Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
führt, sich als ein blauer Streifen markiert, zogen in langen Rudeln die Havelschwäne; zu beiden Seiten des »Gemündes« aber, an den einfassenden seichten Stellen Spalier bildend, blühten in dichten Guirlanden die weißen Teichrosen aus dem Wasser auf. In einiger Entfernung war es nicht zu unterscheiden, wo das Blühen aufhörte und das Ziehen und Schwimmen begann. Und durch all das Weiß hin, das eben jetzt einen leisen Schimmer der scheidenden Abendröte trug, schob sich unser Kahn an die Caputher Fähre heran, und der Fährmann, am Ufer unser harrend, hieß uns willkommen und beglückwünschte uns als »wieder zurück vom Schwielow «.
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Caputh
Wer hat nicht von Caputh (so heißt das Dorf) gehöret,
Das, in verwichner Zeit, die größte Zier besaß,
Als Dorothea sich, die Brandenburg noch ehret,
Das Schloß am Havelstrom zum Witwensitz erlas.
Bellaminies: »Das itzt-blühende Potsdam«
Man hat bei diesem Schiff das Schiff sich vorzustellen,
Mit dem Kleopatra, in göttlicher Figur,
So einer Venus glich, auf Cydnus' blauen Wellen
Zu dem Antonius, als ihrem Bacchus, fuhr.
Ebendaselbst
Die Sonne war eine halbe Stunde unter, als wir wieder diesseit des Schwielow standen; es war keine Zeit mehr für Caputh; die schmale Mondessichel reichte nicht aus – die Stunde war verpaßt. So sahen wir uns denn vor die Alternative gestellt, ob wir, mit der Chance, den letzten Zug zu versäumen, unseren Rückweg antreten oder, coûte que coûte, in Caputh übernachten wollten. Ich tat die entsprechende Frage, meine Bedenken hinsichtlich des Nachtlagers nicht verschweigend.
Unser Führer (der Leser wird sich freundlichst seiner entsinnen) sah mich leise vorwurfsvoll an und erwiderte dann ruhig: »Sie kennen Boßdorf nicht.«
»Nein.«
»Nun, es ist Liebhaberei, daß er hier festsitzt. Er hat das beste Bier und die besten Betten. Von allem andern rede ich gar nicht. Boßdorf ist ein Name in diesen Gegenden.«
»Gut denn. Also Boßdorf!«
Diese Unterredung war zwischen Fährstelle und Dorf geführt worden; als wir eben schlüssig geworden, hielten wir vor dem Gegenstand unseres Gesprächs. Er reichte vielleicht nicht voll an die Höhe heran, die ihm der Lokalpatriotismus unseres Freundes anzuweisen trachtete, aber er hatte doch, wie ich auf der Stelle wahrnehmen konnte, die unerläßlichste aller Wirtseigenschaften: er war freundlich. Sein Bier und seine Rede lullten mich ein, und ich schlief bis an den hellen Tag. Nur einmal wacht ich auf; ich glaubte in einem Trichter zu liegen (was auch zutraf) und hatte geträumt, der Schwielow habe mich in seine Tiefe gezogen.
Unter einem Lindenbaum in Front des Hauses wurde der Kaffee genommen; die Spatzen musizierten über mir; endlich, als sie ihren Mann durchschaut, hüpften sie vom Gezweige nieder auf den Tisch und nahmen, nach dem Maße meiner Guttat, an meinem Frühstück teil. Ich konnt es ohne Opfer tun; es waren Semmeln in großem Format. Jenseit des Staketenzaunes ging das Leben des Dorfes still-geschäftig seinen Gang: junges Volk, die Sense auf der Schulter, eilte zur Mahd hinaus; Kinder mit Erdbeeren kamen aus dem Walde; Schiffersleute, in weiten Teerjacken, schritten auf den See zu. Ein anmutiges Bild. Ich verstand jetzt Boßdorf vollkommen und warum er hier festsitzt.
Ein Wagen fuhr vor, ein vollgestopfter Kremser. Vormittagsgäste; unverkennbar eine animierte Gesellschaft. Ältliche Herren, junge Damen; aber nicht zu jung.
Boßdorf sprang an den Wagen. Als er wieder an mir vorbei wollte, suchte ich ihn zu fassen und fragte leise: »Potsdamer?« Er aber – mit einer Handbewegung, in der sich eine Welt widerstreitender Empfindungen: Diensteifer und Geschmeicheltsein, Verlegenheit und ironische Schelmerei, aussprach – antwortete im Vorüberfliegen: » Berliner .«
Berliner. Es gereichte meiner Menschenkenntnis wenig zur Ehre, diese Tatsache auch nur einen Augenblick verkannt zu haben. Es war Vollblut. Dabei unverkennbar auf einer sogenannten » ernsten Partie« begriffen.
Dieser Ausdruck mag einzelne meiner Leser überraschen; aber es hat seine Richtigkeit damit. Es gibt zwei Arten von Landpartien. Da sind zunächst die heiteren . Sie sind weithin kenntlich durch ihren starken Prozentsatz an Kindern; nie weniger als die Hälfte. In dem Moment der Landung, wo immer es sei, scheint die Welt aus lauter weißgekleideten kleinen Mädchen mit rosa Schleifen zu bestehen. Die Väter bestellen den Kaffee; das Auge der Mütter gleitet befriedigt
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