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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Heiterkeit und Friede. Unser »Pfadfinder«, der während unsers kurzen Aufenthalts im Finkenkrug sich mehr meinem Reisegefährten als mir zu attachieren gewußt hatte, brach hier die rasch angeknüpften Beziehungen ebenso rasch wieder ab, gesellte sich mir aufs neue und antwortete eingehend und immer bereit auf meine hundert Fragen, die alsbald kreuz und quer gingen wie der Weg, den er uns führte.
    »Sie fragen nach Wildstand und Wilddieben. Nun, der Wilddiebe hat der Brieselang wohl nicht allzuviel, aber der Walddiebe desto mehr. Sie glauben gar nicht, was in solchem Walde alles steckt und wie viele Hunderte von Menschen daraus ihre Nahrung oder doch einen Teil ihres Erwerbes ziehen. Es mag wohl zwanzig Arten von ›Jägern‹ geben, die hier im Brieselang zu Hause sind. Vielleicht noch viel mehr.«
    »Und das wären?«
    »Ich will Ihnen nur ein halbes Dutzend nennen. Da sind die Kräuterjäger, die Käfer-, Fliegen- und Insektenjäger, die Eier- und Vogeljäger, die Laubfroschjäger, die Schlangenjäger, die Ameisenjäger. Auf dem Schwanenkruge versammeln sich im Juni allerlei Gestalten, jung und alt, die Jagd auf wilde Rosenstämme, auf ›Hagebuttensträucher‹ machen, während andere, etwas früher schon, aber mit derselben Pertinazität, dem jungen Faulbaum nachstellen.«
    »Dem Faulbaum?«
    »Ja! das Faulbaumholz gibt eine allerbeste Kohle für die Pulverfabrikation. Selbst Pappeln und Linden kommen gegen den Faulbaum nicht auf. Da ist denn immer Nachfrage, und so macht sich der Handel. Nun werden Sie fragen: Ist das legal? Und die Frage ist nur allzu berechtigt. Aber wer will in der Kohle noch nach der Legalität des Holzes spüren? Wer kauft Pottasche und verlangt Ausweis über den eingeäscherten Wald?«
    »Ich versteh. Aber Sie sprachen auch von Schlangenjägern. Das klingt ja bedenklich. Sind wir hier auf Reptilienterrain?«
    »Nicht gerade hier. Aber weiter rechts, nach dem Spandauer Forst hinüber, da sind die Schlangen zu Hause.«
    »Blindschleichen, Kolumbellen.«
    »Nicht so harmlos. Die echte Kreuzotter. Es sind dort Stellen, wo sie so dicht wie Regenwürmer liegen. Diese Stellen kennen die Schlangenjäger ganz genau. Ihre ganze Waffe besteht in einem Stock, der vorn gegabelt ist. Nun lüften sie das halbverfaulte Gebälk, darunter die Kreuzotter liegt, und im nächsten Moment fahren sie mit dem Stock derart in die Erde, daß die Gabel sich wie ein Halsring um die Schlange legt. Nun ist sie wehrlos und wird durch eine zweite Manipulation in einem Behälter, meist einer Flasche, untergebracht.«
    »Ist dies nun wissenschaftliche Passion?«
    »Unter Umständen ja. Aber zumeist Erwerb. Solche Kreuzotter hat ihren Wert. Da sind Händler, auf deren Preiscouranten die Rubrik ›Schlange‹ eine halbe Spalte füllt.«
    »Aber wer kauft dergleichen?«
    »Hunderte von Personen. Da sind zuerst die Zoologen und Toxikologen von Fach, da sind die unerbittlichen Männer der Vivisektion, die von dem harmlosen Kaninchen mal gern auf ein kleineres Ungetüm mit Giftzahn und Giftblase überspringen (ein höherer Sport, weil gefährlich), und da sind endlich die chemisch-physikalischen Oberlehrer dieses oder jenes Progymnasiums, die das Naturaliencabinet in Pritzwalk oder Pasewalk auf der ›Höhe der Wissenschaft‹ zu erhalten, das heißt mit allerhand Reptilien in Glasflaschen auszustaffieren wünschen.«
    »Auch mit Kreuzottern?«
    »Gewiß. Die Herren von der Feder glauben immer, daß sich die Welt bloß aus Autographen- und, wenn es hoch kommt, aus Kupferstichsammlern zusammensetzt. Sie glauben gar nicht, was Alles gesammelt wird.«
    In diesem Augenblick, als ob uns der Beweis, »was alles gesammelt würde«, auf der Stelle geführt werden sollte, trat aus einem wilden Elsbuschbosquet eine sonnenverbrannte Gestalt hervor, deren Kostüm (eine Art Jagdtasche, aus der drei oder vier aufrecht stehende Zigarrenkisten hervorragten; dazu ein Stock mit flatterndem Gazebeutel) keinen Zweifel darüber lassen konnte, welcher Kategorie von Sammlern er zugehörte. Es war ein Musterexemplar.
    Er trat mit rascher Wendung an uns heran, machte mit seinem Kescherstock eine Bewegung wie ein Tambourmajor, wenn die Musik aufhören oder wieder anfangen soll, und sagte dann im Berliner Dialekt: »Erlauben Sie, daß ich mich Ihnen vorstelle, mein Name ist Lampe, Kalittenjäger.«
    Bei diesem Schlußwort wiederholte er die Bewegung mit dem Stock. Im ersten Augenblick, als er so jäh und plötzlich, wie die bekannten drei auf der

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