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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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brauche einen Wagen.«
    Â»Sie brauchen was?«
    Â»Ich brauche einen Wagen. Ein Taxi. Ich bin doch da beim Taxiunternehmen Mersch?«
    Â»Es ist Viertel nach sechs!«
    Â»Ich weiß, aber ich brauche jetzt einen Wagen.«
    Â»Ach Gottchen, ach Gottchen.«
    Â 
    Ich frage ihn, was eine Fahrt nach Frankfurt koste.
    Er fragt mich, ob ich den Flughafen Frankfurt-Hahn meine.
    Ich sage: Nein, das richtige Frankfurt, das am Main, Hauptbahnhof.
    Er fragt mich, ob ich ihn verarschen wolle.
    Ich sage: Nein.
    Â 
    Â»Frankfurt am Main, Hauptbahnhof, das sind gut und gerne anderthalb Stunden. Wenn die B 50 noch gesperrt ist, vielleicht auch mehr.«
    Â»Was kostet die Fahrt?«
    Â»Da muss ich mal überlegen.«
    Â»Na, dann überlegen Sie mal.«
    Â»Ja, also, ich würde sagen, also … zweihundertfünfzig Euro muss ich da schon haben!«
    Â»Gut. Wann können Sie hier sein?«

    Â»Wo denn überhaupt?«
    Â»Im Wingert 21.«
    Â»Renderich?«
    Â»Ja klar.«
    Â»Bei Arends?«
    Â»Kennen Sie die?«
    Â»Natürlich kenn ich die.«
    Â»Halten Sie bitte hinten am Gästehaus. Und nicht hupen oder klingeln, ich sehe den Wagen vom Balkon aus.«
    Â»Sind Sie sicher, dass Sie mich nicht verarschen wollen, Herr …«
    Â»Birnbaum.«
    Â 
    Ich sage ihm, dass ich sicher sei, ihn nicht verarschen zu wollen.
    Er sagt, er wolle das Geld bar und im Voraus.
    Ich sage: Kein Problem.
    Er sagt, er sei in ungefähr dreißig Minuten hier.
    Ich frage ihn, ob er nicht in zwanzig Minuten hier sein könne.
    Er sagt, er beeile sich.
    Â»Mann Mann Mann«, stöhnt er noch, dann legt er auf.

    Vierzig Minuten später fährt der Wagen vor. Ein Mercedes. Natürlich.
    Lieber Vater, falls du oben im Himmel auf einer Wolke sitzt und dich fragst, was dein Sohn da eigentlich die ganze Zeit für einen Mist mit deiner Kohle anstellt - ich hoffe, es stimmt dich wenigstens ein wenig versöhnlich, dass ich dein
letztes Geld für eine zweihundertfünfzig Euro teure Fahrt in einem Mercedes ausgebe.
    Ich erhebe mich vom Balkontisch, wo ich gewartet habe, damit mich niemand an der Straße stehen sieht. In den letzten vierzig Minuten habe ich meine Tasche gepackt und das schmutzige Geschirr in die Spüle geräumt. Die Flipflops und den Langhaarschneider habe ich liegen lassen, den alten Mann und das Meer in den Müll gestopft, nach ganz unten, unter die Zeitungen. Die Schlüssel habe ich zu dem Geld auf den Küchentisch gelegt und kurz überlegt, ob ich noch etwas dazuschreiben soll, es dann aber gelassen. Stattdessen habe ich mir die Zähne geputzt, die Blutkruste von der Oberlippe gewaschen und notdürftig das Erbrochene vom Hosenbein geschrubbt.
    Herr Mersch mustert mich skeptisch. Ob wir uns in den letzten Tagen schon mal begegnet sind? In der Linde? In Bernkastel? Oder gar gestern auf dem Weinfest?
    Â»Das Geld will ich aber vorher sehen!«, sagt er, als er den Kofferraum öffnet.
    Ich schiebe meine Tasche hinein, setze mich hinter den Beifahrersitz auf die Rückbank und reiche ihm das kleine Bündel Scheine. Fünf Fünfziger. Herr Mersch hält sie allen Ernstes prüfend gegen das Licht.
    Â»Sicher ist sicher«, sagt er entschuldigend und kramt umständlich nach seiner Brieftasche.
    Â»Ja, sicher«, sage ich.
    Ein Hahn kräht angeberisch seine Verse in die Luft. Bald werden die ersten Menschen zur Kirche gehen, oder zum Dorfladen, Brötchen holen bei Sofia Coppola, von der ich mich am liebsten noch verabschieden würde. Eine Frau und ein Mann spazieren die steile Straße hinauf. Der Mann
zeigt mit dem Finger auf das Taxi. Ich versuche mich auf dem Rücksitz klein zu machen.
    Â»Können wir losfahren? Ich … ich muss meinen Zug kriegen.«
    Â»Ich weiß aber nicht, wie lange das dauert, kommt wie gesagt auf die B 50 an«, sagt Herr Mersch.
    Â»Egal. Nur fahren Sie bitte los.«
    Â 
    Der Mercedes windet sich die schmale Landstraße hinauf. Es ist dieselbe Strecke, die ich vor drei Tagen mit Judith und Flo gefahren bin. Ich kurble das Fenster runter und zünde mir eine Zigarette an. Meine vorletzte. Herr Mersch blickt mit zusammengekniffenen Augen in den Rückspiegel. Ich erwarte eine Standpauke, doch er greift nur in die Mittelkonsole und schüttelt sich ebenfalls eine Zigarette aus einer Schachtel HB. Ich gebe ihm Feuer. Er bedankt sich.
    Dampfend brausen wir durch den frühen Morgen. Der

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