Was uns glücklich macht - Roman
Dringlichkeit der Sache bewusst, das Gefühl breitete sich ganz allmählich in meinem Körper aus, wie bei einer Erkältung: Zuerst war mir ein wenig schwindelig, dann begann es im Magen ein wenig zu kribbeln, und dann prickelte es bis in meine Finger und Zehen. Schließlich wurde mir eiskalt, was wirklich zu blöd war, weil ich nichts Warmes zum Anziehen dabeihatte.
Ich hatte nicht gedacht, dass ich es auf Kauai brauchen würde.
Ich ging in das herrliche Bad in unserer Suite, dieses luxuriöse Paradies, in das wir erst am Abend zuvor eingecheckt hatten. Der Teppich unter meinen Zehen war weich. Es hatte sich so gut angefühlt, als ich nach dem Dinner die Schuhe von den Füßen schleuderte, nach dem Champagner, nach den Schwänen, die an unserem perfekten, kerzenerleuchteten Tisch vorbeiglitten, und nach dem wunderbaren kleinen Toast, den Robert ausgebracht hatte: Endlich sind wir beide miteinander allein.
Unsere Hochzeit war eine Katastrophe, wie sie im Buche stand, aus zwei Gründen. Ein Grund war das Geld meines Vaters. Der andere war die Wahl, in zweifacher Hinsicht: erstens meine Wahl eines Ehemannes und zweitens die Gouverneurswahl. Denn 1) hielt mein Vater nichts von Robert, weil er vierzehn Jahre älter ist als ich, und 2) machte es Roberts Karriere erforderlich, dass wir, inmitten unserer stürmischen Romanze und Hochzeit, jeden wachen Moment damit zubrachten, mit Leuten zu reden, die wir nicht kannten, und Interesse zu heucheln an allem, was sie sagten. Das war schon okay, selbst wenn es nicht sonderlich toll war, weil es den Eindruck vermittelte, dass Robert wenigstens an irgendetwas glaubte. Mein Vater glaubte nur an Geld, daher wollte er nicht zulassen, dass ich einen älteren Mann, den ich vor drei Monaten in einem Aufzug kennengelernt hatte, ohne Ehevertrag heiratete. Aber Robert hatte damit überhaupt kein Problem, er zeigte sich sehr verständnisvoll und reif. »Wenn ich dein Vater wäre, ginge es mir ganz genauso«, sagte er zu mir.
Deswegen habe ich ihn geheiratet. Weil er Sachen sagt, die erwachsene Männer sagen.
Ich dagegen war zornig auf meinen Vater, weil er nie einverstanden mit meinem Lebensstil war, meiner Sportbegeisterung, meiner Vorliebe für das Leben im Freien, fürs Campen und Wandern. Er hat nie verstanden, warum ich mir nichts aus der einzigen Sache mache, die ihm wichtig ist: dem Geld.
»Als ich elf war«, erzählte er mir, »habe ich meinen Baseballhandschuh verloren. Ich habe ihn im Park liegen lassen, und als ich noch mal hinging, um ihn zu suchen, war er weg. Ich habe mich nicht nach Hause getraut, weil ich meinem Vater dann hätte erzählen müssen, dass ich den Handschuh verloren hatte. Denn selbst wenn ich den Wert des Handschuhs kannte und zu schätzen wusste, schien mein Verhalten darauf hinzudeuten, dass ich es eben nicht tat. Ich wusste, wie sehr mein Vater von mir enttäuscht sein würde.«
Ich konnte nicht widerstehen. »Es ist schwer, durchs Leben zu gehen, wenn man weiß, dass der eigene Vater enttäuscht von einem ist, nicht wahr?«, sagte ich.
»Werd nicht frech.«
»Und, wie ging es dann weiter?«
»Wie ging was weiter?«
»Die Sache mit dem Baseballhandschuh«, sagte ich. »Was ist passiert, als du es deinem Vater schließlich erzählt hast?«
Mein Vater winkte auf die abschätzige Weise, die nur er so gut draufhat. »Eigentlich gar nichts.«
Ich schüttelte den Kopf. »Was soll die Geschichte dann?«
»Nicht jede Geschichte hat eine Botschaft, meine Liebe«, sagte mein Vater. »Ich will nur, dass du glücklich wirst. Und als dein Vater ist es meine Aufgabe, dich davon abzuhalten, den größten Fehler deines Lebens zu begehen.«
Genau die Bemerkung, die eine junge Frau am Tag ihrer Hochzeit hören will.
Die Sache ist die, es war kein Fehler. Robert ist anders als alle Typen, die ich kennengelernt habe, und der erste Unterschied ist, dass er kein Junge ist. Er ist ein Mann. Er ist der Staatsanwalt von Los Angeles County, California. Er steckt die schweren Jungs ins Gefängnis – einen erwachseneren Beruf kann man sich doch wohl kaum vorstellen, oder?
Wir sind uns in Sacramento begegnet, als ich dort zur Hochzeit einer Freundin war. Ich ging im Hotel zum Aufzug, als mir ein attraktiver älterer Mann auffiel, der mich anstarrte. Er trug einen blauen Nadelstreifenanzug und eine marineblaue Krawatte, ein Outfit, wie es auch der Hauptdarsteller in einem Film aus den Vierzigern hätte tragen können. Aber seine Augen hatten etwas Weiches, egal wie
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