Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Pommern alle;
Da schwebte der märkische Adler hoch
Und die Greifen kamen zu Falle.
Die Gans aber wuchs in Grimme noch,
Sie schlug mit den Flügeln ein Brescheloch
Und da stand sie nun zwischen den Steinen,
Und als sie bis zum Markte kam,
Waren sie zehn gegen einen.
Da gingen die Schwerter die Klinker die Klang,
Herr Detleff Schwerin mit dem Putlitz rang
Und wollte den Preis erwerben;
Da mußte Herr Detleff von Schwerin
Für seinen Erbherrn sterben.
Das war des Herzogs schwerster Tag,
Als da Herr Detleff vor ihm lag,
Zerhackt, in Blut und Wunden,
Und er rief: »O hätt' ich über den Damm
Erst wieder zurück gefunden!«
Er sprach es und ritt im Zuge vorn,
Er gab seinem Rosse Schlag und Sporn
Und suchte die Zügel zu fassen;
So kam er bis an das »hohe Haus«,
Da ward er eingelassen.
Das war zu Vierraden. Auf Schlosses Brück'
Noch einmal sah er zurück, zurück,
Im Herzen voll Weh' und Leide:
»Kettr-Angermünde, du vielgute Stadt,
Daß so ich von dir scheide!«
*
Der aber, der dies Lied euch sang,
Ein Schmiedeknecht ist er schon lang
Und sie nennen ihn Köne Fincken;
Und er führt ein Hämmerchen auf der Hand
Und Gut-Bierchen mag er trinken.
So das Lied von der Eroberung von Ketzer-Angermünde, an das ich, eh ich zu einer Schlußbetrachtung über die Quitzows und ihr Recht oder Unrecht übergehe, noch einige literarische Bemerkungen knüpfen möchte.
Das deutsche Volkslied beziehungsweise die deutsche Volksballade gefeiert zu sehen, ist seit den Tagen Herders und der Romantiker etwas Herkömmliches geworden, darüber aber, daß neben diesem allgemein Volksliedmäßigen auch noch eine historische, nach der dichterischen wie landesgeschichtlichen Seite hin gleich ausgezeichnete Volksballade geblüht hat, ist man hinweggegangen, entweder weil man die Tatsache nicht genügend gekannt oder sie nicht recht zum Bewußtsein gebracht hat. Und doch ist in niederdeutschen Landen (auf welche sich meine Bemerkungen ausschließlich beziehen) ein, um es zu wiederholen, speziell historischer Balladenschatz gezeitigt worden, der an Schönheit und Bedeutung hinter dem englisch-schottischen nicht zurückbleibt, ja ihn vielleicht in diesem und jenem übertrifft. Jede der von mir mitgeteilten Balladen kann als ein Beweis dafür gelten, und Dichtungen wie die vom »Cremmer Damm« und von »Ketzer-Angermünde«, reichen an die Chevyjagd, die Schlacht bei Otterbourne, den Aufstand in Northumberland und viele andere Percy- und Douglasballaden heran. 13 Wer sich der Aufgabe unterzöge, das zu suchen und zu bearbeiten, was von etwa 1330 bis 1530 an derartigen historischen Volksepen und Volksballaden in Norddeutschland, ganz besonders aber in Westfalen, Friesland und Schleswig-Holstein gedichtet worden ist, würde der Literatur und landesgeschichtlichen Forschung einen gleich großen Dienst leisten und vielleicht imstande sein, manches davon (ähnlich wie sich das Nibelungenlied einzubürgern wußte) den Schmuck- und Lieblingsstücken unserer insonderheit der Schule dienenden Anthologien einzureihen.
Chevyjagd
»... Nun denn, wohlan!« rief Percy da,
»Dies Feld sei unsere Schranke,
Noch schlüpfte keiner mir hindurch.
Sei's Schotte oder Franke.
Das ist der Hirsch, den ich gesucht,
Nun lohnt es sich zu jagen,
Es brennt mein Herz, Mann gegen Mann,
Die Schlacht mit ihm zu schlagen.«
Lord Douglas hört's. Er ruft ihm zu:
»Da soll mich Gott verderben,
So wahr ein Lord ich bin wie du
Du oder ich muß sterben.
Doch hör mich, Percy, Schande wär's
Und Schimpf an unsrem Leben,
So vieler Mannen schuldlos Blut
Mit in den Kauf zu geben.
Es sei all' unser Streit gelegt
In unsre beiden Speere...«
»Verdammt sei der, rief Percy da,
Der andren Sinnes wäre...«
Das gab ein Stechen und ein Hau'n,
Manch breite Wunde klaffte,
Längst unser englisch Bogenvolk
Nicht mehr den Bogen straffte.
O Christ, es war für Herz und Sinn
Ein Leid, nicht auszusagen,
Wie stöhnend da in Sand und Blut
Die Menschenknäule lagen.
Und immer schwankte noch die Schlacht,
Da endlich...
Cremmer Damm
Markgraf Ludwig, der tapfere Held,
Zum Damme sah man ihn reiten,
Er dachte: »Die Pommern stehen im Feld
Und werden den Damm überschreiten.
Trompeter, sage dem Herzog an,
Ich hätte groß Verlangen,
Ihn und seine Ritter, Mann für Mann,
Hier drüben zu empfangen.
Und wenn es hier drüben ihm nicht behagt,
So wollt ich ihm
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