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Brenda Joyce

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Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deadly 05 - Nacht der Angst
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Kapitel 1
    NEW YORK CITY,
    DIENSTAG, 18. FEBRUAR 1902 – 21:00 UHR
    Francesca
Cahill war stolz auf ihren gesunden Menschenverstand, ihre Charakterstärke und
ihren Intellekt. Doch in der ganzen Stadt war sie in Wahrheit nicht nur als
Blaustrumpf und Reformistin, sondern auch als Exzentrikerin bekannt. Sehr zum
Leidwesen ihrer Mutter, Mrs. Julia van Wyck Cahill – eine der führenden Damen
der Gesellschaft –, die sich nichts sehnlicher wünschte, als ihre Tochter in
einer guten Partie zu vermählen. Aber Francesca hatte ganze andere Pläne. Denn
seit kurzem war sie als die erfolgreichste Amateurdetektivin der Stadt
unterwegs. Was bedeutete, dass sie sich des Öfteren einige gute Ausreden
einfallen lassen musste.
    Und am heutigen Tag hatte Francesca einen
Heiratsantrag von dem begehrtesten (und berüchtigtsten) Junggesellen der Stadt
bekommen, von Calder Hart. Wie glücklich Julia sein würde, wenn sie von seinem
Wunsch, ihre Tochter zu heiraten, erführe! Francesca hatte schreckliche Angst
davor, dass sich Julia und Hart gegen sie verschwören könnten. Denn sie
sträubte sich nicht nur mit Haut und Haaren dagegen, zu heiraten, sondern
liebte zudem noch einen anderen Mann.
    Am morgigen Tag wollte sie Hart einen Besuch abstatten und ihm
dies klarmachen. Ach, wie sie sich vor dieser Begegnung fürchtete, denn sie
wusste, dass es ein unangenehmes Treffen werden würde.
    Wenn ich doch nur fünfzig Jahre alt und dick
und rund wäre, dachte sie gerade und verließ mit grimmigem Gesicht den Salon.
Draußen im Flur begegnete sie ihrem Vater.
    Andrew Cahill war dem Aussehen nach ein
gütiger Mann – etwas korpulent, von mittlerer Größe –, und wenn man ihn so
ansah, hätte man niemals vermutet, dass er Millionär war. Er hatte in Chicago
ein Vermögen mit der Fleischverarbeitung gemacht und war mit seiner Familie an
die Ostküste gezogen, als Francesca noch ein Kind war. Francesca, inzwischen
zwanzigjährig, wusste, dass sie sein Liebling war und das nicht etwa, weil ihre
Schwester und ihr Bruder älter waren als sie. Sie mochte Andrew nicht im
Aussehen ähneln – denn sie kam mit ihrem blonden Haar und den blauen Augen ganz
nach ihrer Mutter Julia –, aber sie ähnelte ihm in ihrer Wesensart. Andrew war
ein leidenschaftlicher Reformist, politisch und sozial engagiert wie ein jeder
der Mellons oder der Astors. Und es gab nur einen einzigen Menschen auf dieser
Welt, den Francesca mehr bewunderte: Rick Bragg, der neu ernannte
Polizei-Commissioner von New York.
    Im Moment hoffte sie, verzweifelt und beunruhigt wie sie war, dass
man ihr ihre Sorgen nicht anmerkte, denn ihr Vater kannte sie nur zu gut und
würde wissen wollen, was ihr so zusetzte. Schlimmer noch, sie spürte, dass er
auf der Suche nach ihr gewesen war, und er sah ganz und gar nicht erfreut aus.
    »Da ist ein Anruf für dich, Francesca. Es ist Rick Bragg«, sagte
Andrew ungehalten.
    Sie wurde ganz starr vor Überraschung. Es war
schon spät und ganz gewiss nicht die richtige Zeit für einen Höflichkeitsanruf.
Womöglich hatte Bragg von Calder Harts Antrag erfahren? Er würde außer sich
sein! Calder Hart und Rick Bragg waren Halbbrüder und in ihrer Beziehung regierten
Unbehagen und Spannungen. Sie war sich bewusst, warum ihr Vater so
missbilligend klang. Rick Bragg war ein verheirateter Mann – wenn auch sehr
unglücklich verheiratet – und ihren Eltern missfiel ihre Freundschaft.
    Francesca dankte ihrem Vater für die Nachricht und eilte in die
Bibliothek, einen holzgetäfelten Raum mit Buntglasfenstern. Der Hörer lag
neben dem Apparat auf dem Schreibtisch. Sie hob ihn an ihr Ohr. »Bragg?«,
fragte sie mit einem atemlosen Lächeln und sah ihn in Gedanken vor sich:
attraktiv, mächtig und entschlossen.
    Er war einer der charismatischsten Männer,
die ihr je begegnet waren, und – wichtiger noch – von überaus edler Gesinnung.
Wenn es überhaupt jemandem gelingen sollte, den korrupten Polizeiapparat der
Stadt zu reformieren, dann ihm. Leider stand er dabei unter einem immensen
politischen Druck.
    »Es hat einen weiteren Fall von Vandalismus gegeben, Francesca«,
verkündete er ohne Umschweife.
    Sie umklammerte den Hörer und vergaß unverzüglich ihr persönliches
Dilemma. In der letzten Woche war das Atelier ihrer Freundin Sarah Channing
verwüstet und beinahe zerstört worden. Man hatte den Fall allerdings vorübergehend
zu den Akten gelegt, da Sarah selbst nichts geschehen war. »Etwa wieder in
einem Kunstatelier?«, fragte Francesca

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