Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
1
    Das Hakenkreuz war ihm in die Brust geschnitten worden, bevor er starb. Der Mord war mit einer fast unglaublich entschlossenen Gehässigkeit ausgeführt worden. Es schien ein in die Länge gezogenes Ritual gewesen zu sein, bei dem der oder die Mörder das Opfer lange am Leben gehalten hatten, um ihm soviel Schmerz und Demütigung wie möglich zufügen zu können.
    Dies war zumindest Rune Janssons spontane Vermutung, obwohl er bis jetzt kaum hatte Luft holen können. Der Gerichtsmediziner und die Techniker des Erkennungsdienstes würden noch viele Fragen beantworten müssen.
    Er zwang sich, den Toten nicht mehr anzusehen, und ließ den Blick durchs Zimmer schweifen. In dem offenen Kamin war noch eine schwache Glut zu sehen. Es gab keinerlei Spuren von Kampf. Der oder die Täter waren offensichtlich bewaffnet gewesen.
    Echte Perserteppiche, Ölporträts mit Goldrahmen an den Wänden. Eins der Gemälde stellte den Toten vor vielleicht zwanzig Jahren in Generalsuniform dar. Es war ein typisches Generalsbild: festes Kinn, halbes Profil, Adlerblick, alles, was dazugehört.
    Im Raum roch es nach Urin.
    Rune Jansson sah automatisch unter den Stuhl des Toten.
    Nein, er hatte sich nicht in die Hosen gemacht. Einen Meter von Rune Janssons mit Plastik überzogenen Schuhen entfernt lag eine Generalsuniform, als hätte sie jemand demonstrativ vor dem Toten ausgebreitet. Jemand, der nicht das Opfer hatte sein können, hatte die Uniform angepinkelt. Und dann das Hakenkreuz.
    Rune Jansson trat näher an den toten Mann im Stuhl heran. Der oder die Täter hatten das Hemd unter der Hausjacke aufgeknöpft und die Brust des Opfers entblößt. Mit einem vermutlich sehr scharfen Schneidwerkzeug, wie es in den morgigen Berichten heißen würde, war ein Hakenkreuz in die Brust des Opfers geritzt worden und unter das Hakenkreuz zwei eckige Buchstaben, die das Wort ED {i} bildeten.
    Soviel Rune Jansson erkennen konnte, war das Opfer mit fünf Schüssen getötet worden, von denen vier bewußt keine tödliche Wirkung gehabt hatten. Der tödliche Schuß war aus allernächster Nähe abgefeuert worden. Jemand hatte dem Opfer die Mündung einer Waffe unter die Nase gehalten, dann schräg nach oben gezielt und abgedrückt.
    Die Gewebereste fanden sich noch in fünf Meter Entfernung hinter dem Opfer und auf einer Breite von etwa zwei Metern.
    Die Gewebereste, dachte Rune Jansson.
    Aber so heißt es nun mal. Ich bin Polizeibeamter, und dies ist mein Job. Ich muß klar denken. Wir werden den Scheißkerl schnappen, der das hier angerichtet hat, und deshalb muß ich klar denken.
    Er trat behutsam einige Schritte zurück und versuchte, seine ersten spontanen Eindrücke zu einem Ablauf zu ordnen.
    Sie kommen herein. Sie sind bewaffnet und damit sofort Herren der Situation. Das Opfer, ein alter Militär, leistet angesichts der bewaffneten Übermacht, oder wie ein General das sonst formuliert hätte, keinen Widerstand.
    Sie fesseln ihn an den englischen Ledersessel. Es sind also mindestens zwei Täter, da niemand gern seine Waffe weglegt, um jemanden zu fesseln. Sie benutzen dazu die Krawatte und den Gürtel der Hausjacke. Sie fesseln die Handgelenke an die Armlehnen.
    Dann geht jemand los und sucht die alte Uniform des Opfers. Vielleicht fragen sie den Mann auch, wo sie hängt. Sie werfen die Uniform vor dem Opfer auf den Fußboden und pinkeln darauf; das Labor wird feststellen müssen, ob es sich um den Urin eines Mannes oder zweier Männer handelt; nicht besonders profihaft, eine Urinprobe am Tatort zurückzulassen; Entschlossenheit und Haß dieser Mörder sind offenbar größer als ihr Wille, ungestraft davonzukommen.
    Sie pinkeln also auf seine Uniform. Auf das Eichenlaub, auf die Generalssterne, auf diese Farbkleckse, wie immer die Dinger heißen. Dann fangen sie an, den General langsam zu Tode zu schießen. Es mußte schauerlich weh getan haben. Wie zum Teufel hatte der Mann es geschafft, dabei bei Bewußtsein zu bleiben?
    Erst unterhalb der einen Schulter. Entfernung nur wenige Zentimeter. Man sieht deutlich die Pulverspuren am Einschußloch. Und dann, ja, das ist eine reine Vermutung, dann die eine Kniescheibe. Jetzt tut es wirklich weh, denn den ersten Schuß wird er wegen des Schocks kaum gespürt haben.
    Dann die zweite Schulter, dann die andere Kniescheibe. Sie müssen absolut sicher gewesen sein, nicht gestört zu werden. Nein, diese Mörder denken nicht so. Für sie stehen Rache und Haß im Vordergrund, ein unglaublicher Haß.
    Warum hat der

Weitere Kostenlose Bücher