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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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stattliche, männliche schwa r ze Hausmeister – oder besser sein elektronisches Simul a crum –, tauchte in diesem Moment auf; er zog an seiner Pfeife und nickte ihnen freundlich zu. »Morgen, Doktor. In den letzten Tagen ist es kälter geworden. Nicht mehr lange, dann können die Kinder Schlitten fahren. Georgie, mein e i gener Sohn, spart schon seit längerem für einen Schlitten. «
    »Ich werde einen Dollar beisteuern «, verkündete Ralf Ackerman und griff nach seiner Brieftasche. »Oder «, flüste r te er Eric zu, »ob der alte Virgil diesem farbigen Kind ke i nen Schlitten gönnt? «
    »Das ist nicht nötig, Mr. Ackerman «, versicherte Steve. »Georgie verdient sich das Geld für den Schlitten; er will keine Trinkgelder, sondern jeden Cent selbst erarbeiten. «
    Die Robameise in der Gestalt des Hausmeisters ging an ihnen vorbei und war dann verschwunden.
    »Verdammt beeindruckend «, murmelte Harv .
    »So ist es «, stimmte Jonas zu. »Großer Gott, wenn man bedenkt, daß der wirkliche Steve seit über einem Jahrhu n dert tot ist …! Mir fällt es schwer zu glauben, daß wir auf dem Mars und nicht auf der Erde sind – und dieses Gefühl sagt mir ganz und gar nicht zu. Es ist mir lieber, wenn die Dinge auch das sind, was sie zu sein vorgeben. «
    Eric kam ein Gedanke. »Haben Sie auch etwas dagegen, zu Hause in Ihrem Apartment die Stereoaufnahme einer Symphonie abzuspielen? «
    »Nein «, erklärte Jonas. »Aber das ist etwas ganz and e res. «
    »Das ist es nicht «, widersprach Eric. »Es gibt kein Orch e ster in Ihrer Wohnung, und das Studio, in dem die Symph o nie aufgenommen wurde, ist seit langem leer, die Origina l musik verstummt; alles, was Sie besitzen, ist ein vierhundert Meter langes Eisenoxidband, das auf spezifische Weise m a gnetisiert worden ist … also geben Sie sich einer Illusion hin. Wie hier. Nur daß die Illusion hier vollkommen ist. « Er stieg die Treppen hinauf. Wir sind jeden Tag von Illusionen umgeben, dachte er. Als sich der erste Barde sein erstes Epos über eine vergangene Schlacht ausdachte, trat die Ill u sion in unser Leben ein; die Mas ist genauso »unecht « wie diese Robameisen-Kinder, die unten vor dem Haus Brie f marken tauschen. Die Menschen haben schon immer ve r sucht, die Vergangenheit zum Leben zu erwecken, sie fes t zuhalten; und dies ist nicht schlecht. Ohne dies besäßen wir keine Kontinuität und würden nur für den Augenblick leben. Und verglichen mit der Vergangenheit ist ein Augenblick – die Gegenwart – nicht sehr viel wert. Vielleicht, sagte er sich, während er die Stufen hinaufhastete, ist das mein Pr o blem mit Kathy Ich kann mich nicht an unsere gemeinsame Vergangenheit erinnern, nicht an die Zeit, als wir noch fre i willig zusammengelebt haben … denn nun ist es eine u n freiwillige Verbindung, und nur Gott weiß, wie es dazu g e kommen ist.
    Keiner von uns begreift es. Keiner von uns kennt den Sinn des Ganzen oder die Beweggründe, die uns dazu treiben. Würden wir uns besser erinnern, wäre alles viel einfacher.
    Vielleicht, dachte er, ist dies das erste Zeichen, daß man alt wird. Alt … dabei bin ich erst vierunddreißig!
    Phyllis war auf der Treppe stehengeblieben und wartete auf ihn. »Schlafen wir doch zusammen, Doktor. «
    Innerlich begann er zu zittern; Hitze erfüllte ihn, E r schrecken, Erregung, Hoffnung, Hoffnungslosigkeit, Schuld, Begierde.
    »Sie haben die schönsten Zähne, die ich jemals gesehen habe «, sagte er laut.
    »Antworten Sie. «
    »Ich …« Er suchte nach den richtigen Worten. Aber w a ren denn Worte das richtige? Obwohl das Angebot in Worte gekleidet worden war … »Und er wird von Kathy zu Schlacke verbrannt – von Kathy, die alles sieht, was vo r geht? « Er fühlte den Blick der Frau auf sich ruhen, fühlte den Blick ihrer großen, starren Augen. »Hmm «, machte er unsicher, und er fühlte sich elend und klein.
    »Aber sie brauchen es «, sagte Phyllis.
    »Ah «, stieß er hervor und wand sich unter der unerbet e nen, unerwünschten weiblichen psychiatrischen Unters u chung seiner sündigen Seele; sie hatte seine Seele gepackt und wälzte sie auf ihrer Zunge hin und her. Zur Hölle mit ihr! Sie hatte es erkannt, sprach die Wahrheit, und dafür haßte er sie und sehnte sich gleichzeitig danach, mit ihr ins Bett zu gehen. Und natürlich wußte sie es – sah es seinem Gesichtsausdruck an –, sah es mit ihren verfluchten großen Augen, mit Augen, die keine sterbliche Frau besitzen sollte.
    »Ohne es werden

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