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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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lassen Sie es sich
nicht entgehen! Geben Sie einfach dem Burschen dort Ihren Vierteldollar,
und er lässt Sie sofort hinein. An den Vierteldollar, den Sie heute ausgeben,
werden Sie nie mehr denken, aber Sie werden nie vergessen, was Sie hier zu
sehen bekommen. Davon werden Sie Ihr Leben lang erzählen, meine Herren. Ihr
Leben lang.«
    Cecil richtet sich auf, packt mit beiden Händen den Saum seiner
karierten Weste und zieht sie stramm. Er setzt eine respektvolle Miene auf und
deutet mit ausladenden Gesten auf den gegenüberliegenden Eingang. »Meine Damen,
wenn Sie bitte hier herüberkommen wollen – auch für Ihren empfindsamen
Geschmack halten wir Wunder und Kuriositäten bereit. Ein Gentleman denkt immer
auch an die Damen. Besonders bei so reizenden Damen, wie Sie es sind.« Dabei
schließt er lächelnd die Augen. Die Frauen in der Menge blicken nervös ihren
davonziehenden Männern hinterher.
    An einer Stelle bricht ein Ziehen und Zerren aus. Eine Frau hält
ihren Mann mit einer Hand am Ärmel fest, während sie mit der anderen auf ihn
einschlägt. Er verzieht grimmig das Gesicht. Als er sich endlich losgerissen
hat, zupft er sich das Revers zurecht und wirft seiner nun schmollenden Frau
einen bösen Blick zu. Während er davonstolziert, um seinen Vierteldollar zu
bezahlen, gackert jemand wie ein Huhn. Ein Lachen geht durch die Menge.
    Die anderen Frauen, die vielleicht nur kein Aufsehen erregen wollen,
sehen widerstrebend zu, wie ihre Männer sich nach und nach anstellen. Als Cecil
das auffällt, steigt er von seinem Podest. Er ist die Anteilnahme und galante
Aufmerksamkeit in Person und lockt die Frauen zu sittsameren Vergnügungen.
    Er berührt sein rechtes Ohrläppchen. Ich dränge unmerklich nach
vorne. Die Frauen treten näher an Cecil heran, und ich komme mir vor wie ein
Hütehund.
    »Wenn Sie hier eintreten, meine Damen«, fährt Cecil fort, »zeige ich
Ihnen etwas, das Sie noch nie gesehen haben. Es ist so außergewöhnlich, so
erstaunlich, dass Sie es sich in Ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen
können, und trotzdem können Sie sich beim Kirchgang oder mit den Großeltern
beim Abendessen darüber unterhalten. Und bringen Sie auch die lieben Kleinen
mit, das hier ist Unterhaltung für die ganze Familie. Hier sehen Sie ein Pferd,
das seinen Kopf dort hat, wo sein Schweif sein sollte! Die reinste Wahrheit,
meine Damen. Ein echtes Lebewesen mit einem Schweif anstelle des Kopfes. Sehen
Sie es sich mit eigenen Augen an. Und wenn Sie nachher Ihren Gatten davon erzählen,
werden die sich vielleicht wünschen, bei ihren reizenden Frauen geblieben zu
sein. Oh, ja, meine Lieben, das werden sie!«
    Mittlerweile bin ich umringt von Menschen. Fast alle Männer sind
verschwunden, und ich lasse mich vom Strom der Kirchgänger und Frauen, der
jungen Burschen und restlichen nicht-heißblütigen Amerikaner treiben.
    Das Pferd mit dem Schweif anstelle des Kopfes ist genau das – ein
Pferd, das rückwärts in eine Box geführt wurde, sodass sein Schweif in seinem
Futtereimer hängt.
    »Ach, Herrgottnochmal«, sagt eine Frau.
    »Das gibt’s ja nicht«, sagt eine andere, aber vor allem hört man
erleichtertes Lachen, denn wenn dies das Pferd mit dem Schweif anstelle des
Kopfes ist, wie schlimm kann dann schon die Vorstellung für die Männer sein?
    Vor dem Zelt bricht eine Rauferei aus.
    »Ihr gottverdammten Dreckschweine! Jawohl, verdammt noch mal, ich
will mein Geld zurück – glaubt ihr etwa, ich zahle einen Vierteldollar, um mir
ein paar dämliche Strapse anzusehen? Ihr wollt heißblütige Amerikaner? Da habt
ihr einen! Ich will sofort mein Geld zurück!«
    »Entschuldigung, Ma’am«, sage ich und zwänge meine Schulter zwischen
die beiden Frauen vor mir.
    »Hey, Mister, warum so eilig?«
    »Entschuldigen Sie. Verzeihung«, sage ich, während ich mich nach
draußen dränge.
    Cecil und ein rotgesichtiger Mann stehen sich kampfbereit gegenüber.
Der Mann stürzt vor, legt Cecil beide Hände auf die Brust und schubst ihn nach
hinten. Die Menge teilt sich, und Cecil kracht gegen die gestreifte Brüstung
seines Podiums. Die Zuschauer drängen näher heran, sie stellen sich auf
Zehenspitzen und gaffen.
    Ich stürze durch sie hindurch und erreiche Cecil gerade, als der
andere Mann ausholt und zuschlagen will – seine Faust ist nur noch wenige
Zentimeter von Cecils Kinn entfernt, als ich sie im Schwung packe und ihm
hinter den Rücken drehe. Mit einem Arm umklammere ich seinen Hals und ziehe ihn
zurück. Er prustet,

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