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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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nicht damit gerechnet hatte.
    In früheren Beziehungen hatte sie sich immer ausgemalt, wie es wohl sein würde, eines Tages gefragt zu werden. Aber bei Erik war das dann gar nicht mehr wichtig gewesen. Sie hatten einfach beide das Gefühl, der jeweils andere sei endlich der Richtige. Kein Grund zur Eile also. Und deshalb sprachen sie das Thema Ehe und Familie meist auch nur indirekt an oder scherzten darüber mit einer Leichtigkeit, die Lisa erst durch Erik kennengelernt hatte.
    Noch immer fühlte sie sich von ihrem Mann sehr angezogen. Und die Vorstellung, dass sie sich heute wie zwei Teenager im Kino mit Eiskonfekt füttern würden, zauberte ihr ein Grinsen aufs Gesicht. Gerade jetzt, nach diesen aufwühlenden Wochen, die sich manchmal richtig gespenstisch angefühlt hatten, brauchte Lisa das Gefühl, dass Erik und sie eine Einheit bildeten.
     
    Erst als Lisa nach Ladenschluss bei ihrer Rückkehr am späten Nachmittag sah, dass Erik ihr eine zweite Nachricht hinterlassen hatte, erstarb ihr vorfreudiges Lächeln schlagartig.
    Mitten am großen Spiegel im Flur hing unübersehbar ein Zettel. Lisas Herz bekam einen Stich, als sie seine nüchternen Worte las:
    Knuth ist zurück und
    will mir Urlaubsbilder zeigen.
    Gehen vorher doch kurz trainieren.
    Hab einen entspannten Feierabend!
    E.

[zur Inhaltsübersicht]
3.
    Etwa eine Stunde später befestigte Lisa ihre Antwort am Kühlschrank:
    Übernachte bei meinen Eltern.
    Dann griff sie nach ihrer Tasche und machte sich mit dem Auto auf zu ihren Eltern in die Heide, südlich von Hamburg.
    Während der Fahrt musste sie aufpassen, dass die überlauten Songs von Lily Allen sie nicht dazu animierten, viel zu schnell zu fahren. Sie bildete sich ein, spontan bis nach München durchrauschen zu können oder gar noch weiter, um ihre Wut auf Erik loszuwerden.
    Aber mehr noch als über Erik ärgerte sich Lisa über sich selbst. Warum konnte sie bloß nicht gelassener mit seiner Unverbindlichkeit umgehen? Oder warum konnte sie dann nicht wie Lucia, ihre brasilianische Nachbarin von gegenüber, einfach mal laut werden, um Dampf abzulassen. Denn selbst wenn Erik ein schlechtes Gewissen haben sollte, wenn er nach Hause kam und ihren Zettel fand, so änderte das nichts an der Tatsache, dass er es beim nächsten Mal wieder genauso tun würde. Erik machte grundsätzlich immer das, worauf er am meisten Lust hatte.
    Dabei konnte er doch aber auch ganz anders sein!, dachte Lisa und drehte die Musik noch ein wenig lauter. Sonst würde sie solche kleinen Gemeinheiten niemals tolerieren, geschweige denn, dass sie ihn geheiratet hätte.
    Nein, Erik war ein toller Mann und auch ein toller Partner, auf den sie sich immer verlassen konnte – wenn nicht gerade eine Trainingseinheit anstand.
    Im Grunde war Lisa froh, dass die exzessive Sportsucht seine einzige wirkliche Schwäche war. Und sie wusste, dass er sich als Arzt oft genug für andere Menschen einsetzte. Manchmal empfand Lisa es allerdings als eine Bürde, ausgerechnet mit einem Mediziner verheiratet zu sein. Etwa wenn Bekannte oder manchmal sogar Freunde ihm tatsächlich wie einem Halbgott in Weiß begegneten. Dabei hatte es Erik als Sportmediziner viel mehr mit Trainingsoptimierung als mit altruistischer Heilung zu tun.
    Allmählich wanderten sämtliche Grübeleien wieder in den Hinterkopf, und je näher Lisa ihrem Heimatort kam, einem beinahe kitschigen Nest, desto mehr freute sie sich auf das gemeinsame Essen mit ihren Eltern und auf die kleinen, charmanten Geschichten aus der Idylle, die sie so gerne erzählten.
    Doch als Lisa in die vertraute Straße einbog, die ihr jedes Mal ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermittelte, entdeckte sie sofort, dass sie sich zu früh auf einen entspannten Abend gefreute hatte.
    Vor dem Haus parkte der Wagen ihrer Schwägerin. Agnes war kaum älter als Lisa, und doch lag schon in ihrer Stimme oft ein arroganter Unterton, der Lisa zur unreifen Schwester ihres Mannes degradierte. Deshalb war Lisa auch froh darüber, dass ihre Nichte Emilia mehr nach ihrem Bruder Lenny kam. Emi, wie die Kleine seit ihrer Geburt vor fünf Jahren genannt wurde, hatte nicht nur Lennys strohblonde Haare und seine grün leuchtenden Augen geerbt. Auch vom Charakter waren Vater und Tochter gleichermaßen liebenswert. Vor allem wegen ihrer erfrischend direkten und unkomplizierten Art, die Dinge beim Namen zu nennen.
    Als Lisa aus dem Wagen stieg, lief Emi ihr zur Begrüßung freudestrahlend in die Arme.
    «Oma sagt, du

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