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Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Titel: Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Richter
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mögen das nicht so gern). Die junge Familie rechts von uns muss auf diese Weise in den Genuss des Abends gekommen sein und schaut ähnlich verstört wie Evas Schwiegermutter. Der fleischige Mensch links von uns sieht dagegen aus wie die Made im Speck. Kommt ursprünglich aus Österreich, kann kaum noch Deutsch, »aber meine junge Frau ist Russin, die versteht mich auch so«, prustet er mir auf Englisch ins Ohr. Er gehört zum Deutschen Club von Christchurch.
    »Was macht man denn da so, im Deutschen Club?«, frage ich.
    »Na, saufen!«, lacht der Ösi-Kiwi.
    Meine Recherchen erschöpfen sich schnell. Herr Maibach hält eine Rede auf Englisch. So gehört sich das im Gastland, auch wenn der angelsächsische Anteil des Abends sich auf die Pappteller beschränkt. Wir sind die Ersten auf der ganzen Welt, ›in the whole world‹!, die diesen Fastelovend, ›evening of the carnival‹, begingen, denn in Köln, wo um elf Uhr elf die Jecken anfangen zu tanzen, sei es jetzt ja erst acht Uhr morgens. Kleiner Lacher von Herrn Maibach an dieser Stelle, denn die Zeitverschiebung ist ein sicherer Humorgarant. Besonders zu begrüßen sei die Delegation des australischen Karnevalsvereins Tivoliana. Hier erheben sich drei Schwergewichte fortgeschrittenen Alters und Alkoholkonsums. Für die gibt es auch Orden. Wie gut, dass wir unseren Infozettel haben, sonst hätten wir’s schwer ›to fit in‹. So brüllen wir, dreimol von Häätze (›three times from the heart‹):
    »Kölle (›Cologne‹) – Alaaf!«
    »Festkomitee – Alaaf!«
    »Christchurch – Alaaf!«
    Herr Maibach hat eine nichtkölsche Keybordspielerin angeheuert. Das war ein Patzer, der dem Festkomitee nicht hätte unterlaufen dürfen. In den Adern der Dame fließt kein Tropfen rheinischen Bluts. Sie orgelt die Karnevalsmelodien wie bei einer Beerdigung herunter. Maibachs Gesicht verzieht sich. »Die muss isch rausschmeißen«, stöhnt das immer stärker schwitzende Festkomitee. Nach einer qualvollen halben Stunde Klimperei stellt jemand kurzerhand die Stereoanlage an. Mit den ersten Klängen fährt es wie ein Ruck durch die Bankreihen: ›Wenn das Wasser im Rhein goldener Wein wär‹. Mit einem Mal herrscht Stimmung. Und wie: Es wird geschunkelt! Das ist mehr Deutschtümelei, als eine Auswanderin mit lange erprobter Antihaltung verkraften kann. Aber den Saal kann ich jetzt nicht verlassen. Ich bin auf der Bank eingezwängt. Also bleibt mir nur die Flucht nach vorn. Genauer, seitwärts. Ich knicke ein. Eva und ich haken Ottos Arme unter und wiegen uns nach links und dann nach rechts. Und wieder zurück. Wir schunkeln. Es geht wie von selbst. Unsere Reihe gerät mit jedem Schwung mehr außer Rand und Band. Fast fliege ich mitsamt dem Köllegirl und Hexenmeister von der Bank. Unsere Herkunft bricht sich ungestüm Bahn. Sie lässt sich beim besten Willen nicht mehr länger verleugnen.
    »Rechts fahren!«, ruft ein Mann in deutscher Polizeimütze und neuseeländischer Scherzkrawatte. Der australische Vereinspräsident steht auf, reißt den Arm nach vorne und brüllt in den Saal: »Zickezacke, zickezacke, hoi hoi hoi!« Der Saal brüllt zurück. Was für eine Party! Da können sie sich in Kölle am Rhing aber was von abschneiden. Es kommt noch doller. Herr Maibach schubst seine als Mickey Maus kostümierte Frau vor sich her und beginnt eine Polonäse. Mitgehangen, mitgefangen. Eva und ich greifen uns beherzt ein paar Schultern und stapfen durch den Saal. Otto schmeißt mit Konfetti um sich. Er ist begeistert. Zum Glück sieht uns niemand, der mich kennt.
    Schwiegertigermutter ist schon lange nicht mehr zu halten. Sie reißt den Raubtierrock hoch und tanzt wie ein wilder Derwisch mit den Australiern. Haki Waiomio wäre stolz auf sie. Sie ist offensichtlich im Einklang mit sich, ihrer Kultur und ihren Wurzeln. Von Jägis Vorfahrin kann ich noch einiges lernen. »Nee, wat is dat schön«, singt sie auf thüringisch-kölsch. Es wird schwer werden, sie wieder loszueisen. Eva schlägt vor, dass die Gute sich später ein Taxi zu Jörg nehmen soll.
    »Dann kannst du noch bleiben, das ist doch viel einfacher.«
    Es ist offensichtlich, dass sie sie loswerden will.
    »Ich hab zu Hause noch Besuch«, erklärt Eva halb entschuldigend, als sie meinen Blick sieht. Sie checkt ihr Handy. Besuch um diese Zeit? Schwiegermutter tänzelt schon wieder davon. Ich schenke mir nach. Wahrscheinlich ist Haki Waiomio gerade in der Stadt und spart sich das Hotel. Schade, dass das Köllegirl so

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