Was Katzen wirklich wollen
finden wir sie als kostbares Inventarstück in den Übergabelisten großer Güter oder Höfe.
Die Katze als Hexenwesen
Gegen Ende des Mittelalters allerdings machte die bisher so huldvolle Einstellung gegenüber der Katze eine drastische Kehrtwendung. Neue Krankheiten schürten Aberglauben und Intoleranz der Menschen, die vordem freie Gerichts-barkeit musste sich der Kirche unterwerfen. Be- spitzelung und Inquisition traten in den Lebensmittelpunkt – und damit auch der Hexenwahn.
Dieselben Eigenschaften, die den Katzen Götterstatus verliehen hatten, machten sie nun zum Inbegriff des Bösen. Die Nachtaktivität, die auf schlichte Gemüter lasziv wirkenden geschmeidigen Bewegungen, das manchmal durch elektrostatische Aufladung knisternde Fell und natürlich wieder die Augen, diesmal »teuflisch« glühend, regten die finstere Seite der menschlichen Fantasie an. Dazu kam die Ächtung jeglicher Überlieferung aus unserem germanischen Götterkult, der beispielsweise der Göttin Freia die Waldwildkatze geweiht und zugesellt hatte.
Mit zunehmendem Fanatismus wandte sich die christliche Kirche gegen die latent wohl noch vorhandene heidnische Verehrung der heiligen Gesellin Freias und verdammte sie als bösen Geist in die Hölle. Dadurch bekam der alte Bund zwischen (Haus-)Frau und Katze einen üblen Ruf, und schon bald wurden Tausende von Frauen und auch Männer gemeinsam mit ihren »Satansdienern« auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das Unglück und Leid, das Kirche und Aberglauben über Menschen und Tiere jener Jahrhunderte brachten, war unvorstellbar groß: Nach manchen Quellen ließen über neun Millionen Menschen ihr Leben bei der »Peinlichen Befragung« zur Hexerei und am Brandpfahl.
Erst 1862 gab es die letzte Hexenverbrennung in Deutschland. Und die Zahl der Katzen wurde so stark dezimiert, dass das Vorkommen von Ratten und Mäusen epidemische Ausmaße annahm und in der Folge auch den Ausbruch der großen Pestepidemien im 17. Jahrhundert mitverursachte.
ENTTHRONT, VERTEUFELT UND WIEDER REHABILITIERT
Ihre eigenständige Lebensweise, mangelnder Gehorsam und ausschweifendes Sexualleben trugen dazu bei, dass die Katze aus der Nähe zu Göttinnen verbannt und im späten Mittelalter schließlich verteufelt wurde. Ihre Vorliebe für ruhige Wohnstätten, etwa bei alleinstehenden Frauen, machte sie zur »Komplizin« vermeintlicher Hexen. Dieses negative Image behielt sie lange, selbst in vielen Filmen wurden Katzen als Unglücksboten eingesetzt.
Fast zeitgleich entstand das volkstümliche Märchen des Gestiefelten Katers, in dem eine scheinbar wertlose Katze ihrem Besitzer durch ihre Intelligenz und Geschicklichkeit zu Wohlstand und Königswürden verhilft. Die reizende Geschichte des namenlosen Katers, der sich für ein Paar geschenkter Stiefel überaus dankbar zeigt, hob seither Ansehen und Wertschätzung der Bartputzer nicht nur unter den Katzenfreunden.
Erfolgreiches Comeback in der Neuzeit
Erst im Laufe der Aufklärung besann man sich wieder mehr auf die unbestreitbar nützliche Seite der Katze. Bis zum heutigen Tag hat sie, den Mitteilungen der Massenmedien zufolge, im westlichen Europa den Hund als »beliebtestes Heimtier« überholt. Allein in deutschen Haushalten leben mittlerweile geschätzte acht Millionen Katzen gegenüber knapp sechs Millionen Hunden.
Nun widerstrebt es mir zutiefst, Masse als Klasse zu deuten, deshalb ist meiner Ansicht nach eine hohe Anzahl von Katzenhaltungen keineswegs ein Synonym für »Beliebtheit«. Vielfach ist der Grund dafür, eine Katze in seiner Heimstätte zu haben, reine Bequemlichkeit, und so hört man oft Argumente wie: »Da Katzen mehr am Haus hängen als am Menschen, brauchen sie nicht viel Zeit für Zuwendung, sie schmutzen nicht, und außerdem sind sie viel billiger als die steuerpflichtigen Hunde.«
Zweifellos hängt die steigende Zahl der Katzen mit der entsprechend zunehmenden Zahl der Single-Haushalte, vor allem in den größeren Städten, zusammen. Ganze Industrien stellen ihre immer weiter verfeinerten Produkte den Katzenfreunden zur Verfügung – vom ausgeklügelten Feinschmecker-Menü über duftende Kuschelhöhlen bis zu raffiniertem mechanischem Spielzeug. Die lange Literaturliste über Wesen und Haltung der Katze wächst von Jahr zu Jahr.
Die andere Seite der Medaille
Auf der anderen Seite gibt es die als Mäusevertilger geduldeten, aber sonst unversorgt lebenden Landkatzen und – viel schlimmer noch – eine Unzahl herrenloser Streuner in den
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