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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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verloren – oder gestohlen. Solange Sie es nicht wussten, waren Sie doch glücklich.«
    »Ich hielt mich für glücklich.«
    »Wenn Sie sich für glücklich halten, sind Sie es auch. Können wir uns mehr wünschen?«
    Er zwang sich zu einem Lächeln. Ich glaube, er hatte sie wirklich gern, wollte sich aber trotzdem von ihr scheiden lassen. Ich zuckte mit den Schultern. Ich sage den Leuten nicht, was sie tunsollen; ich bin nur der Mann, den sie bezahlen, um ihren Müll zu durchsuchen. Sie würden sowieso nicht auf mich hören.
    Also: Observierung.
    Es ist besser, als Müll zu durchsuchen, was meistens auch nicht so ergiebig ist, wie man glaubt Ehrlich gesagt ist eine Observierung schon ein bisschen aufregend – jedenfalls in den ersten fünf Minuten, wenn man auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkt, Kamera, Diktiergerät, Thermosflasche, Sandwiches, Ersatzfilm auf dem Beifahrersitz … Es ist genau wie mit der Tür unseres Büros. Ich bestand auf einer halb verglasten Tür, als wir unsere Geschäftsräume einrichteten. Und wieso? Damit unsere Namen draufstehen können, genau wie bei Philip Marlowe in Tote schlafen fest . Jeder Privatdetektiv, den ich kenne, behauptet, der Job sei überhaupt nicht glamourös. Das ist eine glatte Lüge. Natürlich gibt es viel Monotonie und Dinge, die einen deprimieren: Ungewissheit, finanzielle Unsicherheit, Begegnungen mit Menschen, die nicht besonders erfreut sind, einen zu sehen. Aber wann immer ich durch diese Tür gehe, betrachte ich die in einem dunklen Goldton gehaltenen Buchstaben und denke flüchtig: Da steht mein Name. Das bereitet mir großes Vergnügen. Ist das nicht das Gleiche wie Glamour?
    Genauso ist es auch mit der Observierung. Sie kennen die Filme, wir auch. Alles ist möglich, jederzeit. Meistens passiert natürlich nichts, aber man kann nie wissen. Diesmal ist es aber wirklich nicht glamourös, denn ich habe das alles schon einmal gesehen. Ich habe schon Tonnen von Beweisen, dieser Abend soll es nur noch mal bestätigen. Der letzte Nagel im Sarg der Schuld.
    Fünfzig Minuten lang passiert gar nichts, wenn man davon absieht, dass ich ein Schinkensandwich esse und einen Becher Tee trinke. Ich beobachte ein Haus in einer Straße mit lauter gleich aussehenden Häusern am Rand von Twickenham. Im Obergeschoss brennt Licht, aber es könnte auch ein Timer sein.Um 19.28 Uhr parkt ein Auto auf der Straße, und ein Mann – Mitte vierzig, leicht übergewichtig, dummes Gesicht – steigt aus, geht zum Haus und schließt auf. Möglicherweise bewegt sich drinnen etwas, aber ich bin mir nicht sicher.
    Er hat also einen Schlüssel.
    Um 20.09 Uhr öffnet sich die Tür wieder, und der Mann kommt heraus. Er trägt jetzt eine wärmere Jacke. Also hat er Kleidung im Haus. Er ist in Begleitung einer Frau im gleichen Alter, elegant gekleidet, gut aussehend, schlank, Chinesin. Sie gehen zusammen zu seinem Auto, wenn auch ohne sich zu berühren oder miteinander zu sprechen. Als sie aus dem Tor auf die Straße biegen, schaut die Frau kurz in meine Richtung, aber ich weiß nicht, ob sie meinen Wagen bemerkt hat. Ihr glattes dunkles Haar schwingt dabei vor ihr Gesicht wie ein Vorhang. Ich mache einige Fotos. Sie sind nicht sehr gut; ich erwische sie nur im Profil, und das Licht ist so schlecht, dass man keine Einzelheiten erkennen wird. Ist aber auch egal.
    Ich weiß genau, wer die beiden sind.
    Am nächsten Morgen betrachtet mich Hen mit misstrauischem Blick. Er hatte Streit mit seiner Frau Madeleine, so viel ist klar. Außerdem hat er vermutlich zu wenig geschlafen, was man ihm ansieht – anscheinend war Charlie, der Jüngste, die ganze Nacht wegen einer undefinierbaren Kinderkrankheit wach.
    »Geht es ihm besser?«
    »Er wird es überleben.«
    Der Stift zwischen seinen Zähnen wackelt hin und her – Zigarettenersatz.
    »Madeleine möchte dich gern für morgen Abend zum Essen einladen.«
    »Morgen? Ach, ich weiß nicht …«
    »Sie akzeptiert kein Nein.«
    »Und wenn ich schon verabredet bin?«
    »Bist du das denn?«
    »Möglicherweise. Ich könnte ja auch noch ein Privatleben haben. Wie kommt sie darauf, dass ich mich aus Einsamkeit und Verzweiflung jeden Abend betrinke?«
    »Weil sie dich kennt. Nein … du weißt schon, sie will einfach nur … dass du unter Menschen gehst.«
    Ich schaue ihn an.
    »Ich glaube nicht, dass sie sonst noch jemanden eingeladen hat. Na, komm schon – einfach nur Abendessen. Das wird nett.«
    Wie der Tag abläuft ist klar. Wir haben nur einen

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