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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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sie, der Pool und die Dunkelheit, die sie vor jenen verbarg, die ihre Freundschaft niemals gutheißen würden.
    Francesca fiel auf, dass Aldo ein trauriger junger Mann war. Als sie sich ein Herz fasste und es ihm sagte, war er überrascht. Darüber habe er sich noch nie Gedanken gemacht, sagte er. Ja, er sei ein melancholischer Mensch und eher menschenscheu, das liege in der Familie. Aber traurig?
    »Also, ich wäre auch traurig, wenn meine Mutter so wäre wie Ihre«, bemerkte Francesca, ohne dass es unverschämt klingen sollte.
    Aldo war sprachlos. Statt sich zu verteidigen, stieß er ein kurzes Lachen aus, das Francesca als Missbilligung ihrer Bemerkung interpretierte. Doch dann räumte er ein, dass seine Mutter tatsächlich äußerst schroff und herablassend sei.
    »Deine Mutter hingegen«, fuhr er fort, »ist eine wunderbare Frau. Das findet zumindest Sofía, die große Zuneigung für sie empfindet. Ich beneide dich um sie«, gab er schließlich zu.
    »Ich liebe meine Mutter über alles, auch wenn sie streng und sehr direkt ist. Als sie Witwe wurde, war ich sechs Jahre alt. Sie war alleine in einem Land, das sie nicht kannte, und sprach kaum spanisch. Aber sie gab nicht auf und machte ihren Weg. Natürlich hatte sie Freunde, die ihr halfen. Pater Salvatore, den meine Mutter noch aus Sizilien kannte, besorgte ihr die Stellung hier im Haus. Vor allem aber mein Onkel Fredo. Er hat uns am meisten unterstützt.«
    »Ein Bruder deines Vaters?«
    »Nein. Eigentlich sind wir gar nicht verwandt. Meine Eltern und Onkel Fredo lernten sich auf dem Schiff kennen, mit dem sie aus Italien kamen. Sie wurden Freunde, und als ich zur Welt kam, wurde er mein Patenonkel. Nach meiner Mutter ist er der Mensch, den ich am meisten liebe.«
    ***
    An diesem Abend tollten sie im Wasser herum wie kleine Kinder. Danach waren sie außer Atem und voller Lebensfreude, von einem bislang unbekannten Glücksgefühl erfüllt. Sie lachten über Nichtigkeiten, redeten unsinniges Zeug und wünschten im Stillen, die Zeit würde stillstehen. Für beide war der Morgen unerträglich geworden, der Auftakt für lange Stunden, die nicht vergehen wollten.
    »Ich habe Hunger«, sagte Aldo und streckte sich neben Francesca aus. »Sofía hat mir erzählt, dass du genauso gut kochst wie deine Mutter. Lass uns in die Küche gehen und du machst uns was zu essen – was hältst du davon?«
    Der Vorschlag überrumpelte sie. Am Pool, weit weg vom Haupthaus und hinter Büschen verborgen, waren sie vor der Außenwelt geschützt. Sie hatte ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, diese Umgebung zu verlassen und sich auf verbotenes Terrain zu begeben.
    »Was hast du?«, fragte Aldo zärtlich. »Wenn du keine Lust hast, gehen wir nicht.«
    »Das ist es nicht. Wenn uns jemand sieht … Na ja, er könnte falsche Schlüsse ziehen.«
    »Niemand wird uns sehen. Alle schlafen«, versicherte Aldo und reichte ihr die Hand. »Gehen wir.«
    In der Küche wärmte Francesca das Abendessen auf und bereitete einen Salat aus Tomaten und Oliven, den sie mit Olivenöl, Oregano, schwarzem Pfeffer und Salz anmachte. Es machte sie nervös, dass Aldo sie so aufmerksam beobachtete, während sie alles zubereitete. Ohne aufzublicken, erledigte sie mechanisch ihre Handgriffe und tat geschäftig und konzentriert.
    Aldo aß schweigend. Francesca brachte kaum zwei Stückchen Fleisch herunter. Stattdessen betrachtete sie den Mann, der ihr da gegenübersaß. Jung, gut aussehend, mit den Manieren eines Gentleman, blauen Augen und kurzem, dichtem blonden Haar. Was machte sie hier in der Küche mit dem Sohn des Gutsbesitzers? Und jede Nacht am Pool? Was erwartete sie sich davon? War sie verrückt geworden? Ja, sie war verrückt, verrückt vor Liebe zu Aldo. Aldo, Liebster, dachte sie und stand vom Tisch auf, damit ihre Augen sie nicht verrieten.
    »Ich wasche das Geschirr ab. Nicht, dass meine Mutter Verdacht schöpft«, sagte sie und drehte ihm den Rücken zu.
    »Warum? Hast du ihr nicht von unseren Treffen erzählt?«
    »Sie würde es niemals gutheißen. Haben Sie etwa Ihrer Mutter davon erzählt?«
    Aldo lachte leise auf. Er trank den letzten Schluck Wein aus, zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Er rauchte langsam, sog den Geschmack des Tabaks auf, genoss die kühle, taufeuchte Luft, die durchs Fenster kam, und die schlichte Tatsache, hier zu sein. In einem plötzlichen Impuls stand er vom Tisch auf und schlang seine Arme um Francesca, die den Teller losließ, den sie

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