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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Gotthard Erler , Rudolf Mingau
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dichter Schilfgürtel, der namentlich in Front des Karwer Parkes wie ein Wasserwald sich hinzieht und wohl mehrfach eine Breite von hundert Fuß und darüber haben mag. An dieses Schilfufer knüpft sich eine Geschichte, die uns am besten in das starke und frische Leben einführt, das hier ein halb Jahrhundert lang zu Hause war und von dem ich Gelegenheit haben werde manchen hübschen Zug zu erzählen.
    Es war im Jahre 1785. Der Sohn des alten Zieten auf Wustrau war Cornet im Leibhusarenregiment seines Vaters, und der Sohn des alten Knesebeck auf Karwe war Junker im Infanterieregiment von Kalckstein, das damals in Magdeburg stand. Der Zufall wollte, daß beide zu gleicher Zeit Urlaub nahmen und auf Besuch nach Haus kamen. Die beiden Nachbarfamilien lebten auf dem besten Fuß miteinander, und auch die jungen Leute unterhielten einen freundschaftlichen Verkehr. Man sah sich oft und machte gemeinschaftliche Partien. Es war im August, See und Himmel blauten, und der Schilfwald, der sich im Wasser spiegelte, stieg wie eine grüne Mauer aus dem Grunde des Sees auf. An solchem Tage begegneten sich Junker und Cornet am Ufer, plauderten hin und her von der Strenge des Dienstes und von der Lust des Krieges und kamen endlich überein, in Ermangelung wirklichen Kampfes, zwischen Karwe und Wustrau eine Seeschlacht aufzuführen. Man machte auch gleich den Plan. Die Knesebeckschen sollten von Karwe her heftig angreifen und die Zietenschen bis nach Wustrau hin zurückdrängen, dann aber sollten diese sich rekolligieren und die Knesebeckschen in ihren Schilfwald zurückwerfen. So war es beschlossen. Man schied mit herzlichem Händeschütteln und freute sich auf den andern Tag. Die Eltern nahmen Anteil, und beide Dörfer gerieten in Aufregung. Nach Ruppin hin ergingen Einladungen an befreundete Offiziere, Pulver wurde beschafft und während Cornet und Junker ihre Dispositionen trafen, verwandelten sich die Herrenhäuser von Karwe und Wustrau in Kriegslaboratorien, drin allerhand Feuerwerk, Schwärmer, Raketen und Feuerräder in möglichster Eile hergestellt wurden. So kam der ersehnte Abend. Mit dem Glockenschlage neun liefen beide Flotten aus, jede sechs Kähne stark, das Admiralboot vorauf. Als man aneinander war, begann die Schwärmerkanonade, vom Ufer her scholl der Jubel einer dichtgedrängten Menschenmenge, und als ein pot à feu seine Leuchtkugeln in die Luft warf, zogen sich verabredetermaßen die Zietenschen nach Wustrau hin zurück. Aber nur auf kurze Distance. Eh sie noch in die Nähe des Hafens gekommen waren, wandten sie sich wieder, und drei große Raketen fast horizontal über das Wasser hinschießend, gingen sie jetzt ihrerseits mit verdoppeltem Ruderschlag zur Attaque über. Die Karweschen hielten einen Augenblick stand, aber nicht lange, dann begann ihre Retraite. Die Wustrauschen setzten nach und waren eben auf dem Punkt die Fliehenden bis in das dichte Schilf hinein zu verfolgen, als ein lautes, staunendes Ah, das vom Ufer her herüberklang, die Verfolgenden stutzen ließ und ihre Blicke nach rückwärts lenkte. Die Sieger waren gefangen . Im Karweschen Schilf hatte sich eine Flottille versteckt gehalten, die der Junker vom Regimente von Kalckstein als Mietstruppe für diesen Tag angeworben und von seinem Taschengelde bezahlt hatte. Es waren Fischerboote von Alten-Friesack her, vierundzwanzig an der Zahl, jedes mit einer Laterne hoch am Mast. In langer Linie kamen sie aus dem Schilf hervor und legten sich quer vor. Das Laternenlicht war hell genug, die Fischergestalten zu zeigen, wie sie da standen mit vorgehaltenem Ruder, bereit, jeden Fluchtversuch zu vereiteln. Die Wustrauschen machten gute Miene zum bösen Spiel und sprangen lachend ans Ufer. Nie wurden Gefangene schmeichelhafter begrüßt. Als sie in den Karweschen Park traten, sahen sie dicht vor dem Herrenhause eine Ehrenpforte errichtet, an deren Spitze das von Lichtern umgebene Bild des alten Zieten leuchtete, darunter die Unterschrift: »Voilà notre modèle.« Am andern Tage erhielt der Junker von dem Knesebeck eine Einladung nach Wustrau. Der alte sechsundachtzigjährige Zieten, der gemeinhin einen grauleinenen Kittel trug, saß heut in voller Uniform auf seinem Lehnstuhle und rief den eintretenden Junker zu sich heran: »Komm her, mein Sohn, und küsse mich. Werde so ein braver Mann wie dein Vater.« Knesebeck trat heran und bückte sich, um dem Alten die Hand zu küssen. Dieser aber legte beide Hände auf den Kopf des Junkers und sprach bewegt:

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