Was sich liebt, das küsst sich - Gibson, R: Was sich liebt, das küsst sich - Nothing but Trouble
mitgenommen, ihm aber aufmerksamerweise ihr Hochzeitsalbum dagelassen, das auf der zentralen Kücheninsel aus Granit auf ihn wartete. Es war bei einem Foto von ihnen beiden aufgeschlagen, auf dem eine zauberhafte Chrissy in ihrem Vera-Wang-Kleid strahlte, während er im Armani-Smoking neben ihr stand. Das Küchenmesser in seinem Kopf hatte das Bild vom trauten Eheglück irgendwie verdorben. Für ihn jedenfalls.
Sollte man ihn ruhig einen Romantiker schimpfen.
Er wusste nach wie vor nicht so recht, was sie eigentlich so erbost hatte. Schließlich war er gar nicht oft genug zu Hause gewesen, um sie so richtig zu vergrätzen. Sie hatte ihn verlassen, weil er und sein Geld ihr nicht genügten. Sie hatte mehr gewollt und es weiter unten an der Straße gefunden, bei einem Sugar-Daddy, der fast doppelt so alt war wie sie. Die Tinte auf den Scheidungspapieren war kaum getrocknet, da war sie schon in ein Haus ein paar Straßen weiter gezogen, wo sie jetzt unweit von Bill Gates am Seeufer wohnte. Doch trotz der nobleren Adresse und des akzeptablen Ehemanns bezweifelte Mark, dass die Mädels im Country Club jetzt plötzlich netter zu ihr waren. Höflicher, ja. Netter, nein. Aber das machte Chrissy bestimmt nicht mal viel aus. Solange sie ihr Küsschen auf die Wange hauchten und ihr Komplimente über ihre Designer-Klamotten machten, war sie glücklich.
Als die Scheidung vor einem Jahr rechtsgültig geworden war, hatte Mark »Nichts wie weg aus Medina« ganz oben auf seine Prioritätenliste gesetzt. Gleich hinter dem Stanley-Cup-Gewinn. Doch Mark war kein Multitasking-Talent. Er machte immer schön eins nach dem anderen, dafür aber gründlich. Die Suche nach einem neuen Zuhause stand noch immer auf Platz zwei der Liste, nahm derzeit allerdings auf der Wichtigkeitsskala hinter »Drei Meter ohne Schmerzen gehen« nur den zweiten Rang ein.
Der Lincoln bog in Marks kreisrunde Einfahrt und hielt hinter einem ramponierten Honda CR-V mit kalifornischem Kennzeichen. Vermutlich die Betreuerin. Mark umklammerte seinen Stock und sah durchs Fenster zu der Frau, die auf seiner Verandatreppe hockte. Sie hatte eine große Sonnenbrille auf und trug eine Jacke in knalligem Orange.
Der Chauffeur kam zu ihm nach hinten und öffnete ihm die Tür. »Darf ich Ihnen heraushelfen, Mr Bressler?«
»Ich komme zurecht.« Als er aus dem Wagen stieg, krampfte seine Hüfte und die Muskeln schmerzten. »Danke. « Er gab dem Fahrer ein Trinkgeld und konzentrierte sich auf den Backsteinbürgersteig, der zu seiner Veranda führte, und die Flügeltür aus Mahagoni. Er kam langsam, aber stetig voran, da das Vicodin jetzt endlich wirkte und den Schmerz linderte. Die Frau mit der orangefarbenen Jacke stand auf und beobachtete hinter ihrer großen Sonnenbrille, wie er sich näherte. Unter der Jacke trug sie ein Kleid in allen erdenklichen Farben, aber der buntscheckige Alptraum beschränkte sich nicht auf ihre Kleidung. Ihre Haare waren oben auf dem Kopf blond, wiesen jedoch weiter unten einen unnatürlichen rötlich-rosa Farbton auf. Er schätzte sie auf Ende zwanzig/Anfang dreißig, womit sie jünger war als ihre
Vorgängerinnen. Und hübscher, trotz der Haare. Sie reichte ihm kaum bis zur Schulter und war ziemlich dünn.
»Hallo, Mr Bressler«, begrüßte sie ihn, als er brüsk an ihr vorbeilief und die Treppe hinaufstieg. Sie hielt ihm die Hand hin. »Ich bin Chelsea Ross. Ihre neue Betreuerin.«
Aus der Nähe betrachtet war die Jacke der Frau auch nicht schöner. Sie war aus Leder und sah aus, als hätte sie höchstpersönlich drauf rumgekaut. Er ignorierte die ausgestreckte Hand und durchwühlte seine Tasche nach seinen Schlüsseln. »Ich brauche keine Betreuerin.«
»Ich hab schon gehört, dass Sie schwierig sind.« Sie schob ihre Brille hoch auf den Kopf und lachte. »Sie werden mir doch das Leben nicht schwer machen, oder?«
Er steckte den Schlüssel ins Schloss und sah über die Schulter in ihre strahlend blauen Augen. Er hatte nicht viel Ahnung von Damenmode, doch selbst er wusste, dass man nie zu viele grelle Farben auf einmal tragen sollte. Es war, als würde man zu lange in die Sonne gucken, und er fürchtete schon zu erblinden. »Ich versuche nur, Ihnen Zeit zu sparen.«
»Ich weiß es zu schätzen.« Sie folgte ihm ins Haus und schloss die Tür. »Offiziell fange ich erst morgen an. Ich wollte nur schon mal vorbeischauen und mich vorstellen. Nur kurz hallo sagen.«
Er schlenzte seine Schlüssel auf den Flurtisch, die über die Tischplatte
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