Stunde, daß mir das Herz im Leibe lacht, wenn ich daran denke. Da habe ich gesehen, was ein preußischer Futtermeister ist.«
    »Ein Futtermeister?«
    »Ja, solch Remontedepot, müssen Sie wissen, hat einen Wachtmeister von altem Schrot und Korn, der regiert das Ganze; er ist wie ein kleiner König. Und ich sage Ihnen, dieser Futtermeister,... nun, der verstand es. Das Remontedepot hatte acht Türen. Als nun das Wetter über uns stand und die ersten Blitze herunterfuhren, stellte er seine acht Knechte an die acht Eingänge, sich selber aber mitten auf diesen Platz da.
    Da stand er wie ein Feldherr, während das Feuer in breiten Scheiben niederfiel. ›Kerls‹, schrie er, ›wenn ich rufe: Vorwärts, Türen auf! dann ist's Zeit, dann hat's eingeschlagen‹. So vergingen wohl zehn Minuten; die Blitze ließen nach, ein Hagelwetter kam, Körner wie die Taubeneier. Mit einem Mal schwieg auch das; der Hagel war wie abgeschnitten. Aber im nächsten Augenblick ›Krach‹ und der Blitz lief über den First hin. ›Vorwärts!‹ Alle Türen flogen auf; die Schloßen fielen nieder wie ausgeschüttet, und im nächsten Moment jagten die einhundertundachtzig schwarzen Pferde an mir vorbei, hier über die Brücke hin, in die Bütenheide hinein, auf Pausin zu. Zwölf Minuten später hatten wir die Spritzen hier; denn als die einhundertundachtzig schwarzen Pferde wie die wilde Jagd durchs Dorf jagten, da wußten die Pausiner, was los war. ›Das Remontedepot brennt‹ und heidi ging es in den Wald hinein, auf das Depot zu. Solch Wettfahren hat die alte Bütenheide ihr Lebtag nicht gesehen. Ein schöner Tag war es, aber ich mag ihn nicht wieder erleben.«
     
3. Die Königseiche
     
    Man sieht noch am zerhaunen Stumpf,
    Wie mächtig war die Eiche.
    Uhland
    Diese Erzählung konnte nicht umhin, uns leise daran zu mahnen, daß wir noch einen Teil unserer Wanderung vor uns hätten, ein letztes Drittel, einen Schlußabschnitt, den es auf alle Fälle gut sei hinter sich zu haben, umso mehr als das sich ansammelnde

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