Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin
Ich komme weiterhin ausführlicher auf diesen Punkt zurück.
Karl Friedrich Schinkel wurde am 13. März 1781 zu Neuruppin geboren. Wir wissen wenig von den ersten Jahren seiner Kindheit. Wenn Berühmtheiten in ihren alten Tagen sich entschließen, ihre Biographie zu schreiben, so geschieht es wohl, daß die ersten, also die sich mit ihrer Kindheit beschäftigenden Kapitel zugleich auch die interessantesten werden. Die Betreffenden, nachdem sie am Tische von Fürsten und Herren gesessen und sich genugsam von der Wahrheit des »alles ist eitel« überzeugt haben, kehren dann mit einer rührenden Vorliebe zu den Spielen ihrer Kindheit zurück und verweilen lieber bei diesen als bei dem Ordens- und Ehrenempfang ihrer späteren Jahre. Anders, wenn Berühmtheiten es verschmähen oder vergessen, ihre Lebensschicksale niederzuschreiben, und nur das zu unsrer Kenntnis kommt, was andre von ihnen wissen. Diese »anderen« wissen in der Regel wenig oder nichts von den Kinderjahren des berühmten Mannes, sie lebten damals kaum, und der Berühmte hat die vielleicht hübschesten Kapitel seines Lebens mit ins Grab genommen. So oder ähnlich verhält es sich mit Schinkel. Er hat seine Biographie nicht geschrieben, und wiewohl seine mittlerweile herausgegebenen »Briefe und Tagebücher« ein Material von seltener Reichhaltigkeit für das spätere Leben Schinkels bieten, so schweigen sie doch über seine Kinderjahre. Ich habe an seinem Geburtsorte nachgeforscht. Es lebten noch Personen, die ihn als Kind gekannt hatten, und ich gebe in nachstehendem, was ich über ihn erfuhr. Sein Vater war Superintendent in Ruppin und starb infolge der Anstrengungen, die er während des großen Feuers, das im Jahre 1787 die ganze Stadt verzehrte, durchzumachen hatte. Auch die Superintendentenwohnung ward in Asche gelegt, so daß von dem Hause, darin Schinkel geboren wurde, nichts mehr existiert. Es stand ungefähr an derselben Stelle, wo sich die jetzige Superintendentenwohnung befindet, aber etwas vorgelegen, auf dem jetzigen Kirchplatz, nicht an demselben. Die Mutter Schinkels (eine geborne Rose und der berühmten gleichnamigen Gelehrtenfamilie, der die Chemiker und Mineralogen Valentin, Heinrich und Gustav Rose zugehörten, nahe verwandt) zog nach dem Hinscheiden ihres Mannes in das sogenannte Predigerwitwenhaus, das, damals vom Feuer verschont geblieben, sich bis diesen Tag unversehrt erhalten hat. In diesem Hause, mit dem alten Birnbaum im Hof und einem dahinter gelegenen altmodischen Garten, hat Schinkel seine Knabenzeit vom sechsten bis vierzehnten Jahre zugebracht.
Aus seiner frühesten Jugend ist nur folgender kleiner Zug aufbewahrt worden. Sein Vater zeichnete ihm öfter allerlei Dinge auf Papier, namentlich Vögel . Der kleine Schinkel saß dann dabei, war aber nie zufrieden und meinte immer: » Ein Vogel sähe doch noch anders aus .« Sein Charakter nahm früh ein bestimmtes Gepräge an; er zeigte sich bescheiden, zurückhaltend, gemütvoll, aber schnell aufbrausend und zum Zorn geneigt. Eine echte Künstlernatur. Auf der Schule war er nicht ausgezeichnet, vielleicht weil jede Art der Kunstübung ihn von frühauf fesselte und ein intimeres Verhältnis zu den Büchern nicht aufkommen ließ. Seine musikalische Begabung war groß; nachdem er eine Oper gehört hatte, spielte er sie fast von Anfang bis zu Ende auf dem Klaviere nach. Theater war seine ganze Lust. Seine ältere Schwester schrieb die Stücke, er malte die Figuren und schnitt sie aus. Am Abend gab es dann Puppenspiel.
In seinem vierzehnten Jahre zog seine Mutter nach Berlin, und Schinkel kam nur noch besuchsweise nach Ruppin, besonders nach Kränzlin, einem nahebei gelegenen Dorfe, an dessen Pfarrherrn seine ältere Schwester verheiratet war. Nach Kränzlin hin, wie schon hier bemerkt werden mag, adressierte er auch seine Briefe aus Italien, wohin er im Jahre 1803 seine erste Reise antrat. Dies Dorf und sein Predigerhaus blieben ihm teuer bis in sein Mannesalter hinein. Unter seinen Jugendarbeiten im Radenslebener Herrenhause (siehe Seite 48 ) befindet sich auch eine Zeichnung der Kränzliner Kirche.
Das Berliner Leben unterschied sich zunächst wenig von den Tagen in Ruppin. Hier wie dort eine Wohnung im Predigerwitwenhause, hier wie dort Besuch des Gymnasiums. Auch auf der Berliner Schule, dem Grauen Kloster, ging es nicht glänzend mit dem Lernen, die Kunst hatte ihn bereits in ihrem Bann. Er zeichnete mit Eifer, und wir sind so glücklich, einige dieser seiner ersten
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