Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Gotthard Erler , Rudolf Mingau
Vom Netzwerk:
und für Lohn und Bedienung daraufging, wurde den Armen gegeben. Die Tafel war reichlich besetzt, aber er selbst aß regelmäßig nur eine Soldatensuppe und ein einfaches Stück Fleisch. Als er einen jungen Offizier zum Nachbar flüstern hörte, daß der Alte sich seine frugale Kost sehr gut schmecken lasse, ward auch noch das Fleisch aus der Suppe getan. Denn wie er an Umsicht, Raschheit und verschlagener Tapferkeit ein Geistesverwandter des alten »Husarenvaters« auf Wustrau war, so war er es auch in Schlichtheit, Rechtschaffenheit und Unbestechlichkeit. Die Worte des Prinzen Heinrich, die Zieten so schön charakterisieren (»er verachte alle diejenigen, die sich auf Kosten unterdrückter Völker bereicherten«), passen ebenso auf Günther. Seine kurze Verwaltung Südpreußens war deshalb in mehr als einer Beziehung ein Segen für jene Landesteile. Seine Uneigennützigkeit erwarb ihm die Achtung von Freund und Feind, und selbst die polnische Bevölkerung näherte sich ihm und unterwarf sich in streitigen Fällen seiner Entscheidung. Von Suworow, den er öfter sah, wurd er in ausgezeichneter Weise empfangen. » Ich freue mich, heute einen wahren General kennenzulernen «, waren die ersten Worte, womit der damals im Zenit seines Ruhmes stehende Praga-Erstürmer unsern General begrüßte, und als Günther mehrere Jahre später ein in Südpreußen zurückgebliebenes, völlig vergessenes russisches Magazin unaufgefordert an Suworow zurückliefern wollte, rief dieser verwundert aus: »Solch einen Glauben hab ich in Israel nicht funden.« Freilich, es war so unrussisch wie möglich.
    An Gehorsam, an Diensttreue war ihm keiner gleich. Seine stete Klage war, daß der König schlecht bedient werde . Nach Natur und Überzeugung war er ein Mitglied jenes hohen Kriegerordens, der sich während der Regierungszeit des großen Königs gebildet hatte und dessen erste und einzige Regel lautete, »im Dienste des Vaterlandes zu leben und zu sterben«. Das Opfer war Gebot, war Leidenschaft . Preußen über alles. Noch wenige Wochen vor seinem Hinscheiden, als ihm erzählt wurde, daß die Grenadierbataillone die alten Grenadiermützen wieder erhalten hätten, rief er aus: »Gott gebe, daß mit den alten Mützen auch der alte Geist der Gleimschen Grenadiere wieder dasein möge, dann werden sie und Preußen unüberwindlich sein.« Der Tod ersparte ihm die bittre Erfahrung, daß der »alte Geist« unwiederbringlich verloren war.
    Es war ihm in einem der Pflicht und dem Dienste gewidmeten Leben nicht vergönnt worden, die höchsten Aufgaben zu lösen, Aufgaben, zu denen er, der Aussage aller derer nach, die ihm nahestanden, wohl befähigt gewesen wäre. Wenn ihm aber das Höchste zu tun auch versagt blieb, das Beste lebte nicht nur in ihm, er betätigte sich auch darin.
    Mög es dem Vaterlande nie an Männern fehlen gleich ihm!
----
    Boyen hat auch in bezug hierauf eine etwas prosaischere Version. Er schreibt: »Günther zog sich früh aus dem Treiben der Welt und der Gesellschaft zurück. Was ihn zu dieser Zurückgezogenheit bestimmte, ob es schmerzlich zerrissene Lebensverbindungen waren (also unglückliche Liebe , aber nichts von einem Keuschheitsgelübde), mag dahingestellt bleiben.« Auch der »Gewaltigkeit seines Körpers« erwähnt Boyen nicht; vielmehr spricht er viel von der Kränklichkeit des Generals, die nur in dessen moralischer Kraft ihr Gegengewicht gefunden habe. Er war auch hierin ganz dem alten Zieten verwandt, der bekanntlich immer leidend und zuzeiten völlig hinfällig war. ._.
----

7. Karl Friedrich Schinkel
    Ehrwürdig dünkt euch gotische Kunst mit Recht;...
Doch schätz ich mehr Einfaches, dem ersten Blick
Nicht gleich enthüllbar.
    Platen

     
    Unter allen bedeutenden Männern, die Ruppin, Stadt wie Grafschaft, hervorgebracht, ist Karl Friedrich Schinkel der bedeutendste. Der »alte Zieten« übertrifft ihn freilich an Popularität, aber die Popularität eines Mannes ist nicht immer ein Kriterium für seine Bedeutung. Diese resultiert vielmehr aus seiner reformatorischen Macht, aus dem Einfluß, den sein Leben für die Gesamtheit gewonnen hat, und diesen Maßstab angelegt, kann der »Vater unsrer Husaren« neben dem »Schöpfer unsrer Baukunst« nicht bestehn. Wäre Zieten nie geboren, so besäßen wir (was freilich nicht unterschätzt werden soll) eine volkstümliche Figur weniger, wäre Schinkel nie geboren, so gebräch es unsrer immerhin eigenartigen künstlerischen Entwicklung an ihrem wesentlichsten Moment.

Weitere Kostenlose Bücher