Wanja und die wilden Hunde
Wer keinen Garten oder Hinterhof hat, sollte sich bei Nassfutter oder Frischfleisch eine Wiese suchen und das Futter über die ganze Wiese werfen (Feuchttücher zum Hände abputzen nicht vergessen oder das Gras dazu benutzen), Trockenfutter lässt sich in der Wohnung verstecken.
Die Hunde sind dann oft eine Stunde mit Suchen, Kontrolle und Nachkontrolle beschäftigt. Da ich morgens auch meinen eigenen Tag vorbereite und zu tun habe, ist es wunderbar, innerhalb von zwei Minuten einen Langzeitspaß für meine Hunde geschaffen zu haben, nach dem sie dann selig und völlig k.o. schlafen gehen.
Während unseres täglichen langen Spazierganges im Wald (ein Park eignet sich genauso, wenn gerade kein anderer Hund in der Nähe ist) gibt es die zweite Portion. Ich warte auf einen Blick des jeweiligen Hundes und werfe dann ein Stück in flacher Flugbahn – so, dass er es mit den Augen verfolgen kann – ins Unterholz, ins hohe Gras oder in den Schnee. Der Hund soll die Richtung kennen, aber noch mit der Nase suchen dürfen. Mit mehreren Hunden funktioniert das ganz genauso gut wie mit einem. Während der eine Hund schon das Futter sucht, werfen Sie für den nächsten.
Die Befürchtung, dass Hunde dadurch beginnen, überall nach Futter zu suchen, ist unbegründet. Sie können Ihrem Hund nicht etwas beibringen, was er ohnehin von Natur aus tut. Sie können ihn diesen Instinkt jedoch kontrolliert ausleben lassen.
Meine Hunde lassen alles liegen, was ich nicht geworfen habe, weil ich alles andere zum Tabu erkläre.
Frieda hat einen starken Jagdinstinkt. Ich bin mir sicher, dass ich sie in den Fällen, in denen sie bereits einem Reh oder einem Eichhörnchen hinterherläuft, nicht so gut stoppen könnte, wenn sie nicht einen Großteil ihrer Energie bei der täglichen Futtersuche ausleben könnte (die Jagd auf Katzen lässt sie bei einem »Stopp« von mir inzwischen immerhin in siebzig Prozent der Fälle sein).
Gern setze ich mich auch mit der Futtertasche am Lenker aufs Rad und lege Tempo für sie vor. Ich werfe dann während des Fahrens – für alle lauffreudigen Hunde ein Heidenspaß. Am tollsten ist es für einen Hund natürlich, mit Ihnen zusammen laufen zu dürfen (wenn Sie joggen) und währenddessen nach geworfenem Futter zu suchen. Ich bin leider ein Joggingmuffel, aber wenn ich doch ab und zu mit meinen Hunden laufe und dabei Futter werfe, ist das eine Riesengaudi.
Die letzte Mahlzeit am Abend besteht dann entweder aus einem richtigen Knochen, Kongs (befüllbares Spielzeug in unterschiedlicher Form aus Naturkautschuk) mit Fleisch, gefüllten Futterkugeln (Kugeln, aus denen Trockenfutter herausfällt, wenn der Hund sie herumrollt) oder im Haus verstecktem Futter – alles dient auch hier der Beschäftigung, nicht allein dem Fressen.
Sozialer Kontakt und Lob
Besonders grausam ist die Empfehlung, einem Hund den sozialen Kontakt zu entziehen, das heißt, ihn für einen längeren Zeitraum zu ignorieren, um ihn zu erziehen. Ich habe einige Kunden, die ihren Hund eine Woche lang nicht beachten sollten, und andere, bei denen es sogar um mehrere Wochen ging. Sie kamen zu mir, weil die Beziehung zu ihrem Hund nach dieser »Erziehungsmaßnahme« zerstört war.
Unter Hunden wird nur derjenige auf Dauer ignoriert, der aus einem Rudel abwandern soll. Das Schlimme ist, dass der Hund bei dieser Maßnahme weder versteht, warum er verstoßen wurde, noch was er eigentlich anders machen soll. Gerade bei sehr unsicheren oder ängstlichen Hunden ist diese Vorgehensweise fatal. Weder mit meinem russischen noch mit meinem jetzigen Hunderudel habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein Tier dauerhaft ignoriert wurde, um Grenzen zu setzen. Im Gegenteil: Selbst nach einer heftigen Auseinandersetzung (und Klärung!) konnten die betroffenen Hunde bereits kurze Zeit später wieder friedlich nebeneinanderliegen.
Selbstverständlich dürfen Sie kurzzeitig ein bestimmtes Verhalten Ihres Hundes ignorieren, zum Beispiel wenn Ihr Hund Sie anbellt, damit Sie sich gefälligst um ihn kümmern. Ich selbst bevorzuge jedoch einen aktiven Abbruch solcher Situationen, weil ein Hund vier Stunden lang bellen kann, ich jedoch nur fünf Minuten gelassen genug bin, dies glaubhaft zu ignorieren und nicht nur auszuhalten.
Ein Leithund wie Wanja hatte eine einfache Regel, nach der er Sozialkontakt zuließ. Erinnern Sie sich an die Situation, in der Felix unbedingt einmal zu ihm auf sein Lager wollte? Erst als Felix sich ihm ruhig und respektvoll näherte, durfte er
Weitere Kostenlose Bücher