Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Summen, die dadurch in Umlauf kommen, sind enorm. 1000 Steine = 8 Taler; also sechzehn Millionen (1000 mal 8 mal 16) = 128 000 Taler. Dies auf wenige Familien verteilt, muß natürlich einen Reichtum erwarten lassen, und in der Tat ist er da. Aber wie in Werder, so ist doch auch hier in Glindow dafür gesorgt, daß Rückschläge nicht ausbleiben, und es gibt Zeitläufte, wo die Fabriken mit Schaden arbeiten. Überall im Lande wachsen die Ziegelöfen wie über Nacht aus der Erde, und die Konkurrenz drückt die Preise. Die Zeiten, wo 1000 Steine fünfzehn Taler einbrachten, sind vorläufig dahin, man muß sich, wie schon angedeutet, mit acht und selbst mit siebeneinhalb begnügen. Nun berechne man die Zinsen des Erwerbs- und Betriebskapitals, das Brennmaterial, den Lohn an die Erdarbeiter, die Ziegelstreicher (zwei Taler) und die Tagelöhner, endlich die Kahnfracht (ebenfalls anderthalb Taler), so wird sich ergeben, daß von diesen acht Talern für je 1000 Steine nicht viel zu erübrigen ist. Die Hauptsorge machen immer die Schiffer. Sie bilden überhaupt, wie jeder weiß, der mit ihnen zu tun hatte, eine der merkantil gefährlichsten Menschenklassen. Mit erstaunlicher List und Aushorchekunst wissen sie in Erfahrung zu bringen, welche Kontrakte die Ziegelbrenner mit diesem oder jenem Bauunternehmer der Hauptstadt abgeschlossen haben. Lautet der Kontrakt nun etwa dahin: »Die Steine müssen bis Mitte Oktober abgeliefert sein«, so hat der Schiffer den Ziegelbrenner in der Hand; er verdoppelt seine Forderungen, weil er weiß, er kann es wagen, der Ziegelbrenner muß zahlen, wenn er nicht der ganzen Einnahme verlustig gehen will.
Die glänzende Zeit dieses Betriebes ist vorüber 2) , genau seit jener Epoche, wo die Ziegelbrennerei einen neuen Aufschwung zu nehmen schien, seit Einführung der Ringöfen . Der Ringofen verbilligte die Herstellung des Steins; die ersten, die sich seiner bedienten, hatten enorme Verdienste; jetzt, wo ihn jeder hat, hat er die Produktion zwar gefördert, aber der Wohlhabenheit nur mäßig genützt.
Der Ringofen hat den alten Ziegelofen, wenige Ausnahmen abgerechnet, total verdrängt, und in Erwägung, daß diese Kapitel nicht bloß auf dem Lande, sondern auch von Städtern gelesen werden, die nur allzuselten Gelegenheit haben, Einblick in solche Dinge zu gewinnen, mag es mir gestattet sein, einen Ringofen, seine Eigentümlichkeiten und seine Vorteile zu beschreiben.
Der Ringofen hat seinen Namen von seiner Form; er ist ein Rundbau. Seiner Einrichtung nach könnte man ihn einen Kammer- oder Kapellenofen nennen; seiner Haupteigenschaft nach aber ist er ein Spar ofen. Er spart Feuerung. Wir kommen darauf zurück.
Zunächst seine Form und Einrichtung. Um beide zu schildern, greifen wir nach einem Bilde, das vor einigen Jahren, als es galt, das Pariser Ausstellungsgebäude anschaulich zu beschreiben, vielfach gebraucht wurde. Wir modifizieren es nur. Denken wir uns also eine gewöhnliche runde Torte, aus der wir das Mittel- oder Nußstück herausgeschnitten und durch eine schlanke Weinflasche ersetzt haben, so haben wir das getreue Abbild eines Ringofens. Denken wir uns dazu die Torte in zwölf gleich große Stücke zerschnitten, so haben wir auch die Einrichtung des Ofens: sein Zwölfkammersystem. Die in der Mitte aufragende Weinflasche ist natürlich der Schornstein.
Das Verfahren ist nun folgendes. In vier oder fünf der vorhandenen, durch Seitenöffnungen miteinander verbundenen Kammern werden die getrockneten Steine eingekarrt, in jede Kammer 12 000. Ist dies geschehen, so wird die Gesamtheit der erwähnten vier oder fünf Kammern durch zwei große Eisenschieber, der eine links, der andere rechts, von dem Reste der Kammern abgesperrt. Nun beginnt man in Kammer 1 ein Feuer zu machen, nährt es, indem man von oben her durch runde Löcher ein bestimmtes Quantum von Brennmaterial niederschüttet 3) , und hat nach vierundzwanzig Stunden die 12 000 Steine der ersten Kammer völlig gebrannt. Aber (und darin liegt das Sparsystem) während man in Kammer 1 eine für 12 000 Steine ausreichende Rotglut unterhielt, wurden die Nachbarsteine in Kammer 2 halb, in Kammer 3 ein Drittel fertig gebrannt, und die Steine in Kammer 4 und 5 wurden wenigstens »angeschmoocht«, wie der technische Ausdruck lautet. Die Steine in Kammer 2, die nun am zweiten Tage unter Feuer kommen, brauchen natürlich, halb fertig, wie sie bereits sind, ein geringeres Brennmaterial, um zur Perfektion zu
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