Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)
ein.[ 7 ] Die göttliche Einheit ist unendliche Wirksamkeit; sie ist ständige operatio . Sie erzeugt die Monade, die wir metaphorisch die ‹zweite› nennen können und die durch Liebesglut in ständiger Verbindung mit der Urmonade bleibt. Dieser Dynamismus ist für die Ureinheit wie für die geschaffenen Einheiten charakteristisch; nur ist die Tätigkeit der Ersteinheit eine unendliche Operosität. Sie wird durch nichts gehindert; ihr steht kein Satan gegenüber; sie durchstrahlt mit ihrem Licht alles. Sie ermattet nicht. Sie sucht keinen Schatten, in dem sie sich ausruhen könnte (XIII). Sie ist das denkbar Beste (V), die Einheit, vereint mit Wahrheit und Gutsein; in ihr gibt es kein Vor und Danach, keine internen Differenzen (XVII).
Die philosophische Gotteslehre dieses Buches ist Trinitätsphilosophie. Dies durchzieht das ganze Buch und sichert seine konzeptuelle Einheit. Gott ist ‹eine dreiförmige Wesenheit›, triformis essentia (XXII h S. 29, Z. 4; hier S. 69). Ihre drei Elemente sind völlig gleichrangig. In ihr sind Macht, Weisheit und Wille einander gleich (XII). Doch besteht eine Abfolge des Erzeugens (Zählens), Gezeugt-Seins und der Rückkehrglut. Sie ist Geist, der in sich lebt, indem er sich denkt (XX). Es gilt die Theorie Augustins über die mens , den Geist, der das Wort erzeugt und als Liebe zu sich zurückkehrt (III). Insgesamt sind die drei eins. Sie sind keineswegs einander untergeordnet, nur ist ihre Dreiheit gedanklich schwer festzuhalten. ‹Personen› heißen sie schon gar nicht. Die Konzeption ist antihierarchisch; kein Rest von Unterordnung des Logos unter die oberste Einheit, also von Arianismus, ist zurückgeblieben, obwohl das Neue Testament ihn nahelegen würde. Aber das Neue Testament wird hier gar nicht erst gefragt. Hier reden Philosophen über den letzten Grund der Welt und bieten eine philosophische Umformulierung der christlichen Lehre von der Dreieinheit, wie sie sich seit dem vierten Jahrhundert herausgebildet hatte. Unser Buch verweigert den Ausdruck, in Gott seien drei Personen. Schließlich hatte Augustin gesagt, er wisse nicht, was das Wort ‹Person› in diesem Zusammenhang bedeute. Die Zahl drei kommt vor; die Monade zählt sich zahlenartig aus, se numerose multiplicat (I h S. 5, 2.4), aber die Zählbarkeit gehört zur Vorstellungs stufe der menschlichen Erkenntnis und ist zu überwinden. Der Autor transformierte Wendungen, die teils Augustin, teils der Theologie des 12. Jahrhunderts entlehnt sind. Sie sagen: Die Monade ist ineins Geist, gesprochenes Wort und deren bleibende Verbindung (IV); sie ist Ursprung, Hervorgang und Ziel/Ende (VII); sie ist Macht, Sein und Gutsein (X); sie ist zugleich Einheit, Wahrheit, Gutsein (XV). Diese traditionellen Ternare lassen die Vorstellung dreier zählbarer, distinkter Personen nicht erst aufkommen. Nikolaus von Kues hatte behauptet, er habe eine Stelle bei Augustin gefunden, die warne: Wenn du anfängst zu zählen, fängst du an zu irren.[ 8 ] Die Stelle findet sich aber nicht im Werk Augustins. Bei Cusanus dominiert wie bei den vierundzwanzig Philosophen die Einheit, aber es ist eine unendlich tätige, eine lebendige Einheit, die jede Andersheit in sich zurücknimmt. Die Ureinheit ist Geist und Tätigkeit; sie zählt sich zahlenartig aus (I); sie ist ewige Operation, die nicht ‹innertrinitarisch› heißen darf, denn bei der unendlichen Sphäre ist das Außen Innen und das Innen Außen. Sie erzeugt, sie macht sich zum Wort, sie tätigt die Verbindung zwischen dem Erzeugenden und dem Wort (IV). Sie ist die Einheit von Können, Sein und Gutsein (X), von Wille, Macht und Weisheit (XII). Sie ist Macht, Einsicht und Liebe; sie ist Einheit, Wahrheit und Gutheit. Sie ist im höchsten Maße Leben (XX). Die Trinitätsformeln laufen darauf hinaus: Die unendliche Einheit ist Leben. Und als unendliche betrachtet, gibt es in ihr weder Vater noch Sohn.[ 9 ] Dem Autor schwebt ein qualifizierter Begriff von Leben vor; kein anderes Thema schlägt er so oft an wie dieses.[ 10 ] Denn ‹Leben› ist die Tätigkeitsform von Einheit: je einheitsartiger, um so lebendiger, um so aktiver (V). Weil die Einheit in sich lebendig ist, bewegt sie alles unbewegt (XIX h S. 26, Z. 4; hier S. 64). Dass die Gottheit Selbsterkenntnis ist, Freude und höchstes Leben (XVII) und dass sie zugleich als erster Beweger unbewegt alles begründet, das steht im zwölften Buch der Metaphysik des Aristoteles.
5. Ausgang und Rückkehr
Gott und die Welt stehen hier nicht
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