Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
ein Mann mit dem Namen V. Karper.
Karper wurde von zwei uniformierten Obersten, einem Ingenieur in Zivil, einem Mann aus der Zentrale der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und zwei Ärzten begleitet.
Sie hielten sich nicht mit Höflichkeitsfloskeln auf. Karper sagte lediglich: »Du bist Cherpas. Ich habe dich schon einmal getroffen. Du bist Gausgofer. Ich habe deine Berichte gelesen. Du bist Gauck.«
Die Delegation betrat Rogows Schlafzimmer. Karper schnauzte: »Weckt ihn auf.«
Der Militärarzt, der Rogow die Sedativa verabreicht hatte, wandte ein: »Genosse, du kannst nicht …«
Karper schnitt ihm das Wort ab. »Ruhe.« Er drehte sich zu seinem eigenen Arzt herum und deutete auf Rogow. »Weck ihn auf.«
Der Arzt aus Moskau sprach kurz mit dem älteren Militärarzt. Da schüttelte auch er den Kopf. Er warf Karper einen verstörten Blick zu. Karper wusste, was er hören wollte. »Mach weiter«, sagte Karper. »Ich weiß, dass es gefährlich für ihn ist, aber ich brauche einen Bericht für Moskau.«
Die beiden Ärzte machten sich nun gemeinsam an Rogow zu schaffen. Einer von ihnen verlangte nach seiner Tasche und gab Rogow eine Injektion. Dann traten sie vom Bett zurück.
Rogow krümmte sich in seinem Bett. Er verkrampfte sich. Seine Augen waren geöffnet, aber er sah sie nicht. Mit kindlich klaren und einfachen Worten begann Rogow zu sprechen: »… diese goldene Gestalt, die goldenen Stufen, die Musik, bringt mich zurück zur Musik, ich will bei der Musik sein, ich bin die Musik …« Und weiter und immer weiter, in endloser Monotonie.
Cherpas beugte sich so über ihn, dass ihr Gesicht direkt in seinem Blickfeld war. »Mein Liebling! Mein Liebling, wach auf. Es ist sehr ernst.«
Es war offensichtlich, dass Rogow sie nicht hörte, denn er fuhr fort, undeutlich von goldenen Gestalten zu erzählen.
Zum ersten Mal in all den Jahren ergriff Gauck die Initiative. Er wandte sich direkt an den Mann aus Moskau, an Karper. »Genosse, darf ich einen Vorschlag machen?«
Karper starrte ihn an. Gauck nickte Gausgofer zu. »Wir beide sind auf Befehl des Genossen Stalin hier. Sie ist meine Vorgesetzte. Sie trägt die Verantwortung. Mir obliegt nur die Überwachung.«
Der Stellvertretende Minister wandte sich an Gausgofer. Gausgofer hatte Rogow betrachtet, der auf dem Bett lag; ihre blauen, wässrigen Augen waren tränenlos, ihr Gesicht war zu einem Ausdruck extremer Anspannung verzogen.
Karper ignorierte es und fragte mit fester, klarer, befehlender Stimme: »Was schlägst du vor?«
Gausgofer blickte ihn offen an und erwiderte beherrscht: »Ich glaube nicht, dass es sich in diesem Fall um einen Gehirnschaden handelt. Ich nehme an, er hat Verbindung zu einem anderen menschlichen Wesen bekommen, und wenn ihm keiner von uns folgt, werden wir auch keine Antwort von ihm erhalten.«
»Sehr gut«, bellte Karper. »Aber was sollen wir tun?«
»Laß mich ihm folgen – mittels der Maschine.«
Anastasia Cherpas begann hysterisch und wie eine Wahnsinnige zu lachen. Sie drückte Karpers Arm und zeigte mit dem Finger auf Gausgofer. Karper sah sie an. Cherpas’ Gelächter brach ab, und sie schrie außer sich: »Die Frau ist verrückt. Seit vielen Jahren ist sie in meinen Mann verliebt. Sie hasst mich, und nun meint sie, ihn retten zu können. Sie glaubt, dass sie ihm folgen kann. Sie glaubt, dass er sich mit ihr verständigen will. Das ist lächerlich. Ich werde das selbst übernehmen!«
Karper blickte sich um. Er wählte zwei Männer aus seiner Begleitung und begab sich in eine Ecke des Raumes. Sie konnten ihn flüstern hören, aber die Worte nicht verstehen. Nach einer siebenminütigen Besprechung kehrte er zurück.
»Ihr habt gegeneinander ernste Sicherheitsvorwürfe erhoben. Ich muss feststellen, dass eine unserer besten Waffen, Rogows Gehirn, zerstört ist. Rogow ist nicht nur ein Mensch. Er ist ein sowjetisches Projekt.« Verachtung hatte sich in Karpers Stimme eingeschlichen. »Ich habe festgestellt, dass ein führender Sicherheitsoffizier, eine Polizistin mit einem beachtenswerten Ruf, von einer sowjetischen Wissenschaftlerin törichter Leidenschaften bezichtigt wird. Ich missbillige derartige Beschuldigungen. Die Entwicklung des sowjetischen Staates und die Arbeit der sowjetischen Wissenschaft darf nicht durch persönliche Auseinandersetzungen behindert werden. Genossin Gausgofer wird ihm folgen. Und zwar heute Nacht, da mein Stabsarzt befürchtet, dass Rogow nicht mehr lange leben wird – und es ist
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