Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was ist Demokratie

Was ist Demokratie

Titel: Was ist Demokratie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Nolte
Vom Netzwerk:
er» bezeichnet werden: der um 1930 geborenen Generation, die das Dritte Reich noch als Jugendliche erlebt hatten. Danach verschrieben sie sich, für ihr Leben und ihre wissenschaftliche Arbeit, der Öffnung zum Westen, der Abkehr von deutschen Traditionen autoritärer Gesellschaft und starken Staates.
    Nach der Wiedervereinigung und der Demokratisierung Europas gab es nur einen kurzen Moment des Triumphes. Zumal im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts schoben sich skeptische Töne und Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des westlichen Modells in den Vordergrund. Man fragte nicht nur, ob es in anderen Regionen der Welt, in anderen kulturellen Kontexten anwendbar sei, sondern sah auch «zuhause» dunkle Wolken aufziehen. Sinkende Wahlbeteiligung und schwindendes Vertrauen in Parlament und Politiker, Europa als Bürokratie und die Globalisierung als Angriff auf politische Selbstbestimmung – das sind nur einige Stichworte dafür. Ich gebe zu, mich hat die Vehemenz dieser Kritik oft überrascht – und auch ihre Leichtfertigkeit, denn die Grenze zwischen Kritik
in der
Demokratie und einer Kritik
an ihr
verschwimmt bisweilen allzu leicht. Gewiss kann man bei der Perspektive der «45 er» nicht stehenbleiben, sich zufrieden mit dem Erreichten zurücklehnen oder den Kritikern bloß entgegenhalten: Ihr habt ja in vielem Recht, aber wir sind doch gerade erst der Diktatur entkommen, lasst uns das nicht aufs Spiel setzen!
    Als Kind der 45er kann man aber auch feststellen: Ihre Sichtweise auf die Demokratie war nicht nur situationsgebunden und vergeht deshalb auch nicht mit dem Ende der Nachkriegszeit. Sie besitzt eine zeitlose Komponente, denn immer noch streben Menschen nach der Überwindungunfreier Regierungen, nach der Abkehr von Traditionen, die zu sagen scheinen: Bei uns gab es das noch nie und kann das gar nicht passen. Die Aufstände des arabischen Frühlings haben das eindrucksvoll vor Augen geführt. Und mindestens ebenso wichtig: Der Blick auf Defizite verstellt gelegentlich die eindrucksvolle Dynamik von Demokratie, die sich in westlichen Gesellschaften während des letzten halben Jahrhunderts entfaltet hat, in der letzten Generationsspanne ganz besonders. Auch damit konnten die 45er nicht rechnen. Und vieles davon ist noch so neu, dass uns die Begriffe dafür fehlen. Die Demokratie der Gegenwart ist zweifellos komplizierter als die von 1970, aber deshalb nicht weniger vital. Der Blick zurück neigt oft zur Romantisierung – darauf hinzuweisen ist eine wichtige Aufgabe des Historikers. Einen historischen Gipfelpunkt der Demokratie, von dem aus wir in letzter Zeit wieder in einen Abstieg übergehen, hat es nie gegeben. Demokratie war immer umstritten und vieldeutig, sie war nie fertig und wird es nie sein. Wenn es gelungen ist, das zu verdeutlichen, ist das wichtigste Ziel dieses Buches erreicht.
    Dass es geschrieben werden sollte, war mir schon länger klar; welche Form es annehmen würde, war lange unsicher. Ich danke dem Verlag C.H.Beck und namentlich Detlef Felken für seine Geduld und Ermunterung über die Jahre. Viele Aspekte des Themas, viele Quellen und Interpretationen habe ich mit Studierenden in Lehrveranstaltungen erschlossen und diskutiert, in Bremen, Berlin und in Chapel Hill. Die zwei Semester der Lehre dort 2010/11 waren eine beglückende Erfahrung, wie überhaupt das Leben im amerikanischen Süden. Dafür gebührt ein großer und persönlicher Dank Hannelore und Konrad Jarausch. Ohne den Abstand von der Berliner Betriebsamkeit wäre dieses Buch nicht so geschrieben worden oder noch lange nicht fertig. Familie und Freunde haben die asoziale Zeit der Schreibklausur geduldig mitgetragen, besonders Monika. Studentische Hilfskräfte haben immer wieder Literatur beschafft und am Schluss mit Korrekturen und Register geholfen, vor allem Boris Barth und Lena Kuhl. Till van Rahden hat mich an seinen Überlegungen und Lesefrüchten teilhaben lassen. Gewidmet ist dieses Buch einem großen 45er, meinem Lehrer Hans-Ulrich Wehler, für Jahrzehnte des Vertrauens.
    Â 
    Berlin, im Oktober 2011

Nachweise und Literatur
    Im Folgenden werden die verwendete Literatur und die Zitate nachgewiesen. Zugleich soll interessierten Lesern zu jedem Kapitel der Einstieg in weitere, vertiefende Lektüre ermöglicht werden. Der Schwerpunkt liegt auf Monographien und Sammelbänden; Zeitschriftenliteratur wird nur ausnahmsweise

Weitere Kostenlose Bücher