Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)
Menschseins, zu Weltreligionen, Weltfrieden und Weltethos bleiben. Bleiben als Antworten auf schwierige Probleme, als Hilfe für Leben und Glauben, als Impulse zum Weiterdenken und Handeln.
So oft wurde ich gefragt: »Ich möchte mich mehr mit Ihrem Denken befassen, aber wo soll ich anfangen? An die großen Bücher wage ich mich nicht, und die kleineren treffen vielleicht nicht das Zentrum?« Dieses Buch hier nun ermöglicht, zentrale Texte meines Denkens kennenzulernen und so Zugang zu den großen Kernthemen meines theologischen Schaffens zu finden. Das wird sicher spannend sein für den neuen Leser, aber auch interessant für den damit vertrauten. Ich habe selber meine eigenen Texte, auch wenn sie mehrere Jahrzehnte zurückliegen, mit Dankbarkeit und Freude wiedergelesen.
Was von unserem Œuvre bleibt, was vergessen wird, was Bestand hat oder was vielleicht erst viel später wieder Bedeutung erhält, darüber befindet nicht der Autor, darüber urteilt der Leser, der gegenwärtige und der künftige. Und deshalb habe ich auch die Bücher, die ich geschrieben habe, nie gezählt. Ich habe sie gewichtet, nach geistigem Aufwand, nach Reichweite und Tiefgang der Problematik, nach Wirkung und Auswirkung. Aber ich habe mich stets geweigert, die Frage zu beantworten, welches denn mein wichtigstes Buch sei. Das weiß ich nicht und brauche es auch nicht zu wissen. Das kann posthum – wenn alle Urteile über Orthodoxie und Katholizität, alle Konkurrenz, Ressentiments, Rivalität und Neid endgültig der Vergangenheit angehören werden – ganz anders aussehen als zu meinen Lebzeiten. Und erst recht ganz anders nach ein paar Jahren, wenn die Situation von Welt, Kirche und Theologie wieder einmal völlig anders sein wird. Was bleibt: Vielleicht wird man sich dann an schon längst Gedachtes und Vorgeschlagenes, Gewünschtes und Gefordertes erinnern. Wer weiß?
Dass ich dieses Buch neben der Arbeit am dritten Band meiner Erinnerungen veröffentliche, verdanke ich der Überzeugungskraft und Hartnäckigkeit meines langjährigen Lektors beim Piper Verlag, Ulrich Wank. Die höchst kundige Auswahl der Texte aber verdanke ich meinen treuen theologischen Wegbegleitern und Freunden Professor Dr. Hermann Häring und Dr. Stephan Schlensog. Sie sind seit Jahrzehnten mit meinem Werk bestens vertraut und konnten mit dem Blick des Lesers die geeigneten Texte zusammenstellen. So haben sie dem Autor die Qual der Wahl erspart.
Dieses Buch erscheint pünktlich zur Vollendung meines 85. Lebensjahres und ist das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich mir denken kann.
Tübingen, Neujahr 2013
Hans Küng
1. Gott – Grund, Halt und Ziel
Gott Existiert
Zu Hans Küngs wichtigen Veröffentlichungen zählt das 1978 erschienene Werk »Existiert Gott?«, das in 875 Seiten die neuzeitliche Gottesfrage aufarbeitet. Der Kern von Küngs eigener Antwort wird hier wiedergegeben.
Nein oder Ja zu Gott möglich
Die Auseinandersetzung mit Feuerbach, Marx, Freud und Nietzsche hat es gezeigt: Eines kann dem Atheismus nie bestritten werden – ein Nein zu Gott ist möglich. Der Atheismus läßt sich nicht rational eliminieren: Er ist unwiderlegbar! … Die Auseinandersetzung mit Feuerbach, Marx, Freud und Nietzsche hat freilich auch ein anderes gezeigt: Der Atheismus seinerseits kann auch die andere Alternative nicht positiv ausschließen – auch ein Ja zu Gott ist möglich. Der Atheismus läßt sich nicht rational etablieren: Er ist unbeweisbar!
Warum? Es ist die Wirklichkeit in aller Fraglichkeit, die genügend Anlaß gibt, um nicht nur ein vertrauendes Ja zu dieser Wirklichkeit, ihrer Identität, Sinnhaftigkeit und Werthaftigkeit zu wagen, sondern darüber hinaus auch ein Ja zu dem, ohne den die Wirklichkeit in allem Begründen letztlich unbegründet, in allem Halten letztlich haltlos, in allem Sich-Entwickeln letztlich ziellos erscheint: ein vertrauendes Ja also zu einem Urgrund, Urhalt und Urziel der fraglichen Wirklichkeit.
Also: Es gibt tatsächlich kein schlüssiges Argument für die Notwendigkeit des Atheismus. Es kann auch nicht positiv widerlegt werden, wer sagt: Es ist ein Gott! Gegen ein solches von der Wirklichkeit selber her sich aufdrängendes Vertrauen kommt der Atheismus seinerseits nicht an. Auch die Bejahung Gottes beruht zutiefst auf einer Entscheidung , die wiederum mit der Grundentscheidung zur Wirklichkeit überhaupt in Zusammenhang steht. Auch sie ist rational unwiderlegbar.
Gott – eine Sache des
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