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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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für das Haltlose für einen Urhalt, statt für das Ziellose für ein Urziel vertrauensvoll entscheide, vermag ich nun mit gutem Grund bei aller Zwiespältigkeit eine Einheit, bei aller Wertlosigkeit einen Wert, bei aller Sinnlosigkeit einen Sinn der Wirklichkeit von Welt und Mensch zu erkennen. Und bei aller Ungewißheit und Ungesichertheit, Verlassenheit und Ungeborgenheit, Bedrohtheit, Verfallenheit, Endlichkeit auch meines eigenen Daseins ist mir vom letzten Ursprung, Ursinn und Urwert her eine radikale Gewißheit, Geborgenheit und Beständigkeit geschenkt – geschenkt . Freilich nicht einfach abstrakt, isoliert von den Mitmenschen, sondern immer in einem konkreten Bezug zum menschlichen Du: Wie anders soll insbesondere der junge Mensch erfahren, was es heißt, von Gott angenommen zu sein, wenn er von keinem einzigen Menschen angenommen ist?
    So erhalten jene letzten und nächsten Fragen des Menschen eine zumindest grundsätzliche Antwort, mit der der Mensch leben kann: eine Antwort aus der allerletzten-allerersten Wirklichkeit Gottes. Und um das ganze Gewicht der Antwort zu ermessen, lese man jetzt nochmals den vorausgegangenen Abschnitt »Was sich änderte, wenn«!
    Gottesglaube rational verantwortet
    Es ist nach all dem offensichtlich: Von einem Patt, einem Unentschieden zwischen Gottesglauben und Atheismus kann keine Rede sein. Der Mensch erscheint denn auch nicht einfach indifferent gegenüber der Entscheidung zwischen Atheismus und Gottesglauben. Er ist schon vorbelastet: An sich möchte er die Welt und sich selbst verstehen, möchte auf die Fraglichkeit der Wirklichkeit eine Antwort, möchte die Bedingung der Möglichkeit der fraglichen Wirklichkeit erkennen, möchte um einen ersten Grund, einen tiefsten Halt und ein letztes Ziel der Wirklichkeit wissen, möchte den Ursprung, Ursinn, Urwert kennen. Das Urfaktum Religion gründet hier.
    Doch auch hier bleibt der Mensch – in Grenzen – frei . Er kann Nein sagen. Er kann mit Skepsis alles aufkeimende Vertrauen zu einem letzten Grund, Halt und Ziel ignorieren oder gar ersticken: Er kann, vielleicht durchaus ehrlich und wahrhaftig, ein Nichtwissen-Können bezeugen: Agnostizismus mit Tendenz zum Atheismus; oder er kann eine durchgängige Nichtigkeit, eine Grund- und Ziellosigkeit, Sinn- und Wertlosigkeit der ohnehin fraglichen Wirklichkeit behaupten: Atheismus mit Tendenz zum Nihilismus. Wie schon beim Grundvertrauen, so gilt auch hier: Ohne Bereitschaft keine Einsicht, ohne Öffnung kein Empfangen! Und selbst wenn ich Ja zu Gott sage, bleibt das Nein ständige Versuchung.
    Aber wie das Grundvertrauen, so ist auch das Gott-Vertrauen keineswegs irrational. Wenn ich mich der Wirklichkeit nicht verschließe, sondern mich ihr öffne, wenn ich mich dem allerletzten-allerersten Grund, Halt und Ziel der Wirklichkeit nicht entziehe, sondern es wage, mich dran- und hinzugeben: So erkenne ich zwar nicht bevor , aber auch nicht nur erst nachher, sondern indem ich dies tue, daß ich das Richtige, ja im Grunde das »Allervernünftigste« tue. Denn, was sich im voraus nicht beweisen läßt, das erfahre ich im Vollzug , im Akt des anerkennenden Erkennens selbst: Die Wirklichkeit vermag sich in ihrer eigentlichen Tiefe zu manifestieren; ihr erster Grund, tiefster Halt, letztes Ziel, ihr Ursprung, Ursinn, Urwert schließen sich mir auf, sobald ich mich selber aufschließe. Zugleich erfahre ich in aller Fraglichkeit eine radikale Vernünftigkeit meiner eigenen Vernunft: Das grundsätzliche Vertrauen zur Vernunft ist von daher nicht irrational. Es ist rational begründet. Die letzte und erste Wirklichkeit, Gott, erscheint so geradezu als der Garant der Rationalität der menschlichen Ratio!
    Wenn der Mensch im Gottesglauben das »Allervernünftigste« tut, um was für eine Art von Rationalität handelt es sich hier? Diese Rationalität ist derjenigen des Grundvertrauens ähnlich:
    •    Keine äußere Rationalität, die eine abgesicherte Sicherheit verschaffen könnte: Die Existenz Gottes wird nicht zuerst vernünftig bewiesen oder aufgewiesen und dann geglaubt, was so die Rationalität des Gottesglaubens garantierte. Nicht zuerst rationale Erkenntnis Gottes, dann vertrauende Anerkenntnis. Die verborgene Wirklichkeit Gottes zwingt sich der Vernunft nicht auf,
    •    Eine innere Rationalität vielmehr, die eine grundlegende Gewißheit gewähren kann: Im Vollzug, durch die »Praxis« des wagenden Vertrauens zu Gottes Wirklichkeit, erfährt der Mensch bei aller Anfechtung

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