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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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die zu erscheinen sich weigerten. Da sie um die Ursache befragt wurden, schützten sie die Gestalt des Sarges vor, welche nicht erlaube, daß sie dabei ohne Anstoß erscheinen könnten. Man fand nicht für gut, sie weiter zu nötigen, und ließ sie weg.
    Nun stellte sich aber ein zweiter Umstand dar, welcher neue Schwierigkeiten hervorbrachte. Da die Geistlichkeit, von der ein lutherisches Mitglied die Parentation halten sollte, nicht erschien, so war man verlegen, wer dies Geschäft nun übernehmen würde. Nachdem man hin und her gesonnen hatte, verfiel man endlich auf des Verstorbenen Erzfeind, auf David Faßmann. Dieser übernahm es und hielt wirklich die Leichenrede.
    Nach Schluß derselben wurden Lieder gesungen und alle Glocken geläutet. Der bis dahin offengestandene Sarg ward zugemacht, ein Bahrtuch darübergeworfen, und so ging es in bester Ordnung und unter fortgesetztem Läuten bis vor den Schlagbaum von Potsdam hinaus. Hier blieb die Prozession zurück, und nur wenige folgten der Leiche, die auf einen Wagen gesetzt und nach Bornstedt gefahren wurde. Hier wurde sie abgeladen und inmitten der Kirche eingesenkt. – Ein großer, zierlich ausgehauener Leichenstein erhielt folgende Inschrift: ›Allhier liegt begraben der weiland hoch- und wohlgeborne Herr, Herr Jakob Paul Freiherr von Gundling, Seiner Königlichen Majestät in Preußen hochbestallt gewesener Oberzeremonienmeister, Kammerherr, Geheimer Ober-Appellations-, Kriegs-, Hof-, Kammerrat, Präsident der Königlichen Sozietät der Wissenschaften, Hof- und Kammergerichtsrat, auch Historiographus etc., welcher von allen, die ihn gekannt haben, wegen seiner Gelehrsamkeit bewundert, wegen seiner Redlichkeit gepriesen, wegen seines Umgangs geliebt und wegen seines Todes beklagt worden. Anno 1731.‹
    Darunter befindet sich groß und in sauberer Ausführung das freiherrliche Wappen.«
    So etwa der zeitgenössische Bericht.
    Des Wappens auf dem Leichensteine wird nur in aller Kürze Erwähnung getan, und doch ist dasselbe von besonderem Interesse. Es zeigt, daß des Königs Geneigtheit, an Gundling seinen Spott zu üben, auch über den Tod des letztern fortdauerte. Hatte er schon früher durch Erteilung eines freiherrlichen Wappens, auf dem die angebrachten drei Pfauenfedern die Eitelkeit des Freiherrn geißeln sollten, seinem Humor die Zügel schießen lassen, so ging er jetzt, wo es sich um die Ausmeißelung eines Grabsteins für Gundling handelte, noch über den früheren Sarkasmus hinaus, und das Grabsteinwappen erhielt zwei neue Schildhalter: eine Minerva und einen aufrecht stehenden Hasen . Die Hieroglyphensprache des Grabsteins sollte ausdrücken: er war klug, eitel, feige.
    Dieser interessante Stein lag ursprünglich im Kirchenschiff; jetzt ist er senkrecht in die Frontwand eingemauert und wirkt völlig wie ein errichtetes Denkmal.
    Wenn der weiße Marmor so vieler Gräber draußen längst zerfallen sein und kein rot-dunkles Verbenenbeet den Veranda-Begräbnisplatz der Sellos mehr schmücken wird, wird dies wunderliche Wappendenkmal, mit den Pfauenfedern und dem aufrecht stehenden Hasen, noch immer zu unsern Enkeln sprechen, und das Märchen von »Gundling und dem Weinfaßsarge« wird dann wundersam klingen wie ein grotesk-heiteres Gegenstück zu den Geschichten vom Oger .
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Wer war er?
    Ein Kapitel in Briefen aus aller Welt Enden
    In dem vorstehenden Bornstedt-Kapitel ist auf Seite 255 des verstorbenen Professor Samuel Rösels Erwähnung geschehen und an die Nennung seines Namens die Frage geknüpft worden: Wer war er?
    Diese Frage, sowenig passend sie sein mochte, namentlich um des Tones willen, in dem ich sie stellte, hat wenigstens das eine Gute gehabt, mir eine Fülle von Zuschriften einzutragen, aus denen ich nunmehr imstande bin ein Lebensbild Rösels zusammenzustellen.
    Den Reigen dieser Zuschriften eröffnete ein »Hinterwäldler«, wie er sich selber am Schlusse seines, den Poststempel Saint Louis (am Mississippi) tragenden Briefes nennt. Es heißt darin wörtlich:
    »Oh, mein lieber Herr F., röten sich nicht Ihre Wangen über solche Unwissenheit? Professor Rösel war ein hervorragender Mann der Berliner Akademie, eine wohlbekannte, sehr beliebte Persönlichkeit, Anfang der dreißiger Jahre in den Familien Schadow, Spener, Link gern gesehen, wo er durch Satire, Komik und ausgezeichnete Geselligkeit alles zu erheitern wußte. Und nun fragen Sie: Wer war er? Sie haben sich durch diese Frage eine arge Blöße gegeben, und wenn

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