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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Domumbaus zu Havelberg ganz zu geschweigen. Täuschungen, wie die mit der Sündenwaage, liefen beständig mit unter und in ihrem Gefolge selbstverständlich auch Mißhelligkeiten und Verlegenheiten aller Art. Ein böhmischer Graf, der eine lahme Hand hatte, weihte genesungshalber dem Wunderblut eine silberne Hand, ohne daß die Weihgabe helfen wollte. Trotzdem wurde gepredigt, die silberne Hand habe geholfen, welcher Lug und Trug freilich auf der Stelle bestraft wurde. Denn der Kranke, den man irrtümlich abgereist glaubte, hatte Wilsnack noch nicht verlassen und hob, als er die Lüge hörte, seine lahme Hand auf, um sie dem Volk unter Verwünschungen zu zeigen.
    Aber solche Verlegenheiten, so viel ihrer sein mochten, erfuhren immer rasch ihren Ausgleich. Ein von Wenckstern auf Lenzerwische hatte das Wunderblut verspottet und erblindete. Zitternd kam er, seine Sünde zu beichten und seinen erneuerten Glauben zu bekennen, und in derselben Stunde kehrte dem Reumütigen das Augenlicht zurück. Unter allen Umständen aber, und das war die Hauptsache, setzten sich die Wallfahrten fort, die, soweit sie von Süden und Westen kamen, an Burg Quitzöwel vorüber mußten und das Ihrige dazu beitrugen, das ohnehin bewegte Leben daselbst immer bunter und anregender zu gestalten. Am meisten für die beiden Söhne Dietrich und Johann.
     
2. Kapitel
     
Dietrich und Johann von Quitzow bis zum Tode des Vaters. 1395
    1385 wurde den beiden Quitzowschen Junkern ein Bruder geboren (noch nicht der jüngste), der in der Taufe den Namen Konrad empfing. Sein Leben war zu friedlichem Verlaufe bestimmt und endete doch tragisch wie das seiner Brüder. Wir kommen in einem späteren Kapitel darauf zurück.
    Den Sommer und Herbst genannten Jahres 1385 verbrachten Dietrich und Johann von Quitzow, von denen jener jetzt 19, dieser 15 Jahre zählte, zu großem Teil auf Schloß Wittenberge, wo sich ihr Spiel-und Jugendgenosse, der etwas ältere Kaspar Gans zu Putlitz, eben damals um die Gunst eines schönen Fräulein von Restorf auf Haus Garsedow bewarb. Freilich vergeblich. Sie war bereits verlobt. Im November waren beide Brüder wieder in Quitzöwel daheim und wenige Wochen später, zu Beginn der Adventzeit, trafen auch die Rühstädter und Kletzkeschen Oheime zu gemeinschaftlicher Begehung des Christfestes bei Köne von Quitzow ein. Mit ihnen zugleich erschienen Johann von Wopelitz (damals noch nicht Bischof), Otto von Rohr und Klaus von Möllendorf, was aber dem festlichen Beisammensein eine ganz besondere Kurzweil und Anregung zu geben versprach, war, daß sich auch fahrendes Volk von zwei Seiten her eingefunden und zu gemeinschaftlichem Spiel in der großen Halle zusammengetan hatte. Da gab es denn einen wahren Wetteifer und Sängerkrieg. Einer aus dem Halberstädtischen sang ein neues Harzgrafenlied, ein Lied auf Graf Dietrich von Wernigerode, der, wegen seiner Räubereien und Viehdiebstähle, von den Magdeburgern bekriegt und nach erfolgter Gefangennahme nicht nur enthauptet, sondern zu besonderer Erniedrigung auch noch an den Füßen gehenkt worden war. Der, der diese Reime rezitierte, war derselbe, der, zehn Jahre früher, das andere schone Harzgrafenlied von Busso von Alvensleben nach Burg Quitzöwel gebracht hatte, heut aber, so sehr auch das neue Lied ansprach, unterlag er doch einem gleichzeitig mit ihm eingetroffenen Spielmann aus dem Lübischen, der in einer reimlosen und halb dithyrambischen Ballade von den von den Schweden und Dänen und zumeist von der Hansa gefürchteten Seeräubern erzählte, die, seit Jahr und Tag, die Nord- und Ostsee befuhren und um der »Viktualien« willen, womit sie das belagerte Stockholm eine Zeitlang verproviantiert hatten, die Viktualien- oder Vitalienbrüder hießen. Andere nannten sie die »Likedeeler« oder Gleichteiler, wie ihr Raub, wenn er verteilt wurde, zu gleichen Teilen ging. Während des letzten Sommers aber, und das war der eigentliche Inhalt der Ballade, hatten sie gegen ein hochbordiges Orlogschiff der Stralsunder, das sie mit mehreren ihrer kleinen Schiffe tollkühn anzugreifen versuchten, unterlegen, und einige Hundert von ihnen waren gefangengenommen worden. Und nun entstand die Frage, wohin mit ihnen? Auf dem Orlogschiffe, so groß es war, hatte man nicht Ketten und Stöcke genug, um sie zu schließen, und die Gefangenen andererseits bei freier Bewegung zu belassen, verbot sich, weil man sich wohl entsann, wie die Vitalienbrüder, bei sehr ähnlichen Gelegenheiten, die schlafende

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