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Warum Sex Spass macht

Warum Sex Spass macht

Titel: Warum Sex Spass macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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weil sie nicht die erforderlichen Erregungssignale aussenden; Männchen, die dennoch während der unfruchtbaren Tage Annäherungsversuche machen, werden abgewiesen. Der Sex dient also ganz entschieden nicht dem Vergnügen und wird kaum einmal von seiner Befruchtungsfunktion getrennt. Auch diese Verallgemeinerung läßt Ausnahmen zu: Bei wenigen Arten, so bei Bonobos (Zwergschimpansen) und Delphinen, wird Sexualität deutlich von der Fortpflanzung getrennt.
    Und schließlich sind die Wechseljahre als regelmäßig vorkommendes Phänomen bei den meisten wildlebenden Säugetieren nicht sicher nachgewiesen. »Wechseljahre« bedeutet dabei das völlige Verschwinden der Fruchtbarkeit im Laufe einer Zeitspanne, die viel kürzer ist als die vorangegangene Fortpflanzungsphase und auf die eine unfruchtbare Lebensphase von nennenswerter Länge folgt. Wildlebende Säugetiere sind entweder bis zu ihrem Tod fruchtbar, oder ihre Fruchtbarkeit nimmt mit fortschreitendem Alter ganz allmählich ab.
    Stellen wir nun einmal der oben beschriebenen Sexualität von Säugetieren das menschliche Sexualverhalten gegenüber. Folgende Merkmale unseres Geschlechtslebens halten wir für selbstverständlich und völlig normal:
    1. Die meisten Männer und Frauen in den meisten menschlichen Kulturkreisen gehen irgendwann eine langfristige Paarbeziehung (»Ehe«) ein, in der die Angehörigen dieses Kulturkreises einen Vertrag mit gegenseitigen Verpflichtungen sehen. Die Partner betreiben immer wieder Sex, und zwar vorwiegend oder ausschließlich miteinander.
    2. Die Ehe ist nicht nur eine sexuelle Beziehung, sondern auch eine Partnerschaft zum gemeinsamen Großziehen der daraus entstehenden Kinder. Insbesondere übernehmen Mann und Frau gemeinsam die elterliche Fürsorge.
    3. Obwohl ein Mann mit einer Frau ein Paar bildet – oder gelegentlich auch mit mehreren Frauen einen Harem –, leben Menschen nicht wie Gibbons in einem Territorium, das sie gegen andere Paare verteidigen, sondern sie sind Teil einer Gesellschaft, in der sie mit anderen Paaren kooperieren und Zugang zu einem gemeinsamen Territorium haben.
    4. Sex unter Eheleuten findet in der Regel im Privatbereich statt; es ist ihnen nicht gleichgültig, ob andere Menschen anwesend sind.
    5. Der Eisprung ist bei Menschen nicht offensichtlich, sondern versteckt, das heißt, die kurze fruchtbare Phase rund um den Eisprung ist für potentielle Sexualpartner und meist auch für die Frau selbst nur schwer zu erkennen. Die sexuelle Bereitschaft einer Frau geht über die fruchtbare Phase hinaus und erstreckt sich auf den ganzen oder fast den ganzen Menstruationszyklus. Deshalb findet Geschlechtsverkehr bei Menschen auch zu Zeiten statt, die sich nicht für die Befruchtung eignen. Oder anders gesagt: Sex dient bei Menschen vorwiegend dem Vergnügen und nicht der Befruchtung.
    6. Alle Frauen, die älter als vierzig oder fünfzig Jahre sind, machen die Wechseljahre durch, und die Fruchtbarkeit kommt völlig zum Erliegen. Bei Männern findet meist nichts Entsprechendes statt: Einzelne Männer können zwar in jedem Alter Probleme mit der Fortpflanzungsfähigkeit haben, aber eine Häufung in bestimmten Altersgruppen oder ein totales Ende der Fruchtbarkeit gibt es nicht.
    Mit den Normen gehen auch Normverletzungen einher: Wir bezeichnen etwas einfach deshalb als »Norm«, weil es häufiger vorkommt als das Gegenteil (die »Verletzung der Norm«). Das gilt für die Normen der menschlichen Sexualität ebenso wie für alle anderen. Beim Lesen der letzten beiden Seiten fallen einem natürlich sofort die Ausnahmen von den beschriebenen allgemeinen Regeln ein, aber als allgemeine Regeln gelten sie dennoch. So gibt es zum Beispiel auch in Kulturen, die durch Gesetz oder Gewohnheit die Monogamie vorsehen, viel vor- und außereheliche Sexualität, und häufig ist sie nicht Teil langfristiger Beziehungen. Die Menschen erleben auch Liebesabenteuer, die nur eine Nacht dauern. Andererseits unterhalten sie über viele Jahre oder Jahrzehnte Beziehungen, während Tiger und Orang-Utans nur die kurzfristige Verbindung kennen. Die in den letzten fünfzig Jahren entwickelten genetischen Vaterschaftstests haben gezeigt, daß die Mehrzahl der amerikanischen, britischen und italienischen Babys tatsächlich vom Ehemann oder dem Lebensgefährten der Mutter gezeugt wurden. Manch einer sträubt sich vielleicht dagegen, daß menschliche Kulturen als monogam bezeichnet werden; der Begriff »Harem«, den die Zoologen auf Zebras und

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