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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Marion
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Ich stehe auf den Stufen der Rolltreppe, und wie eine Seele fahre ich gen Himmel. Ein süßer Kindheitstraum, und nun ein geschmackloser Witz.
    Nach der vielleicht dreißigsten Himmelfahrt werde ich oben von M erwartet. Er besteht aus hundert Kilo Muskeln und Fett, um ein Einsneunzig-Gerüst drapiert. Als ich den Rolltreppengipfel erreiche, schiebt sich seine grausige Visage in mein Blickfeld, bärtig, glatzköpfig und verschrammt. Ist er der Engel, der mich an der Himmelspforte empfängt? Aus seinem zerfetzten Mund sickert schwarzer Speichel.
    Er deutet vage in eine Richtung und grunzt: »Stadt.«
    Ich nicke und folge ihm.
    Wir ziehen los, um Nahrung zu finden. Während wir uns auf die Stadt zu schleppen, formiert sich um uns herum eine Jagdgesellschaft. Es ist nicht schwer, Teilnehmer für solche Expeditionen zu finden, selbst wenn niemand Hunger hat. Ein klarer Gedanke ist hier selten, und tut sich einer auf, dann gehen wir ihm nach. Sonst stünden wir bloß den ganzen Tag herum und stöhnten. Jahre können so vergehen. Das Fleisch welkt auf unseren Knochen, und wir stehen bloß da und warten, dass es vorbeigeht. Ich frage mich oft, wie alt ich bin.
     
    Die Stadt, in der wir jagen, ist angenehm nah. Gegen Mittag des nächsten Tages treffen wir ein und fangen an, uns nach Fleisch umzusehen. Dieser neuartige Hunger ist ein seltsames Gefühl. Wir spüren ihn nicht in unseren Mägen – manche von uns haben gar keinen. Wir spüren ihn überall, wie ein Sacken und Sinken überall im Innern, als würde Luft aus unseren Zellen gelassen. Letzten Winter, als sich so viele Lebendige den Toten anschlossen und Beute knapp wurde, habe ich gesehen, wie ein paar meiner Freunde endgültig starben. Der Übergang war undramatisch. Erst wurden sie bloß langsamer, dann hielten sie still, und nach einerWeile wurde mir bewusst, dass sie Leichen waren. Zuerst hat es mich beunruhigt, doch es verstößt gegen die hiesige Etikette, den Tod zur Kenntnis zu nehmen. Also stöhnte ich ein bisschen, um mich abzulenken.
    Ich glaube, die Welt ist im Großen und Ganzen an ihr Ende gekommen, denn die Städte, die wir durchwandern, sind so verrottet wie wir selbst. Gebäude sind eingestürzt. Rostige Autowracks verstopfen die Straßen. Fast alles Glas ist zerbrochen, und wenn der Wind durch die ausgeweideten Hochhaustürme fährt, klingt er wie ein sterbendes Tier. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Eine Seuche? Krieg? Soziale Unruhen? Oder waren es nur wir? Die Toten, die an die Stelle der Lebenden treten? So wichtig ist es nicht, meine ich. Hat man das Ende der Welt erst erreicht, spielt es kaum eine Rolle, auf welchem Weg.
    Wir wittern die Lebenden zum ersten Mal, als wir uns der Ruine eines Appartementhauses nähern. Es ist nicht der Moschusgeruch von Haut und Schweiß, sondern das Aufwallen von Lebenskraft, wie der Ionen-Hauch von Blitzschlag und Lavendel. Wir riechen sie nicht mit unseren Nasen. Es trifft uns tiefer, näher beim Hirn, wie Wasabi. Wir nehmen Kurs auf das Gebäude und schlagen uns eine Bresche hinein.
    Wir finden sie in einem kleinen Studio mit verbretterten Fenstern. Sie sind noch schlimmer gekleidet als wir, in verdreckte Fetzen und Lumpen, alle hätten eine Rasur nötig. M wird die restliche Zeit seiner fleischlichen Existenz mit einem kurzen blonden Bart geschlagen sein, wir anderen sind alle glattrasiert. Das ist einer der Vorzüge des Totseins, noch etwas, um das man sich nicht mehr kümmern muss. Bärte, Haare, Zehennägel … kein Kampf mehr mit der Biologie. Unsere wilden Körper sind endlich gezähmt.
    Langsam, schwerfällig, doch unaufhaltsam dringen wirauf die Lebenden ein. Schrotflintenschüsse schwängern die Luft mit Pulver. Schwarzes Blut spritzt gegen die Wände. Doch der Verlust eines Arms, eines Beins, eines Stücks aus dem Rumpf ist kein Beinbruch, wird einfach abgeschüttelt. Eine unbedeutende kosmetische Frage. Ein Treffer im Gehirn jedoch, und wir fallen. Offenbar steckt in diesem welken grauen Schwamm noch etwas von Wert, denn verlieren wir ihn, sind wir Leichen. Die Zombies rechts und links von mir schlagen mit einem feuchten Klatschen auf dem Boden auf. Doch wir sind viele. Wir sind überwältigend. Wir gehen auf die Lebenden los und wir fressen.
    Fressen ist kein angenehmes Geschäft. Ich kaue einem Mann den Arm ab und finde es schrecklich. Ich kann sein Schreien kaum ertragen, weil ich Schmerzen nicht mag, ich möchte niemandem wehtun, aber so ist jetzt die Welt. Das ist, was wir tun.

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