Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
Vierbeiner sind enorm, und in puncto Verstandesleistung können viele von ihnen locker mit einem Kleinkind mithalten. Hunde sind überaus schlaue Tiere und wollen ihre Fähigkeiten auch ausleben dürfen. Nur dann fühlen sie sich rundum wohl.
Haben Hunde einen sechsten Sinn?
NINA RUGE: »Meine Hunde sind Wunderhunde!« Diese Aussage unterschreibt wahrscheinlich jeder Hundebesitzer. Schließlich halten uns die Vierbeiner ja ständig und unendlich charmant vor Augen, dass Mutter Natur uns selbst vergleichsweise sparsam ausgestattet hat. Allein ihre Nase. Meine hilft mir gerade einmal dabei, leckeren Braten von Gammelfleisch zu unterscheiden. Lupo dagegen riecht es 500 Meter gegen den Wind, wenn ich ein Stück Wurst in der Hand halte – was er mir unmissverständlich klarmacht, indem er seine Schlappohren aufstellt und im Schweinsgalopp angesaust kommt, um sich die Leckerei einzuverleiben. Apropos Schweinsgalopp. Wie schaffen es Hunde bloß, im Mordstempo über Schotter und Steilhänge oder durch struppiges Unterholz zu jagen, ohne sich dabei auch nur den kleinsten Kratzer zuzuziehen? Was für eine Leistung des Gehirns, in Millisekunden nicht nur die Beschaffenheit des Untergrunds, sondern auch die Hindernisse rechts, links, vorne und oben zu rastern – um im selben Moment die gesamte Körpermuskulatur zu einer vollendeten Drehung zu animieren? Augen, Ohren, Tastsinn und Nase funken im Sekundentakt Millionen Impulse an das Hundehirn, das dann die perfekte Reaktion liefert – quasi ohne jede zeitliche Verzögerung.
Unglaubliche Leistungen
Doch noch einmal zurück zur Hundenase.
Schon vor Drogenspür- und Rettungshunden neige ich meine Nasenspitze bis zum Knie.
Doch letztens las ich, dass speziell ausgebildete Hunde am Atem eines Menschen sogar erschnüffeln können, ob in seiner Lunge Krebszellen ihr tödliches Unwesen treiben oder nicht. Welch eine Leistung!
Das großartige Gehör scheint kaum hintenanzustehen. Ein Hund hört ja nicht nur Herrchens Auto, den Schlüssel im Schloss oder Nachbars Katze im Garten, während wir selbst uns noch an der wunderbaren Stille erfreuen. Nein, er unterscheidet zugleich: Welches Geräusch kenne ich, welches kann ich einschätzen und als »ungefährlich« abhaken? Welches ist neu, fremd und möglicherweise bedrohlich? Lupo beispielsweise bellt nicht, wenn unsere Katze im Dunkeln einen Baumstamm erklimmt. Versucht aber ein fremder Kater genau das Gleiche, gibt es Zunder. Ich sag’s ja: Wunderhund! Und Lupo ist da bestimmt kein Einzelfall.
Können Sie mir sagen, wie Hunde es schaffen, 1000 Dinge gleichzeitig wahrzunehmen?«
Wie machen Hunde das?
Ich bin sicher nicht die Einzige, für die kein Zweifel darin besteht, dass Hunde so etwas wie einen sechsten Sinn haben. Wenn mein Mann von einer Reise zurückkehrt und ich Lupo abends sage: »Herrchen kommt heute noch, aber erst spät«, spitzt er die Ohren, schnauft und legt sich wieder hin. Wenn ich dann ins Bett gehe, folgt er mir nicht wie gewohnt zu seinem Körbchen ins Schlafzimmer. Stattdessen bleibt er in der Diele liegen. Ein, zwei Stunden später weckt mich sein Fiepen. Wenn ich nachsehe, steht er schwanzwedelnd und jubilierend vor der Haustür. Doch sonst tut sich nichts. Erst zwei Minuten später höre ich ein Motorengeräusch. Tatsächlich, mein Mann kommt nach Hause. Aber verflixt noch mal, Lupo schmachtete schon an der Tür, als das Auto noch mindestens einen Kilometer entfernt war. Und überhaupt: Hat dieser Schlaumeier tatsächlich kapiert, dass sein Herrchen noch nach Hause kommt, bloß weil ich diesen einen Satz gesagt hatte? Das bilde ich mir doch nicht alles ein. Hunde haben einen sechsten Sinn, oder?
Ihr ausgeprägter Geruchssinn macht Hunde sensibel für kleinste Veränderungen in ihrer Umwelt.
GÜNTHER BLOCH: Ja, man könnte durchaus davon ausgehen, dass Hunde eine Art sechsten Sinn haben. Trotzdem sollte man mit dieser Aussage vorsichtig sein, denn viele Verhaltensgewohnheiten sind konditioniert, der Hund hat sie also schlicht und ergreifend erlernt. Für einen Hund, der zirka dreimal so weit hören kann wie wir, ist es zum Beispiel kein Problem, das individuell bekannte Motorengeräusch des Autos von Herrchen oder Frauchen schon auf Distanz zu orten. Und die Erfahrung zeigt ihm, dass »sein« Mensch, kurz nachdem er das spezifische Geräusch wahrgenommen hat, zur Tür hereinkommt. Er weiß also: Auto brummt, Herrchen kommt. Klassische Konditionierung.
Nichtsdestotrotz erinnern viele Fähigkeiten
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