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Was wir Liebe nennen

Was wir Liebe nennen

Titel: Was wir Liebe nennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Lendle
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jetzt? Sascha schob wieder die Unterlippe vor. Lambert fragte sich, ob Violas nächstes Kind wohl auch diesen Gesichtsausdruck haben würde. Wenn es je auf die Welt kam.
    Â»Und niemand weiß, was mit uns ist«, sagte Sascha.
    Erneut meldete sich der Kapitän und kündigte an, eine Notlandung durchzuführen. On Shannon Island. Lambert hatte von einer Insel dieses Namens noch nie gehört. Er stellte sie sich klein vor. Ein paar unwirtliche Felsen im Nordatlantik, eine kurze Landebahn. Regen. Ver s prengte Schafe.
    Vor dem Fenster dagegen war von einer Insel nichts zu erkennen. Direkt unter ihnen das Meer. Das Wasser sah kalt aus, in der gleichen Farblosigkeit wie der Himmel. Lambert versuchte sich die Instruktionen der Stewardess in Erinnerung zu rufen, die Leuchtpfeile am Boden, die Notausgänge, die Rutsche. Er durfte nicht vergessen, die Schwimmweste erst nach Verlassen der Kabine aufzublasen. Schon meinte er die kalte Luft zu s püren, schon sah er sich im Wasser, zwischen den anderen. Vereinzelte orangefarbene Punkte. An den Schwimmwesten befestigt die Notfallpfeifen, in die sie manchmal blasen müssten. Ein schrilles, verhallendes Konzert, wer könnte es hören? Abends würden sie die kleinen Signallämpchen entzünden, jeder für sich. Ein Meer aus Lichtern, das langsam auseinandertrieb.
    Die Geschwindigkeit solcher Gedanken, die viel schneller waren als alles andere und nicht zu stoppen. Immerzu s prangen die Vorstellungen hin und her, während das Flugzeug mit erstaunlicher Ruhe weiterflog. Lambert löste den Blick nicht mehr von der riesigen Turbine vor seinem Fenster.
    Sascha krallte ihre Hand in seinen Arm.
    Endlich erreichten sie eine Küste, überflogen den Strand, Felsen, brach liegende Felder. Warum gingen sie nirgendwo runter, da war doch festes Land, und viel größer als erwartet. So schlimm konnte es nicht um sie stehen. Wie dicht über dem Boden sie flogen. Direkt unter seinem Fenster erkannte Lambert einige Häuser, eine Frau ging mit ihrem Hund und sah zu ihnen herauf. Der Schatten des Flugzeugs zog über sie hinweg. Lambert verlor sie aus den Augen.
    Die Wiesen von einem leuchtenden Grün, was war das nur für eine paradiesische Insel? Lambert löste die Hand von der Armlehne, ein nasser Fleck blieb zurück.
    Es war jetzt ganz ruhig geworden. Alle sahen aus den Fenstern, und niemand schien mehr zu atmen. Selbst die Kinder waren still. Über die Bordlaut s precher zählte der Pilot die verbleibenden Minuten herunter, es waren viel zu viele. Jedes Dorf, das sie hinter sich ließen, entging einem schlimmen Schicksal. Endlich der Flughafen, die Miniaturwagen der Feuerwehr mit kreisendem Blaulicht, winzige Gestalten liefen herum und entrollten zwirndünne Schläuche. Wie sollten diese Zwerge sie retten? Beim Niedergehen der Eindruck, ihr Flugzeug bleibe direkt über der Landebahn stehen, noch in der Schwebe.
    Sie setzten auf. Das Rütteln, der abrupte Verlust an Geschwindigkeit. Jetzt war es Lambert, der seine Finger in Saschas Handgelenk krallte, auf der anderen Seite machte Viola dasselbe. Als wollten sie sie an den Armen in die Luft fliegen lassen, dabei wollten sie doch alle nur zurück auf den Boden.
    Niemand durfte, als sie endlich zum Stehen gekommen waren, seinen Sitz verlassen. Die Stewardess befestigte den Vorhang an der Seitenwand, die wenigen Passagiere der Businessclass saßen eng aneinandergedrängt in den ersten Reihen. Um sie herum ein Meer aus Löschschaum, Taschen, Mänteln und den mintgrünen Wolldecken der Fluggesellschaft. Die Kabinentür wurde geöffnet, ein Feuerwehrmann stürmte herein, mit Gasmaske, in voller Montur, hinter ihm kam ein zweiter und immer weitere. Sie verteilten sich im Flugzeug und schauten stumm umher, dann nahm der erste seine Maske ab und strich sich mit einem riesigen Handschuh die Haare aus der Stirn. Als hätte es auf dieses Zeichen gewartet, begann von hinten das Baby wieder zu schreien.
    Lambert war bei der Landung Saschas Pferd aus der Hand gerutscht, er sah es im Durchgang zur Businessclass liegen, aber sein Arm war nicht lang genug. Beim Hereinstürmen der Feuerwehrmänner hatte er bereits das Schlimmste befürchtet, doch jeder ihrer Schritte traf auf wunderbare Weise gerade neben die Figur, mit der Sicherheit eines Messerwerfers. Ein Feuerwehrmann nach dem anderen verließ nun die Maschine, den Helm unter dem Arm. Nur einer kehrte am Ende

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