Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
werden. 2)
Dies war ein böser Fleck, eine häßliche Wandlung; aber das Häßlichere kam noch nach. Die Sache währte nicht lange; der Kaiser dachte bald anders und ließ den Waldemar im Frühjahr 1350 ebenso leicht wieder fallen, wie er ihn achtzehn Monate früher erhoben hatte. Die Häuser Luxemburg und Bayern söhnten sich aus. Waldemar war nun wieder nichts oder doch nicht viel; nur die askanische Partei stand noch zu ihm. Einzelne treue unter den Städten suchten ihn auch jetzt noch zu halten, nur nicht Chorin . Die Machthaber hatten ihn fallenlassen, und das Kloster tat selbstverständlich dasselbe. Von einem Einstehen, einem Zeugnisablegen, von dem, was wir heute Charakter und Gesinnung nennen würden, keine Spur. Nach halbjähriger Teilnahme an der Waldemar-Komödie war Chorin wieder so gut bayrisch, wie es vorher gewesen war. Die bayrischen Markgrafen ihrerseits waren auch zufrieden damit und machten aus dem flüchtigen Abfall nicht allzuviel. Sie drückten zwar in einer Urkunde ihren Unmut und ihre Trauer darüber aus, das Kloster nicht fest befunden zu haben; aber das war wenig mehr als eine Formalität, die Sache war beigelegt und Chorin wieder angesehen, vielleicht angesehener als zuvor. Es hielt nun auch aus, solange die Bayern im Lande waren; aber wir dürfen wohl annehmen, nicht aus Treue, sondern einfach deshalb, weil das Ausbleiben jeder neuen Versuchung ein neues Ausgleiten unmöglich machte.
Die angebliche »politische Glanzzeit« Chorins war das natürliche Resultat gegebener Verhältnisse, nicht mehr und nicht weniger, und die Quitzow-Zeit wird dem Kloster zu einem ähnlich abwartenden politischen Verfahren Veranlassung gegeben haben. Doch sind die Aufzeichnungen darüber lückenhafter. Chorin hatte keinen Heinrich Stich (siehe Seite 60 ), entbehrte vielmehr eines Abtes, der sich gemüßigt gesehen hätte, die Verwicklungen einer verwicklungsreichen Epoche niederzuschreiben. Die letzten anderthalbhundert Jahre des Klosters unter der sich befestigenden Macht der Hohenzollern scheinen ohne jede Gefährdung hingegangen zu sein; Schenkungsbrief reiht sich an Schenkungsbrief, bis endlich die Reformation dazwischentritt und den Faden durchschneidet.
Die Vorgänge, die die Säkularisierung Chorins begleiteten, waren wohl dieselben wie bei Einziehung der brandenburgischen Klöster überhaupt. Chorin wurde freilich zunächst aus freier Hand verkauft, aber dies hatte keinen Bestand, und binnen kurzem wurde auch hier der Klosterhof ein Amtshof, eine Domaine. Er ist es noch.
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Diese Steintafel befand sich an der Stelle, wo das später sogenannte »Invalidenhaus« an die Klosterkirche stieß, und gab in ihrer Inschrift die Namen aller in Chorin begrabenen Markgrafen. Diese Inschrift, wie jetzt nur noch aus den Choriner Amtsakten zu ersehen ist, lautete: »Anno 1254 ist der Markgraf Johannes (I.), Kurfürst zu Brandenburg, der dieses Kloster Chorin Zisterzienserordens gestiftet, allhier begraben. Anno 1267 ist Johannes (III.), Markgraf, welcher zu Merseburg auf seiner Schwester Hochzeit im Scharfrennen mit einem Klitz (Pfeil oder kleinen Lanze) verwundet worden und davon gestorben, allhier begraben. Anno 1285 ist Markgraf Johannes (V.), Kurfürst zu Brandenburg, gestorben und allhier begraben. Anno 1298 starb zu Beerwalde Markgraf Otto Sagittarius (der Pfeilschütze), des Kurfürsten Johannes zu Brandenburg Sohn, und ist allhier begraben. Anno 1304 ist zu Sched(?) gestorben Markgraf Konrad (I.), Kurfürst zu Brandenburg, und ist allhier begraben. Anno 1307 bestätigte Markgraf Hermann von Brandenburg, Markgraf Otten des Langen Sohn, dieses Kloster Chorin. Anno 1319 starb Markgraf Waldemar (I.) zu Beerwalde und ist allhier begraben.
Tu mater Lehnin et filia tua Chorin,
Ex te est orta Nova Cella et Coeli Porta.«
(Diese Inschriften, wie schon im Text hervorgehoben, waren 1769 sicherlich noch vorhanden. 1823 suchte sie Konsistorialrat Bellermann, Direktor des Grauen Klosters, vergeblich. Er vermutet, daß sie 1772 bei einer Reparatur übertüncht oder beseitigt worden sind.) [Image: Zurück]
Wenn man hier einwenden wollte, daß das Land im wesentlichen diese Schwankungen und Wandlungen mitmachte und daß deshalb kein Grund vorliege, für Chorin einen besonderen Vorwurf daraus herzuleiten, so darf man drei Dinge nicht übersehen: 1. daß Chorin besser wissen konnte, ob echt oder unecht, und wahrscheinlich es wirklich wußte; 2. daß Chorin sich mit Vorliebe bayrisch gezeigt und deshalb eine
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