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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Reder. Die feierliche Handlung erfolgte im Schloß. Als Pastor Stiebritz, ein Name, dem wir im Verlauf unsres Aufsatzes noch öfters begegnen werden, die Taufformel sprechen wollte und bis an die Worte gekommen war: »ich taufe dich«, stockte er – die Namen waren ihm abhanden gekommen, der Zettel fehlte. Aber die Verwirrung war nur eine momentane. Von Bischofswerder selbst trat vor, sprach die Namen, und der Pastor, rasch sich wiederfindend, beendete den Akt.
    Der Taufe folgte die Tafel und im Laufe des Nachmittags ein ländliches Fest. Der König blieb; die schöne Jahreszeit lud dazu ein. Noch leben Leute im Dorfe, achtzigjährige, die sich dieses Tages entsinnen. Ein Erinnerungsbaum wurde gepflanzt, ein Ringelreihen getanzt; der König, in weißer Uniform, leuchtete aus dem Kreise der Tanzenden hervor. Am Abend brannten Lampions in allen Gängen des Parks, und die Lichter, samt den dunklen Schatten der Eichen- und Ahornbäume, spiegelten sich im Schlänitz-See. Sehr spät erst kehrte der König nach Potsdam zurück. Er hatte dem Täufling eine Domherrnpräbende als Patengeschenk in das Taufkissen gesteckt. Von Jahr zu Jahr wachsend, steigerte sich der Wert derselben bis zu einer Jahreseinnahme von 4 500 Talern.
    Zwischen diesem 17. Juli 1795 und dem 16. November 1797 lagen noch zwei Sommer, während welcher der König seine Besuche mehrfach erneuerte. Ob er eintraf, lediglich um sich des schönen Landschaftsbildes und der loyalen Gastlichkeit des Hauses zu freuen, oder ob er erschien, um »Geisterstimmen« zu hören, wird wohl für alle Zeiten unaufgeklärt bleiben. Die Dorftradition sagt, er kam in Begleitung weniger Eingeweihter, meist in der Dämmerstunde (der schon erwähnte Generaladjutant von Reder und der Geheimrat Dr. Eisfeld vom Militärwaisenhause in Potsdam werden eigens genannt), passierte nie die Dorfstraße, sondern fuhr über den »Königsdamm« direkt in den Park, hielt vor dem Schlosse und nahm nun an den Sitzungen teil, die sich vorbereiteten. Man begab sich nach der »Grotte«, einem dunklen Steinbau, der im Parke, nach dem rosenkreuzerischen Ritual, in einem mit Akazien bepflanzten Hügel angelegt worden war. Der Eingang, niedrig und kaum mannsbreit, barg sich hinter Gesträuch. Das Innere der Grotte war mit blauem Lasurstein mosaikartig ausgelegt, und von der Decke herab hing ein Kronleuchter. In diese »blaue Grotte«, deren Licht- und Farbeneffekt ein wunderbarer gewesen sein soll, trat man ein; der König nahm Platz. Alsbald wurden Stimmen laut; leiser Gesang, wie von Harfentönen begleitet. Dann stellte der König Fragen, und die Geister antworteten. Jedesmal tief ergriffen, kehrte Friedrich Wilhelm ins Schloß und bald darauf nach Potsdam zurück.
    So die Tradition. Es wird hinzugesetzt, die Grotte sei doppelwandig gewesen und eine Vertrauensperson des Ordens habe von diesem Versteck aus die »musikalische Aufführung« geleitet und die Antworten erteilt. Daß die Grotte eine doppelte Wandung hatte, ist seitdem, und zwar durch den jetzigen Besitzer, der den Bau öffnete, um sich von seiner Konstruktion zu überzeugen, über jeden Zweifel hinaus erwiesen worden. Die Lasursteine existieren noch, ebenso der Akazienhügel. Dennoch gibt es Personen, die den ganzen Schatz Marquardter Volkssage einfach für Fabel erklären. Ich kann diesen Personen nicht beistimmen. Es ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache, daß Bischofswerder ein Rosenkreuzer war, daß er mehr als einmal in Berlin im Palais der Lichtenau, in Sanssouci in einem am Fuß der Terrasse gelegenen Hause, endlich im Belvedère zu Charlottenburg (vergleiche Seite 183 ) wirklich »Geister« erscheinen ließ und daß er bis zuletzt in seinem Glauben an alchimistische und kabbalistische Vorgänge aushielt. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Grotte ähnlichen Zwecken diente, und nur darüber kann ein Zweifel sein, ob der König, der im ganzen vielleicht nur vier-, fünfmal in Marquardt war, an diesen rosenkreuzerischen Réunions teilnahm.
    Am 16. November 1797 starb der König. Noch einmal, auf wenige Tage, wurde Bischofswerder aus der Stille von Marquardt herausgerissen und mitten in die Tagesereignisse hineingestellt, aber nur um dann ganz und für immer in die ihm liebgewordene Stille zurückzukehren.
    Während des Hinscheidens Friedrich Wilhelms II. befand sich Bischofswerder im Vorzimmer. Er traf rasch und mit Umsicht alle Vorkehrungen, die der Moment erheischte, ließ die Eingänge zum Neuen Garten beziehungsweise zum

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