Warum Maenner mauern
beschaffen dürfte nicht schwierig sein. Es gibt mehrere Therapieformen, die sich bei passiver Aggression als wirksam erwiesen haben: die »psychodynamische« Einzeltherapie, in der sich der Patient mit seinen Ängsten vor Nähe, Abhängigkeit und Konkurrenz beschäftigen kann; die spezialisierte »Verhaltenstherapie«, die ihm hilft, sich besser selbst zu vertreten; und die »Paartherapie«, die sich auf die Verbesserung der Kommunikation zwischen dem passiv-aggressiven Mann und Ihnen konzentriert.
Der passiv-aggressive Mann wird von allen diesen Behandlungsmethoden nur dann profitieren, wenn er motiviert ist, wenn ihm also durch die Folgen seines Verhaltens so viele Schwierigkeiten entstehen, dass er handelt: Dann ist seine passive Aggression – und auch sein Leben – außer Kontrolle geraten. Vielleicht hat man ihn bei einer Firma entlassen, wo er wirklich gerne arbeitete und auf die er seine Hoffnungen setzte; oder er ist seinen Kindern gegenüber so ängstlich, dass er ihnen keine Eigeninitiative gestattet; oder seine Frau hat ihn verlassen, nachdem sie ihm dies jahrelang angedroht hatte.
Das Fazit lautet: Ein Patient, der stark motiviert ist, macht auch Fortschritte. Sein Antrieb ist die Erkenntnis, dass es ein Problem gibt, das ihm Nachteile bringt . Das ist der Ausgangspunkt für eine produktive Behandlung. Den passiv-aggressiven Mann gegen seinen Willen in eine Therapie zu zwingen
ist sinnlos. Er muss seine grundlegenden Persönlichkeitsveränderungen um seiner selbst willen vollziehen, nicht weil er von Ihnen oder anderen unter Druck gesetzt wurde.
Psychotherapie ist ein teurer und zeitaufwendiger Prozess: Sie erfordert über Monate oder sogar Jahre hinweg ständiges Engagement. Wichtig ist, dass man durchhält. Mark Twain schrieb in Pudd’head Wilson : »Gewohnheit ist Gewohnheit – man lässt sich nicht von irgendjemandem aus dem Fenster werfen, sondern geht geduldig Stufe für Stufe die Treppe hinunter.« Ganz ähnlich ist es in der Therapie: Für Persönlichkeitsprobleme gibt es keine sofortige, eindeutige »Heilung«, das gilt auch für die passive Aggression mit all ihren Kompliziertheiten. Man kann nur Schritt für Schritt mehr Selbsterkenntnis gewinnen, und dabei verliert man vielleicht ein paarmal den Boden unter den Füßen. Entscheidend ist, dass man die Energie auf das Weitermachen konzentriert und gewillt ist, den Weg zu Ende zu gehen.
In der Therapie wird ein passiv-aggressiver Mann letztlich verstehen, wie er sich ohne Feindseligkeit behaupten kann, dass er sich vor seiner eigenen Aggression nicht fürchten muss, dass andere nicht über ihn bestimmen wollen oder zu viel von ihm fordern und dass es neben der passiven Aggression auch andere Wege gibt, Frustrationen zu verarbeiten. Wenn er es schafft, lange genug innezuhalten und nein zu sagen, bis er seine eigenen Gefühle und Wünsche spürt, wird er schließlich zu einem selbständigen Mann. Damit sich seine – und Ihre – Lebensqualität verbessert, muss der passiv-aggressive Mann in der Therapie aus dem Bestreben heraus, erwachsen zu werden, einige Entschlüsse fassen. Das heißt,
▹ er muss eingestehen wollen, was er empfindet; er kann sich von dem Gefühl befreien, in der Vergangenheit festzuhängen,
▹ er muss sich bewusst werden, auf welche Weise er Situationen aufrechterhält, die ihn in seinem derzeitigen Zustand binden,
▹ er kann zu einer erfüllten privaten Beziehung gelangen und sich gute berufliche Leistungen zugestehen.
Das Ziel der Psychotherapie ist nicht die vollkommene Persönlichkeit; der Patient soll vielmehr lernen, wie er seine Gefühle kontrolliert, er soll verstehen, wie sich Situationen immer wiederholen (warum geschieht das immer ausgerechnet mir?), er soll selbstzerstörerisches Verhalten aufgeben und an Selbstachtung gewinnen. Mit Hilfe der Therapie wird Ihr Freund, Mann, Vater oder Bruder hoffentlich sein Verhalten verändern, und damit verändert sich auch sein Leben und das Ihre.
Was der passiv-aggressive Mann über sich selbst erfährt und was Sie in diesem Buch über ihn erfahren haben, kann für Sie beide als Leitfaden dienen – als Ausgangspunkt zur Verbesserung der Beziehung und zur Klärung von Missverständnissen. Ich glaube, Sie verstehen jetzt die Kompliziertheiten der passiven Aggression, und Sie erkennen auch, dass man aus einem passiv-aggressiven Mann nicht mit einfachen Worten oder Taten über Nacht eine andere Persönlichkeit machen kann. Aber Sie beide können frei entscheiden.
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